Im Schatten des Baumes – oder die Probleme einer wachsenden Stadt.

Es gibt eine Brachfläche in der Stadt. Auf dieser steht ein wunderbarer Bergahorn. 20 m groß, 270 Stammumfang und damit geschätzt 155 Jahre alt.

Im Sommer spendet er Schatten und bietet Lebensraum für hunderte Insekten und Vögel. Er prägt die Umgebung und es ist ein ganz wunderbarer Baum. Und er muss weg.

Denn die Brachfläche soll bebaut werden mit einem Mehrfamilienhaus und einer Kita. Der Baum steht eigentlich dahinter an der Grenze und wenn man es genau nimmt, dann wäre er sogar perfekt. Denn er steht dort, wo in den Plänen ohnehin eine Freifläche geplant ist und damit könnte er, der alte Baum, die spielenden Kinder in den heißen Sommern beschützen. In seinem Schatten könnten sie verweilen, während hoch oben in der Krone die Vögel singen und es wäre ein ganz wunderbares Bild.

Aber der Baum hat Wurzeln. Und eine dieser Wurzeln ragt in den Bereich wo der Eigentümer eine Tiefgarage geplant hat. Damit muss die Wurzel an dieser Stelle weichen und damit würde dem Baum eine Lebensader gekappt und damit, so die Einschätzung verliert er die Standsicherheit und dadurch letztlich das Leben und muss weichen.

Der BUND Leipzig hat dazu eine Petition geschrieben. Für den Erhalt. Es sollen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden um Alternativen zu prüfen. Der Verwaltungsstandpunkt zu dieser Petition ist wunderbar trockene Bürokratenprosa, was weniger despektierlich gemeint ist als es klingt.

Ganz nüchtern wird erklärt, dass es keine Möglichkeit gibt den Baum unter Schutz zu stellen oder zu erhalten, da die Baumschutzsatzung zwar Anwendung findet aber Fällungen nicht kategorisch ausschließt und wenn die Stadt nun doch eingreifen würde, man ggf. Schadensersatz an den Eigentümer zahlen müsste.

Man kann es denken und ahnen. Ganz nüchtern, ganz sachlich, wird der rechtliche Rahmen dargelegt und die Mehrheit des Stadtrates wird Morgen genau das beschließen.

Ist ja nur ein Baum.

Ein Baum, in dem Alter, der eine ökosystemische Leistung aufbringt, die auch 10 Jungbäume nicht leisten können.

Im Anthropozän glaubt der Mensch immer noch, dass er bestimmen kann und planen kann und sägt damit im Wortsinn den Ast auf dem er sitzt mit ab.

Nur ein Baum und doch Ausdruck für so vieles. Man könnte auch die Tiefgarage verkleinern und vielleicht statt Einzelparkplätzen lieber die Möglichkeit für Car Sharing schaffen, im Wissen das ein Carsharing Fahrzeug 6 reguläre Autos ersetzen kann. Man könnte Platz sparen und alles dafür tun um den Baum zu erhalten.

Oder man fügt sich und übt Fatalismus. Die Geschichte der Stadt und der Sachen, die nicht gut laufen, man kann sie ganz wunderbar erzählen.

Ich kann Morgen für den Erhalt des Baumes kämpfen aber gewinnen werde ich nicht. Aber meine Stimme wird er bekommen, der Baum. Weil Natur eben doch wichtiger ist als eine Tiefgarage und sich nicht einfach ersetzen lässt.

Sachsen nach der Europa- und Kommunal- und vor der Landtagswahl. Überlegungen zur politischen Kommunikation.

Gastbeitrag von Roman Grabolle zu politischen Folgen für die Landtagswahl nach den Europa- und Kommunalwahlen in Sachsen. Im Original auch mit Überlegungen zu Direktkandidat*innen bei X erschienen

Meine Anregungen zur politischen Kommunikation in den nächsten 78 Sommertagen bis zur Landtagswahl in Sachsen #ltwsn24:

Die CDU Sachsen schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD klar aus und es ist wenig hilfreich, nun ständig das Gegenteil zu unterstellen und an die Wand zu malen.

Das BSW Sachsen schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD klar aus und es ist wenig hilfreich, ihr nun ständig das Gegenteil zu unterstellen und eine drohende Koalition an die Wand zu malen.

Aktuell deutet sich eine Zusammenarbeit von CDU und BSW unter Einbeziehung eines dritten Koalitionspartners an. Der würde dann sehr wahrscheinlich die SPD sein. Unwahrscheinlich sind die FW im Falle, dass sie via Grundmandatsklausel oder >5 % in den Landtag kommt und ausgeschlossen sind Grüne und LINKE.

Noch nicht gänzlich vom Tisch, aber zunehmend weniger wahrscheinlich ist eine Fortsetzung der #Sachsenkenia-Koalition von CDU, SPD und Grünen. Nach halbwegs aktuellen Wahlumfragen und Überlegungen, welche Rückschlüsse die Wahlergebnisse der Europawahl und der Kommunalwahl auf die Landtagswahl zulassen, kommt die AfD nicht in die Nähe der absoluten Mehrheit. Sie liegt derzeit bei etwa 30 %, könnte sich aber bei einem „Duell“ mit der CDU auch noch steigern. Falls die AfD am Wahlabend doch stärkste Partei vor der CDU werden würde, wäre ist nur ein symbolischer Sieg. Sie kann dadurch keine Rechte ableiten.

Je weniger Parteien in das Parlament kommen, weil sie unterhalb der 5-%-Hürde bleiben und nicht mindestens zwei Direktmandate erhalten, damit sie auch in diesem Falle mit ihrem Zweistimmenergebnis einziehen können (Grundmandatsklausel), desto weniger Stimmen werden für eine parlamentarische Mehrheit benötigt. Sollten z.B. tatsächlich Grüne und LINKE nicht über Zweitstimmen oder Grundmandatsklausel einziehen können, würden bis zu 20 % der Stimmen nicht im Parlament vertreten sein (bei Sonstige ca. 5 %, FW ca. 3 % und FDP ca. 2 %.

Die parlamentarische Mehrheit würde dann bei nur etwa 40 % der Gesamtstimmen liegen. Das würde das geringe Risiko leicht erhöhen, dass die AfD noch auf eine eigene Mehrheit käme. Vor allem aber würde es möglich machen, dass CDU (wohl ca. 30 %) und BSW (11 % oder mehr) dann keinen dritten Koalitionspartner brauchen, der wenigstens als kleines Korrektiv wirkt.

Also: Wenn ihr Sorge vor eine AfD-Landesregierung habt und auch mit dem kleineren Übel einer CDU-BSW-Koalition alles andere als glücklich wärt, dann wählt bei der Landtagswahl mit der Zweitstimme die SPD, die Grünen oder LINKE. Wenn ihr in den kernstädtischen Vierteln von Dresden oder Leipzig lebt, dann wählt auch mit der Erststimme die Grünen oder die LINKE, überhaupt und wegen der #Grundmandatsklausel (dazu soll noch mehr kommen). SPD geht auch, bringt nur taktisch wenig.

Redet auch mit euren Freund*innen, Verwandten und Nachbar*innen darüber und v.a. widersprecht, wenn euch jemand mal wieder die Geschichte vom entscheidenden Pferderennen zwischen dem Jockey Michael auf dem schwarz-türkisen Pferd und dem Jörg mit dem blauen Pferd erzählen will. Gerne auch hier auf Twitter oder anderen sozialen Netzwerken, denn die Geschichte, dass uns nur Jockey Michael vor dem Untergang retten kann und wir ihn deshalb als ersten über die Ziellinie jubeln müssen, ist nicht nur öde, sondern vor allem auch falsch und sogar kontraproduktiv.

Achso: Wen das Argument mit der SPD als kleines Korrektiv in einer CDU-BSW-Koalition nicht überzeugen sollte: Eine oder noch besser zwei linke Parteien in der Opposition, die auch noch gucken, was da geschieht, sind viel besser als wenn nur die AfD die Oppositionsrolle bespielt.

Ich wurde privat gefragt, was es denn für „halbwegs aktuelle Wahlumfragen und Überlegungen, welche Rückschlüsse die Wahlergebnisse der Europawahl und der Kommunalwahl auf die Landtagswahl zulassen,“ wären, es sähe doch viel düsterer aus. Die Antwort mal öffentlich:

Es ist die Reihe der Civey-Wahlumfragen, die bis Anfang Mai geht. Die Anfang Juni ist nicht in der Sächsischen Zeitung veröffentlicht worden oder ich habe sie übersehen. Die nächste kommt wohl Anfang Juli. Ich weiß, dass Civey-Umfragen problematisch sind.

Und es ist diese Tabelle, in der die vorläufigen Ergebnisse für die Kreistagswahlen der zehn Landkreise und die Stadtratswahlen der drei kreisfreien Städte gezeigt und auf ganz Sachsen „umgelegt“ werden:

Meines Erachtens dürften die näher an den zu erwartetenden Ergebnisse der Landtagswahl kommen als die der Europawahl, weil die Wahlberechtigten sich weniger unterscheiden (keine 16- und 17-Jährigen) und es viel näher dran ist als Brüssel, teilweise sogar dieselben Kandidat*innen für die Stadtrats- und Kreistagswahlen. Der wesentliche Unterschied sind die verschiedenen Wählervereinigungen in den Kreistagen, die sind nicht mit den Freien Wählern bei der Landtagswahl gleichzusetzen. Die Wähler*innen, die sich für Wählervereinigungen bei der Kreistagswahl entschieden haben, werden, wenn sie denn wählen gehen, wohl am ehesten für die landesweit antretenden Parteien von LINKE über FW und CDU bis AfD stimmen. Damit und wegen dem „Pferderennen“-Effekt werden die Ergebnisse von AfD und CDU höher sein. Bei SPD, Grünen und LINKE hoffe ich, dass die meisten Leute, die am 9.6. Kandidat*innen dieser Parteien in die kommunalen Parlamente (ja, ich weiß) wählten, diese auch im Landtag sehen wollen. Hier muss es wie oben lange und breit ausgewälzt darum gehen, dass nicht allzuviele auf die Pferderennen-Story hören.

BSW: 8,5 % SPD: 7,9 % LINKE: 6,9 % Grüne: 6,7 % FDP: 2,8 % Freie Sachsen: 2,1 % Das BSW wird bei der Landtagswahl zulegen. Es war bei den Stadtratswahlen in mehreren Wahlkreisen in Dresden (nicht im WK 1 – Altstadt, Johannstadt – und WK 11 – v.a. die Großwohnsiedlung Gorbitz) und bei den Kreistagwahlen im Lkr. Mittelsachsen (nur in den Wahlkreisen 6, 7 und 14) nicht angetreten bzw. nicht zulassen worden. Im Lkr. Nordsachsen ist das BSW gar nicht angetreten. Diese Stimmen fehlen, bei der Landtagswahl ist das BSW dann sicherlich überall dabei.

Die PARTEI, Piraten und VOLT sind bei der Landtagswahl bei den Zweistimmen nicht dabei. Vielleicht raffen sich ja ein paar ihrer Wähler*innen noch dazu auf, „etablierte“ Parteien zu wählen. Kleinvieh macht auch Mist,das waren am Sonntag insgesamt fast 2 %.

Dafür ist in der rechten Spielfeldhälfte neben AfD und Freien Sachsen die Auswahl größer – mit #TeamZastrow – Bündnis Sachsen 24 (#BündnisDeutschland), #WerteUnion, #BündnisC und dieBasis. Die werden landesweit alle nur mickrig bleiben, aber zusammen macht Kleinvieh … .

Rechtsstaat am Limit oder wie man politisch motivierter Gewalttäter wird

Wie man in Sachsen als politisch motivierter Gewalttäter gilt.

Es ist Euro2024 und alle freuen sich? Nein, eine Geschichte über den autoritären Staat, Datenschutz und vermeintliche politische Kriminalität in Sachsen.

Eine Person bewirbt sich als Volunteer für die Euro2024 in Leipzig um dort auch für seine Firma arbeiten zu können. Dazu ist eine Personenprüfung vorgeschrieben.

Im Rahmen dieser Personenprüfung die über die Polizeidirektion Leipzig läuft ist als personenbezogenes Merkmal gespeichert, dass die Person als politisch- motivierter Gewalttäter gespeichert ist.

Warum?

Im Januar 2019 nahm die Person an einer nicht verbotenen Versammlung teil. Am Rande kam es zu Straftaten. Zunächst wurde auch gg die Person ermittelt.

Das Verfahren wurde mangels Tatverdacht ein Jahr später, d.h. im Januar 2020 eingestellt.

Andere Ermittlungsverfahren gibt es keine. Aufgrund der Aufnahme von polizeilichen Ermittlungen vor 5 Jahren, die mangels Tatverdacht eingestellt wurden, gilt die Person bis heute als politisch motivierter Gewalttäter im Datensystem der Polizei.

Die logische Konsequenz ist, dass auch alle Personen gegen die jemals in Sachsen in den letzten 5 Jahren wegen Teilnahme an vermeintlichen „linken Versammlungen“ ermittelt wurde und das sind weit über 1000 als politisch motivierte Straftäter gelten auch wenn die Verfahren eingestellt wurden. Was das für die Statistik des Verfassungsschutzes und der politisch motivierten Kriminalität bedeutet, muss man nicht mehr erklären.

Sachsen versucht mit allen Mitteln ein „Linksextremismusproblem“ zu konstruieren um massiv gegen linke Strukturen vorgehen zu können.

Rechtsstaat am Limit.

Kommunalwahl Leipzig- Versuch einer ersten Auswertung.

Zunächst kann man feststellen, dass die Wahlbeteiligung deutlich höher lag als 2019. Und zwar 59,7 zu 67,4 bei insgesamt höheren Wahlberechtigten.

Großer Gewinner ist BSW, die aus dem Stand 9,6 % Prozent erreichten und nun eine komplett neue Struktur aufbauen müssen. Dazu gehören auch Stadtbezirksbeiräte, die sie benennen müssen, was angesichts eines nicht vorhandenen Kreisverbandes eine erhebliche Herausforderung sein dürfte.

Obwohl BSW aus dem Stand bei der Kommunalwahl 9,6 % gewann, ging das weniger zur Lasten der Linken, die in Leipzig nur 3,6 Prozent verloren haben und sich im Vergleich zur Euopawahl deutlich stabiler präsentierten als angenommen.

Großer Wahlverlierer sind die Grünen, die im Vergleich zu 2019 deutlich eingebrochen sind und 5,7 % Punkte verloren haben. Dabei ist zu konstatieren, dass die Grünen auch an die Linken und CDU verloren haben. BSW, speist sich vor allen Dingen aus den Bereich der bisherigen Nichtwähler*innen.

Die CDU, die extrem viel Werbung gemacht hat, hat demgegenüber nur moderat zugelegt und auch die AfD hat zwar zugelegt aber ebenfalls nur moderat und kommt in Leipzig auf den dritten Platz.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass auch die rechtsextremen Freien Sachsen 1 % gewannen und damit ebenfalls einen Stadtrat stellen.

Der neue Stadtrat von Leipzig ist damit deutlich fragmentierter als der vorhergehende.

Es kommen hinzu 2 Personen für die FDP, 1 Pirat, 2 Personen für die Partei und einmal freie Wähler.

Die bisherige Fraktionskonstellation der Freibeuter, die bislang aus 3 FDP Stadträten und einem Vertreter der Piraten bestand ist damit auch passé.

Eine Konstellation aus Piraten, FDP und Freie Wähler erscheint möglich mit Blick auf die Person der Freien Wähler, der eher aus dem Umweltbereich kommt aber unwahrscheinlich.

Möglich wäre auch, dass die Partei versucht eine Fraktion zu bilden mit Freien Wählern und Piraten. Vermutlich wird es auf eine der beiden Konstellationen hinauslaufen.

Für eine Fraktion braucht es 4 Stadträt*innen und nur Fraktionen haben Abstimmungs- und Rederecht in den Ausschüssen. Bedeutet, dass ohne eine eigene Fraktion, die Möglichkeiten deutlich limitiert sind.

Spannend dürfte auch die Frage sein, ob der Vertreter der rechtsextremen Freien Sachsen, sich der rechtsextremen AfD Fraktion anschließt.

Mehrheiten werden schwierig im neuen Stadtrat. Bislang gab es eine RGR Mehrheit. Diese ist inzwischen aber auch passe.

RGR kommt lediglich auf 31 Sitze. Selbst mit Partei und Freien Wählern und FDP wäre das nur eine hauchdünner Mehrheit.

Zünglein an der Wage wird damit BSW.

Die CDU ist zwar stärkste Fraktion hat aber keine Mehrheitsoptionen, so dass auch der Fraktionsvorsitzende nicht ausgeschlossen hat im Ernstfall auch mit Stimmen der AfD Mehrheiten zu schaffen aber auch dann bräuchte man weitere Stimmen.

Die Frauen.

Sehr spannend ist auch die Betrachtung, dass sowohl die Fraktion der LINKEN und Grünen im neuen Stadtrat überwiegend Frauen dominiert sein werden. Bei den Linken sind bei 12 Stadträt*innen 9 Frauen vertreten bei den Grünen bei 11 Stadträt*innen 9 Frauen. Bei der SPD sind es 50 %.

Spannend ist dabei auch, dass Frauen etablierte Männer auch auf Platz 1 verdrängten. Bei den Grünen etwa wurde der bisherige Kulturausschussvorsitzende Bert Sander, der auf Platz 1 in Altwest stand durch die Frau auf Platz 2 geschlagen. Bei der SPD traf das selbe Schicksal den langjährigen SPD Stadtrat Christian Schulz, bei den Linken in Nordost, WK 1, den Finanzer der Fraktion Steffen Wehmann.

Während also 2019 vor allen Dingen Personen profitieren konnten, die stark mit der Umwelt- und Klimaschutzbewegung assoziiert waren, wie etwa Michael Neuhaus der damals noch überraschend für die LINKE in Mitte den langjährigen Stadtrat Schlegel verdrängten, profitierten diesmal insbesondere Frauen überproportional stark.

Damit gibt es im neuen Stadtrat auch in dieser Hinsicht eine faktische Teilung, RGR wird zukünftig deutlich Frauen dominiert sein, während BSW (nur Männer) und CDU (13 Personen gesamt, 2 Frauen) und AfD (12 Personen, 2 Frauen) ausschließlich Männer dominiert sind.

Die Stadtkarte.

Das Zentrum der Stadt bleibt links-grün dominiert und die Wahlanteile von CDU und AfD werden umso höher der Abstand zum Zentrum ist. Dabei gelang es der AfD eine Reihe von Wahlkreisen auch zu gewinnen. Die Mär von der roten Stadt Leipzig, die immer auch Teil eines Selbstbetruges war ist damit Geschichte.

Die Fraktionen und die Politik.

Während bei SPD, CDU und LINKE nur eine moderate Erneuerung feststellbar war, trifft das bei den Grünen nicht zu. Von 11 Stadträt*innen sind 8 komplett neu. Darunter verliert die Grüne Fraktion den kompletten Umwelt- und Ordnungsausschuss und den kompletten Kulturausschuss. Die langjährige Grünen Stadträtin und Vorsitzende des Umweltausschusses Annette Körner war nicht noch mal angetreten. Norman Volger und ich wurde nicht gewählt.

Auch die Linke verliert mit Michael Neuhaus ihren umweltpolitischen Sprecher, ohne das bei den neuen Stadträt*innen bei Linken und Grünen erkennbarer Ersatz für diesen Bereich vorhanden wäre. Neue Menschen müssen sich erst einarbeiten.

Das wiederum könnte dazu führen, dass die Umweltpolitik im neuen Stadtrat auch zu den deutlichen Verliererinnen zählt, was bei der Zunahme an BSW, CDU und AfD auch nicht verwunderlich wäre.

Und auch das zeigt das Wahlergebnis ein wenig Arbeit im Stadtrat rechnet sich nicht in Stimmen.

Und jedem Ende wohnt ein Anfang inne- zur Wahl auch in persönlicher Hinsicht. Ein Dank auch an die Wähler*innen

Das Entscheidende vorweg: die Grünen haben gestern deutlich verloren und ich bin damit auch nicht mehr im neuen Stadtrat vertreten.

Eine Wahlniederlage, die so bitter sie ist, eben auch zur Demokratie dazu gehört, hat immer Gründe. Gründe, mit denen man sich auseinandersetzen kann und muss.

Fakt ist, dass die Grünen der große Verlierer des gestrigen Tages sind, sowohl auf europäischer Ebene, als auch auf kommunaler Ebene. Da gibt es wenig schön zu reden.

Dazu kommt, dass gerade bei Jung- und Erstwähler*innen die Verluste eklatant sind und die Zunahme zur Zustimmung zu konservativen bis rechtsextremen Positionen, sorgenvoll stimmt.

Fakt ist, dass auch im europäischen Vergleich auch weiterhin eine anwachsende Zustimmung für autoritären Nationalismus zu konstatieren ist.

Es gibt viele Gründe, das Wahlergebnis sehr genau zu analysieren und die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen.

Für mich heißt das, dass ich mich auf andere Punkte konzentrieren kann.

Gerade jetzt heißt es aber auch sich für eine starke Zivilgesellschaft einzusetzen um gemeinsam etwas zu erreichen und Menschen davon zu überzeugen, dass trotz der Krisen die Demokratie, trotz aller Fehler und Schwächen, immer noch die beste Antwort ist. Gerade im Vorfeld der kommenden Landtagswahlen bleibt das notwendiger als je zuvor.

Das wird nicht einfacher.

Aber einfach war es nie.

In diesem Sinne Danke allen Wählern und allen Menschen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen und auch jenen, die mich persönlich gestärkt und unterstützt haben.

Antworten statt Eskalation – zur zunehmenden Auseinandersetzung um Läden in der Eisenbahnstr.

Pressemitteilung Jürgen Kasek, Tobias Peter

Am 05.06. um 18 Uhr laden Tobias Peter und Jürgen Kasek mit Bündnis 90 / Die Grünen im Leipziger Osten zur Diskussionsveranstaltung über den Leipziger Osten ein. Unter dem Motto „Zwischen Leerstand und Verdrängung“ wird zusammen mit der Initiative „Lauter Läden“ und betroffenen Projekten in der Garage Ost das Thema diskutiert.

Tobias Peter:

„Gerade in der Eisenbahnstraße, aber auch in angrenzenden Stadtvierteln

wird der Widerspruch zwischen Leerstand und Verdrängung immer brisanter.

Projekte wie das Con Han Hop und die Bewohner*innen in der E 97 werden unter Druck gesetzt, die Verschenkekiste muss weichen und das Erythrosin ist bereits geschlossen. Vor diesem Hintergrund sehen wir auch die Auseinandersetzung um die E97 mit Sorge und werden auch bei der Stadt nachfragen. Offenbar wird mit aller Macht versucht, Mieter zu vergraulen. Das dürfen wir in Leipzig nicht zulassen.

Das von uns als grüne Ratsfraktion initiierte Freiraummanagement muss jetzt zügig an den Start gehen, um betroffene Projekte zu unterstützen. Die in einem grünen Antrag geforderte Bereitstellung von kommunalen Liegenschaften und punktuelle Ankäufe müssen auf die Tagesordnung.“

Jürgen Kasek:

„Die durch die Bewohner der Eisenbahnstr. 97 geschilderte versuchte Brandstiftung im Freisitz des Goldhorn, das Abschalten von Gas und die Manipulation der Stromleitungen sind Straftaten, die verfolgt werden müssen. Es zeigt sich auch wie skrupellos inzwischen einige Eigentümer agieren, um Mieter loszuwerden. Dabei haben gerade solche Projekte wie die E 97 dazu geführt, dass die Eisenbahnstr. eine spürbare Belebung erfahren hat.

Auch müssen wir uns die Frage stellen, ob der nach wie vor bestehende teilweise Leerstand im Osten, wie in der ehemals besetzten Ludwigsstr. 72, der Hermann Liebmann Str. 108 oder Tiefen Straße in Zeiten knapper werdenden Wohnraums so akzeptiert werden kann.“

Darüber wollen wir mit Projekten und Iniativen im Kiez und euch diskutieren.

Am 05.06. um 18 Uhr, geöffnet ab 17:45 Uhr in der Garage Ost in der

Hermann Liebmann str.

Leipzig, ein Tag im Juni- Ein Jahr nach Tag x, le0306

Leipzig, ein Tag im Juni.

Es ist ein Sonnabend. Sonnenstrahlen und Wärme aber noch kein Sommer, die Nacht wird kalt werden und für einige Menschen unerträglich. Es ist der 03.Juni 2023.

Während in der Innenstadt das Stadtfest stattfindet, liegt über den Süden Spannung. Das Urteil im sogenannten „Antifa Ost“ Verfahren liegt wenige Tage zurück. Bereits am Mittwoch und in der Freitagnacht kam es zu Scharmützeln.

Die Stadt hat per Allgemeinverfügung alle Demonstrationen in diesem Kontext, die nicht bis zum Mittwoch angemeldet waren verboten und die eigentliche zentrale Demonstration des sog. Tag X wird dann ebenfalls verboten.

Die endgültige Entscheidung des letztlich angerufenen Bundesverfassungsgerichts ergeht erst wenige Stunden bevor die Versammlung stattfinden sollte.

Aufgrund der massiven Einschränkung der Versammlungsfreiheit hatte der „Say it loud e.V.“ eine Versammlung angemeldet für Versammlungsfreiheit. Sie sollte aus der Südvorstadt in Richtung Stadt laufen, ohne das Stadtfest zu tangieren.

Dem Aufruf für Versammlungsfreiheit folgten mehr als 2000 Personen. Für 1323 von Ihnen endete dieser Tag in einem 11 stündigen Polizeikessel, ohne Sanitäranlagen, ohne Kontakt von Minderjährigen zu ihren Eltern. Über 300 Handys wurden eingesammelt und mehr und mehr zeigt sich es gab nie die Absicht die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten.

In Erwägung das bei der Demonstration auch Gewalttäter*innen dabei sein könnten, wollte man so viele Personen wie möglich festhalten um damit „Gefahren“ abzuwehren.

Nichts daran war verhältnismäßig. Vermummte Staatsanwält*innen, prügelnde Beamte und eine Rechtfertigung, die darauf abzielt alle Versammlungsteilnehmer, die ihr Grundrecht in Anspruch nehmen wollten, zu Straftätern zu erklären.

Durch Anfragen insbesondere von DIE LINKE ist inzwischen klar, dass die Polizei davon ausging nur 150 Menschen festgesetzt zu haben und selbst nach mehreren Stunden bis zum Ende der Maßnahme nicht wußte, dass man mehr als die Hälfte aller Versammlungsteilnehmer in einen Kessel gefangen hielt.

Ermittlungsbehörden behaupteten man hätte massenweise Teleskopschlagstöcke konfisziert. Danach wird deutlich, dass es sich um Fahnenstange handelte. Und währen die Ermittlungen gegen einzelne Polizeibeamte, sehr schnell eingestellt wurden, laufen die Verfahren gegen die Teilnehmer immer noch.

An diesem Tag ist bei vielen Menschen etwas zerstört worden. Das Gefühl allein zu sein und im Ernstfall hilflos einem Staat ausgesetzt zu sein, der im Ernstfall auch das Recht bricht weil er das Recht auf ungestörten Konsum höher gewichtet, als die Versammlungsfreiheit.

Weil die Unversertheit der Schaufensterscheibe und der Mülltonne höher zu wichten ist, als die körperliche Unversertheit und die Menschenwürde von Versammlungsteilnehmern.

Ein Jahr ist seit dem vergangen. Die psychischen Wunden bleiben.

Es gründeten sich deswegen auch die Eltern gegen Polizeigewalt.

Und wie verlogen ist es, wenn nunmehr die CDU Leipzig die Initiative der Eltern gegen Polizeigewalt als Begründung heranzieht warum nicht auf einer gemeinsamen Demo für Demokratie laufen will.

Es ist absehbar und dennoch so unehrlich.

Ich war Versammlungsleiter vor einem Jahr. Die Geschehnisse werden mich nicht mehr loslassen.

Nichts ist vergessen.

Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten in schwierigen Zeiten – warum am Ende vielleicht doch der Nationalismus gewinnt.

Am 08.06.2024 findet in Leipzig die Großdemo von Hand in Hand statt. Die Zielstellung ist es, unmittelbar vor den Europa- und Kommunalwahlen nochmal ein starkes gemeinsames Zeichen zu setzen und das möglichst übergreifend.

Der Aufruf ist dann auch sehr allgemein gehalten, versucht er doch einen gesellschaftlichen Grundkonsens zu formulieren.

„Wir stehen für eine offene und vielfältige Gesellschaft, für Frieden und Freiheit, Vielfalt und Menschenrechte, die Wahrung der Menschenwürde, wirtschaftliche Sicherheit und soziale Gerechtigkeit.“

Eigentlich die Wiedergabe des Grundkanons des Grundgesetzes. Aber auch hier zeigt sich wieder, wie einfach es ist die Unterschiede zu betonen und zu vergessen, dass Demokratie das Trennende und auch das Verbindende braucht.

Diesmal macht die CDU Leipzig deutlich warum sie nicht dabei ist. Aus ihrer Sicht ist „politischer Extremismus“ nicht ausreichend scharf benannt und insbesondere, man ahnt es, fehlt der „Linksextremismus“. Man möchte nicht als „Feigenblatt der Mitte“ dienen.

In Zeiten, in denen viele europäische Länder vom Ungeist des Nationalismus und Rechtsextremismus befallen sind, möchte die CDU nicht das gemeinsame suchen sondern das Trennende betonen.

Es ist einfach auf die CDU zu schimpfen. Es bietet sich an. Aber es ist wohlfeil weil die Probleme tiefer liegt. Die Gesellschaft hat verlernt nach Gemeinsamkeiten zu suchen und Unterschiede auszuhalten.

Schon nach den Demos zu Anfang des Jahres wurde das deutlich. Einige monierten, dass einige Rede zu radikal waren und andere das Parteienvertreter sprechen durften.

Wenn man will und offenbar viele wollen das, sucht man die Unterschiede und vergisst worum es eigentlich geht. Dann kann man diese Demonstrationen auch die von „Hand in Hand“ kritisieren.

Einige emanzipatorische linke Gruppen möchte nicht mit aufrufen weil beispielsweise der OBM spricht und die Krise doch maßgeblich durch die Politik verursacht sei. Andere wollen nicht aufrufen weil etwa die Eltern gegen Polizeigewalt dabei sein und und und.

Wenn man will, findet man immer Gründe und Ausreden warum etwas nicht geht. Einer meiner Freunde, sagte mir einst beim klettern, als ich mal wieder wortreich erklärte warum ich eine Route nicht geschafft hatte, der Unterschied zwischen mir und einem weiteren Freund sei, dass ich Ausreden und er nach Lösungen suchen würde. Ganz einfach und ganz richtig. Nach Lösungen und Gemeinsamkeiten suchen.

Das Zauberwort Ambiguitätstoleranz, die Fähigkeit, „Vieldeutigkeit und Unsicherheit zur Kenntnis zu nehmen und ertragen zu können, ist wenig verbreitet. Viele sehnen sich offenbar nach eindeutiger Klarheit und vergessen, dass die Demokratie und um die geht es, dass Gemeinsame braucht und damit auch die Unterschiede und das Ringen um Lösungen.

Und ja, gerade vor Wahlen mag das schwierig erscheinen. Die Versuchung sich durch die Abgrenzung zu anderen zu profilieren ist groß und eine Gesellschaft deren Zentrifugalkräfte zur Fragmentierung führen, bräuchte genau das- die Erinnerung, dass wir alle, mit allen Unterschieden und Differenzen- eine Gesellschaft sind und es nur miteinander geht.

Diese Demokratie ist bedroht. Bedroht von denen, die sie abschaffen wollen und nicht ausreichend geschützt von jenen, die sich lieber abgrenzen wollen statt Gemeinsamkeiten zu suchen und so schwierig wie es ist, lieber in eigenen Peer Groups bleiben als die Auseinandersetzung mit anderen zu suchen um Lösungen für Alle zu finden.

Das ist nicht nur ein Problem der Mitte sondern viel stärker auch noch innerhalb von linken Gruppierungen, die sich lieber im identitätspolitischen klein- klein selbst gefangen halten statt sich zu überlegen worum es wirklich geht.

Wenn wir nicht aufwachen, werden am Ende diejenigen triumphieren, die die Demokratie und die Grundrechte schleifen wollen, zu Gunsten eines neuen Hypernationalismus.

Es ist Zeit, nach Gemeinsamkeiten zu suchen.