Eskalationen im Leipziger Stadtrat und warum die CDU die AfD verteidigt

Was mich irritiert…

Gestern tagte in Leipzig der Stadtrat und es wurde turbulent.

Zunächst hatte die CDU Fraktion aus Protest gegen die Rede des Vorsitzendes des Migrantenbeirates geschlossen den Raum verlassen.

Die CDU wirft dem Vorsitzenden des Migrantenbeirates vor „antisemitisch“ zu sein, da dieser in einem inzwischen gelöschten Instagram Post im NahOst Konflikt Stellung bezogen hatte. Das Posting war missverständlich, antisemitisch interpretierbar und wurde danach gelöscht.

Die CDU Fraktion hatte daher auch einen Abwahlantrag gegen den Vorsitzenden des Migrantenbeirates gestellt und vertagt diesen Antrag nunmehr erneut. Es scheint gerade so als wolle man gar nicht über den Antrag reden sondern das Thema weiter am köcheln halten.

Im weiteren Verlauf des Tages ging es um den Leipzig Pass, der zukünftig auch einfacher Menschen mit Wohngeld zur Verfügung gestellt werden soll.

Es folgte ein Tiefpunkt der Debattenkultur, als der Vertreter der AfD Fraktion den Leipzig Pass als sogenannten Pull Faktor ausmachte und in einer zutiefst menschenverachtenden Rede Stimmung gegen Migranten und sozial Benachteiligte machte. Es gab Zwischenrufe.

Daraufhin beschwerte sich die AfD, dass der Redner durch eine Stadträtin als „Faschistin“ bezeichnet wurde. Die Forderung nach Ordnungsruf wies der OBM zurück und stellte klar, dass aus seiner Sicht die Einordnung der AfD als „faschistisch“ nicht zu beanstanden sei. Daraufhin explodierte ein anderer AfD Vertreter und forderte der OBM solle seinen „Koffer“ packen und man werde ihn schon noch remigrieren. Nichts anderes als die Deportation forderte also die AfD.

Es folgten weitere Zwischenrufe und der Vorsitzende der CDU Fraktion, die aus Protest gegen den vermeintlichen Antisemitismus des Migrantenbeirates den Raum verlassen hatten, verteidigten nunmehr die AfD mit der Bemerkung das die Zwischenrufe und mithin Ausgrenzung der AfD noch keine Wählerstimme zurück gebracht hätte.

Nur Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ein Stadtrat der AfD Fraktion gerade aus der Landtagsfraktion ausgeschlossen wurde, da dieser in einem internen Schiedsverfahren der AfD die Nürnberger Rassegesetze angewendet hatte wonach „Juden“ keine deutschen Staatsbürger sein können.

Die CDU Leipzig sollte sich mal fragen, wo sie eigentlich steht. Der Fraktionsvorsitzende agiert zunehmend polemisch und populistisch und biedert sich der AfD geradezu an.

Tag X und kein Ende – was die Polizeiakten verraten

Der sogenannte Tag X, 03.06.2023, in Leipzig bewegt auch weiterhin die Gemüter.

Am Wochenende nach der erstinstanzlichen Urteilsverkündung im Fall Lina E. hatte die linksautonome Szene zu einer Reaktionsdemonstration in Leipzig aufgerufen. Diese Demonstration wurde rechtskräftig verboten. Sowohl das Verwaltungsgericht, als auch das Oberverwaltungsgericht bis hin zum Bundesverwaltungsgericht, dass erst am Ereignistag selber entschied, hatten das Verbot im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bestätigt.

Parallel dazu hatte die Stadt per Allgemeinverfügung alle Demonstrationen im Kontext dieser Demonstration verboten und ein spezifisches Demonstrationsverbot verhängt. Die Polizei hatte beginnend ab Freitagabend bis zum Sonntag hin im kompletten Süden von Leipzig ein Kontrollgebiet eingerichtet.

Aufgrund dieses massiven Eingriffs in die Versammlungsfreiheit und damit den Grundrechten, das einem faktischen Verbot gleichkam hatte der Verein Say it loud e.V., für den Sonnabend ein Demonstration unter dem Motto „die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig“ angemeldet. Diese Demonstration war nicht untersagt.

Als gegen 15 Uhr am Sonnabend das Bundesverfassungsgericht das Verbot der „Tag X“ Demonstration, die auf Höhe der HTWK starten sollte bestätigte, begaben sich auch mögliche Teilnehmer*innen dieser Demonstration zum Alexis Schuhmann Platz, dem Ort der angemeldeten und nicht verbotenen Versammlung für Versammlungsfreiheit.

Was folgte ist bekannt. Die Demonstration durfte nicht loslaufen und endete für 1323 Personen in einem Polizeikessel, der von 18 Uhr – bis gegen 6 Uhr am Folgetag reichte.

Nunmehr hat „Frag den Staat“ über das allgemeine Auskunftsersuchen Einblick in die polizeilichen Protokolle bekommen.

Die Ergebnisse lassen tief blicken. Es wird deutlich, dass es nie die Absicht gab die Demonstration laufen zu lassen. In der Gesamtabwägung war klar, dass sobald eine bestimmte Anzahl an Personen an dieser Demonstration teilnimmt, man diese nicht laufen lassen würde.

Eine politische Entscheidung, die nicht allein die Polizeiführung getroffen hat, sondern die auch durch den Innenminister gedeckt war.

In Erwägung, dass es zu Gewalt kommen könnte wurde durch die Polizei nicht durch die anwesende Polizei- und Versammlungsbehörde aka Stadt Leipzig eine stationäre Versammlung festgelegt zu einem Zeitpunkt als noch Verhandlungen zwischen Versammlungsleiter und Versammlungsbehörde liefen.

Dies geschah zu einem Zeitpunkt als es offenkundig keinen Grund dafür gab. Zu diesem Zeitpunkt war die Versammlung schon weiträumig von Polizeikräften (4000 Beamte) umstellt. Auch das sagen die Protokolle deutlich.

Mit fortlaufender Zeit wurde die Versammlungsmenge, weit über 1000 Personen, unruhiger und es kam zu einem Ausbruchsversuch aus dem zu diesem Zeitpunkt schon vollständigen Umschließung der Demonstration. In der Folge entwickelte es sich ein Krawall, der nach wenigen Minuten allerdings beendet war und sämtliche Personen auf Seiten des Heinrich- Schütz Platzes wurden umstellt.

Ursprünglich ging die Polizei davon aus, dass sie lediglich 200 Personen umstellt hatte. Es waren 1323. Selbst nach Stunden war der Polizei die Zahl nicht klar, die Versorgung unsicher und bis nachts 22 Uhr erst 100 Personen abgearbeitet.

Es ist der Offenbarungseid des Rechtsstaates. Gegen all diese Personen wird nach wie vor ermittelt wegen Verdachts des Landfriedensbruchs. Im Kessel waren auch völlig unbeteiligte Menschen, ein Großteil. Der Vorwurf sie wollten an einer angezeigten und nicht verbotenen Versammlung teilnehmen.

„Frag den Staat“ hat ebenfalls nachgefragt, ob alle Personen nunmehr in der polizeilichen Kriminalstatistik und beim VS als Linksextreme geführt werden und so Eingang finden. Es wäre keine Überraschung und auch die Argumentationsgrundlage für den rechtskonservativen Rand weitere Repressionen gegen vermeintlich linke Gruppen zu fordern.

Ich war der Versammlungsleiter dieser Demonstration, meine Freundin Irena Rudolph-Kokot war die Anmelderin.

Einer Demonstration, die nichts weiter wollte als für Versammlungsfreiheit zu demonstrieren in einem Staat, der im Einzelfall das Interesse an der Unversertheit einer Glasscheibe und Mülltonne höher gewichtet als die Grundrechte.

Wir waren bis in die Nacht vor Ort, haben versucht zu verhandeln, mit Menschen gesprochen, verzweifelte Eltern erlebt und danach mit Menschen getroffen, völlig normalen Menschen mit Familie, bei denen etwas an diesem Tag kaputt gegangen ist.

In uns ist an diesen Tag auch etwas gestorben und es verfolgt uns bis heute.

Auch wir als Versammlungsleiter und Anmelder*in haben Fehler gemacht. Auch das gehört dazu.

Und alles was wir wollen ist Gerechtigkeit für jene, gegen die zu Unrecht ermittelt wird, die zu Unrecht zu Gewalttätern abgestempelt werden und die kriminalisiert wurden.

Wir werden nicht vergessen und wir werden nicht ruhen. Wir kämpfen für Gerechtigkeit, immer noch.

Stadion und Parkplätze, die große Streitfrage in Leipzig

Das aktuelle heiß diskutierte Streitthema in Leipzig ist die Situation am Stadion, besser gesagt die Parkplatzsituation am Stadion. Das ist ein wenig kompliziert.

Das ehemalige Zentralstadion, dessen Wall aus dem Trümmerschutt des 2. Weltkrieges besteht, liegt ziemlich genau in der Stadtmitte und damit beginnt das Problem.

Als das neue Stadion in den Rund des ehemaligen Zentralstadions eingebaut wurde, im Vorfeld der WM 2006, musste eine bestimmte Anzahl an Stellplätzen laut Bauordnung nachgewiesen werden. Diese sogenannte Baulast wurde mit 1700 Stellplätzen auf den sogenannten Festplatz am Cottaweg gelegt.

Um diesen Festplatz gibt es aber Begehrlichkeiten. Als da wären, dass dort auch die Kleinmesse regelmäßig ist und auch Zirkus und eigentlich auch RB die Restfläche sich gern einverleiben würde.

Kernproblem besteht nun darin, dass es faktisch so ist, dass bei Heimspielen der Platz frei sein müsste um die Stellplätze nachzuweisen. Da regelmäßig aller 2 Wochen Heimspiel ist (Mindestens, mit DFB Pokal und UCL häufiger) bedeutet dies, dass eigentlich keine Kleinmesse (Rummel oder Kirmes) dort mehr stattfinden könnte und auch kein Zirkus.

Mit den neuen Plänen für die Errichtung einer neuen Ballsportarena, neben der bisherigen Arena auf dem Gelände könnte sich das Problem verschärfen.

Ein Problem, dass bislang so aussieht das zu Spieltagen mehrere hundert Falschparker rund um das Stadion in Grünanlagen stehen Fuß- und Fahrradwege blockieren und eine Gefahr darstellen.

Nun meinen einige, also fast alle Fraktionen im Stadtrat, dass es eine total gute Idee ist, dass Problem zu lösen indem man einfach ein Parkhaus ans Stadion baut. Und jeder hat dabei bestimmte Interessen im Sinn.

Ein Gedanke der naheliegt und doch völlig zu kurz gegriffen ist. Das eigentliche Verkehrskonzept sieht vor, dass ein Großteil des Besucherverkehrs nicht mit dem Auto zum Stadion fahren soll sondern den ÖPNV nutzen sollte. Fußläufig vom Stadion entfernt befinden sich in der Innenstadt Parkhäuser, die auch an Spieltagen regelmäßig mehr als 2000 freie Plätze aufweisen. Hinzu kommen die Park and Ride Plätze am Stadtrand.

Faktisch gesehen ist es auch so, dass Bequemlichkeit siegt und es für viele offenbar immer noch lukrativer ist eine halbe Stunde lang mit dem Auto ums Stadion zu fahren, das KfZ verkehrswidrig abzustellen, als von der Innenstadt zu laufen. Ergebnis ist nicht selten, dass durch den begleitenden Stau ausgelöst durch Parkplatzsuchverkehr auch der ÖPNV ausgebremst wird.

Vor diesem Hintergrund ist die Idee noch mehr Verkehr zum Stadion zu ziehen geradezu absurd. Der Verkehr muss von der Innenstadt aus, durch die innere Jahnallee, eine beidseitig einspurige Straße mit Straßenbahnschienen. Auch die anderen Richtungen sehen nicht besser aus.

Soll die Lösung also wirklich darin bestehen, dass man noch mehr Parkplatzsuchverkehr direkt in die Innenstadt lotst? Zudem wird man darauf hinweisen müssen, dass ein Parkhaus auch wirtschaftlich betrieben werden muss und es zur Finanzierung nicht ausreicht, dass das Parkhaus quasi nur alle 2 Wochen einmal voll belegt ist.

Aber all diese Feinheiten ficht die Vertreter der Parkhausidee nicht an. Weiterhin setzt man auf Bequemlichkeit und Auto, koste es was es wolle.

Übrigens auch RB, der hiesige Bundesligaverein, hat ein Interesse am Festplatzgelände. Denn wenn dort künftig kein Zirkus und keine Kleinmesse mehr stattfindet wäre der Weg frei, dort noch weitere Rasenfelder zu errichten und alle Mannschaften am Cottaweg zu vereinen, was das Ziel ist.

Also auch RB geht es hier keineswegs nur um ein Parkhaus.

Aber ja, Verkehrspolitik von gestern und vorgestern ist in breiten Teilen der Stadt offenbar immer noch en vogue.

Klima in wilden Zeiten und Back Effekte

Weil in diesen wilden Zeiten einiges aus dem Blick gerät, wollen wir es in den Blick nehmen.

Zum Beispiel, dass die ersten Frühjahrsblüher 2 Wochen vor der Zeit liegen, was bei den aktuellen Tagestemperaturen nicht verwundert. Genauso wenig wie der Umstand, dass der Januar im Vergleich zum langjährigen Mittel etwas zu warm war, während der bisherige Februar, immerhin sowohl meteorologisch als auch kalendarisch Winter, deutlich aus der Bahn fällt und mehr als 5 Grad zu warm (bislang) und deutlich zu niederschlagsreich war.

Der Niederschlagsreichtum hat allerdings positive Folgen für den Leipziger Auwald, den ich seit Jahren nicht mehr so nass gesehen habe, überall in Senken und im Wald steht Wasser. Trampelwege eignet sich die Natur wieder an und die Wiedervernässung kommt überraschend.

Weil sich durch den Prozess der Klimaerwärmung auch die Anbaugrenzen verschieben, wird auch in hiesigen Breiten der Anbau von wärmeliebenden Pflanzen wie Kiwis und Feigen ertragreicher weiß die Presse zu berichten und vergisst die Kehrseite zu erwähnen.

Die Kehrseite besteht nämlich darin, dass ebenso bedingt durch den Prozess der klimatischen Veränderung das nordatlantische Umwälzsystem, vor den Küsten Europas als Golfstrom bekannt und quasi die Heizung Europas, sich in den letzten Jahrzehnten um 15 % abgeschwächt hat und aktuelle Berechnungen zeigen, dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass dieses Umwälzsystem noch in diesem Jahrhundert komplett ausfallen könnte.

Die Folge davon wäre, dass der Winter ein fröhliches und kälteres Comeback feiern könnte, was diejenigen die alles besser wissen und Klimawandel ohnehin nur für eine Erfindung halten, wie bei jedem Frosttag auch vehement den Zeigefinger erhebend, sich im Recht fühlend, äußern werden, dass man es schon immer gesagt habe, dass es gar keinen Klimawandel gebe.

Man muss Zusammenhänge nur ausblenden, knallhart die eigene Wahrnehmung verabsolutieren, den globalen Maßstab negieren und sich die Welt als Wunsch und Wirklichkeit vorstellen. Dann wird war nichts besser aber immerhin sind die Gläubigen dann seelig.

Und Glauben an irgendwas wollen schließlich alle irgendwie. Die einen an die Liebe und Hoffnung und andere eben an Verschwörungen.

Auto- und Kinderfreundliche Welt – eine kleine Posse.

Es geht um 100 m Straße, die die Welt bedeuten. Aktuell wird im Leipziger Osten ein kleiner Teil einer Straße umgebaut und kinderfreundlich gestaltet. Auf der einen Seite befindet sich eine Grundschule auf der anderen Seite eine Kindertagesstätte mit einem Abenteuerspielplatz, der auch für die Öffentlichkeit geöffnet ist.

Jedenfalls gibt es hier immer wieder Probleme mit Elterntaxis, also Eltern, die ihre Kinder bis vor den Hof fahren und dann abladen. Eine Praxis, die nicht nur eine Gefahr darstellt sondern darüber hinaus auch die Unselbstständigkeit vertieft, so dass auch der ADAC diese Praxis stark kritisiert.

Ich kann wirklich nicht verstehen, warum Eltern ihre Kinder soweit zur Unselbständigkeit erziehen und dabei auch noch eine Gefahr für andere in Kauf nehmen, dann an vielen Stellen gefährden Elterntaxis, die dann mal schnell nur ganz kurz in zweiter oder dritte Reihe oder im Kreuzungsbereich oder Fußgängerüberweg halten andere, vor allen Dingen weil Kinder die zu Fuß unterwegs sind meist hinter den immer größer werdenden Autos kaum zu sehen sind.

Jedenfalls hat eine Petition und der Elternrat den Umbau gefordert um diesen kleinen Teil einer unbedeutenden Nebenstraße, die keine verkehrsrelevante Bedeutung hat in eine Spielstraße umzubauen, so dass Kinder mehr Platz haben und sicherer zur Schule kommen.

Man könnte meinen eine Idee, die alle überzeugt. Alle außer natürlich die Autobesitzer, die um ihre Parkplätze fürchten und daher in einer Gegenpetition vorgeschlagen haben, dass man doch einfach den Schulhof verkleinern könnte, ein paar Bäume fällt und auf der einen Seite noch einen Fußweg anlegt. Begründung: der Schulhof würde in diesem Teil ohnehin nicht genutzt, ein Fußweg sei ausreichend und vor allen Dingen hätten dann noch Stehzeuge also stehende Autos Platz in der Straße. Dass das ganze deutlich teurer ist und auch nicht so einfach funktioniert geschenkt.

Ich verstehe das nicht. Ich verstehe, dass Menschen ein Auto haben und einige das wirklich brauchen. Aber die Städte sind für die Masse an Fahrzeugen einfach nicht gebaut und der Platz begrenzt. Das beharren darauf, dass man unbedingt sein Fahrzeug in den öffentlichen Raum stellen will verhindert Lösungen und Umdenken.

Das einige meinen, dass es ein Fußweg für den Bäume gefällt werden müssen, besser wäre als eine 100 m kurze Spielstraße, ist für mich nicht nachvollziehbar, wohl aber ein Beweis wie sehr das Auto das denken einiger Menschen bestimmt.

Schade eigentlich. Egal, die Spielstraße komme und der Bereich wird autofrei. Besser für Alle und vor allen Dingen für Kinder und die sollten uns das Wichtigste sein.

Warum Diskussionen mit Rechtsextremen nichts bringen.

Die Idee Rechtsextreme in Talkshows zu „stellen“ ist bestenfalls naiv, schlimmstenfalls gefährlich.

Seit Jahren arbeiten die Rechtsextremen an der Vertiefung der „Risse“ in der Gesellschaft, vgl. Kubitschek. Es geht um die Vergrößerung des Sprachraums und weniger um die konkrete Diskurshoheit.

Wir erleben seit Jahren eine Verschiebung der Grenzen des Sagbaren. Letztes Beispiel war wie schnell die euphemistische Beschreibung für „Deportationen“ also „Remigration“ unhinterfragt in vielen Teilen übernommen wurde und auch durch die Presse verbreitet wurde.
Die Talkshowsituation vergrößert den Sprachraum und ist damit eine perfekte Möglichkeit, die Grenzen des Sagbaren zu verschieben und die Risse zu vertiefen. Hinzu kommt, dass die Rechtsextremen die Möglichkeiten von socialmedia weitaus besser nutzen.
Aus längeren Diskussionen werden einzelne Stücke herausgeschnitten, aus dem Kontext befreit, und vermitteln eine andere Gesprächssituation, die entweder a) suggeriert, dass Gespräch sei unfair gewesen (Opfernarrativ) oder b) man habe, die anderen bloß gestellt (Heroismus)
Viele Menschen setzen sich nicht mehr mit dem Kontext auseinander sondern lassen sich über Aufregung (Bias) triggern. Ein 2 Minutenschnippsel ist damit wirkmächtiger als 60 Minuten. Das Prinzip von TikTok und Reels.
Zu den demokratischen Spielregeln gehört, dass es Fakten gibt, die man anerkennt, also eine gemeinsame Grundlagenbasis, wobei man über deren Deutung und Folgen diskutieren kann. Auch das machen die Rechtsextremen nicht, im postfaktischen Zeitalter gibt es keine unumstößliche Evidenz mehr sondern nur noch alternative Erzählungen.

Bedeutet, dass die Grundlagen für eine Gesprächssituation nicht gegeben sind.
Was man schafft ist die weitere Etablierung und Normalisierung von rechtsextremen Takes.

Auch das ist ein Grund warum jenseits eines konkreten Programms eine Reihe von Menschen glauben (!), dass die Rechtsextremen besser seien.

Dass das konkrete AfD Programm ausschließlich für die oberen 10 Prozent eine Entlastung bringt während Bürgergeldempfänger diskriminiert werden und weitere Einbußen fürchten müssen, die Umsetzung des AfD Programms für die Wirtschaft ein Totalschaden wäre, reicht es aus, dass die Menschen glauben (!), dass die AfD es anders machen würde als die anderen Parteien.

Die Lämmer lassen sich freiwillig zur Schlachtbank führen.