Der Kessel von Leipzig – ein Protokoll.

Vorab: Dieses Protokoll fußt auf den Aussagen einer Vielzahl von Betroffenen.

Am 03.06. sollte in Leipzig eine Demonstration im Kontext des sog. Antifa Ost Verfahrens stattfinden. Diese Demonstration wurde am Donnerstag, den 01.06. verboten. Bereits ab dem 31.05. galt eine Allgemeinverfügung, die jegliche Demonstrationen, die nicht bis zum 31.05. 23:59 Uhr angemeldet waren zu untersagen.

Am 31.05. hatte der „Say it loud“ eV eine Versammlung für die Grundrechte angemeldet als Folge der Allgemeinverfügung, die nicht verboten wurde und entsprechend beauflagt war. Diese Versammlung sollte am 03.06. um 16:30 Uhr beginnen.

Unmittelbar vorher hatte das Bundesverfassungsgericht in letzter Instanz das Verbot der sogenannten TagX Demo im Eilverfahren bestätigt.

Nachdem ab 17 Uhr immer mehr Menschen zu angemeldeten Demonstration des „Say it loud“ strömten wurde nachträglich der Aufzug untersagt und der Platz von Polizeikräften umschlossen, so dass nur noch ein abfliessen nach Süden möglich war.

Da in mehreren Verhandlungen mit Behörde und Polizei keine Lösung möglich war wurde ein Daily Plenum einberufen um mit Vertretern der anwesenden Gruppen eine Lösung zu finden. Als etwa 30 Personen eingetroffen waren, gab es unmittelbar daneben eine Eskalation. Rund ein dutzend Personen rannte aus der Demo kommend Richtung Osten und bewarf dabei anwesende Polizeikräfte mit Böllern.

Die Situation wurde unübersichtlich. Auch aus dem hinteren Teil der Versammlung kam es zum Bewurf mit Steinen und Flaschen.

In der Folge umschloss die Polizei den gesamten Heinrich Schütz Platz und damit annährend 1000 Personen und zwar unterschiedslos. Darunter auch völlig Unbeteiligte.

Diesen Personen wurde unisono der Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs gemacht und die Daten aufgenommen, sowie die Handys eingesammelt.

Die Maßnahmen zogen sich vom 03.06. gegen 18:10 Uhr bis zum 04.06. gegen 6 Uhr hin. Einzelne Personen verbrachten bis zu 11 Stunden in einem Kessel, der sehr eng von der Polizei umschlossen war.

In dieser Zeit wurde eine Grundversorgung mit Nahrungsmitteln nicht sichergestellt. Einzelne Getränke und Nahrungsmittel konnten nur durch die Demosanitäter an die Umschlossenen gegeben werden. Sanitäre Einrichtungen oder die Möglichkeit zum Toilettengang gab es nicht.

Daraufhin wurde ein Busch notdürftig abgehangen und als Notklo genutzt.

Gleichzeitig war der Platz so beengt, dass die meisten Umschlossenen stehen mussten und sich nicht hinsetzen konnten.

Mehrere Personen schildern übereinstimmend, dass die Polizeibeamten immer wieder Druck auf den Kessel gemacht hätten und reingestürmt wären, ohne erkennbaren Grund und dabei gezielt Richtung Kniekehle bzw. Knie getreten und gezielt auf Gesichtshöhe geschlagen hätten.

In der Folge sind mehrere Personen erheblich verletzt wurden.

Ein Jugendlicher schildert, dass die Polizei beim Vorrücken, seinen neben ihn postierten Freund zunächst mit Faustschlägen traktierte, so dass er ohnmächtig wurde und als er am Boden lag weitere Tritte abbekam. Einen davon gegen den Kopf.

Der Jugendliche wurde mit einem Jochbeinbruch und Gehirnerschütterung nach 2 Stunden ins Krankenhaus geliefert. Obwohl die Eltern vor Ort waren, blieben auch die Polizeibeamten anwesend.

Einem anderen Jugendlichen wurde die Hand gebrochen. Mehrere Personen im Kessel wurden ohnmächtig, ohne das es adäquate Versorgung oder Behandlung gab.

Eltern berichten, dass sie aus dem Kessel von ihren jugendlichen Kindern ( unter 18 Jahre) angerufen wurden. Die Eltern schildern weiter, dass sie vor Ort keine Informationen bekamen. Trotz Anwesenheit der Eltern wurden nach der Identitätsfeststellung, die Kinder nicht an ihre Eltern übergeben. Fotoaufnahmen, zum Teil Fingerabdrücke, erfolgten ohne die anwesenden Eltern zu informieren.

Einige Eltern fuhren in der Nacht bis zur Dimitroffwache. Auch dort bekamen sie keine Informationen zum Verbleib ihrer Kinder. Anwesende Beamte meinten, dass erst der Haftrichter entscheiden müsse. Bei Minderjährigen gibt es keine (!) U-Haft.

Eine Mutter schildert, dass sie an diesem Tag mit ihren 6 und 13 jährigen Kindern auf der Karl- Liebknecht Str. spazieren war und sie durch den Tumult durch Zufall in den Kessel geriet. Durch anwesende Polizeibeamte wurde ihr der Vorwurf gemacht, dass sie unverantwortlich handle.

Mehrere junge Frauen berichten, dass bei Ihnen eine Leibesvisitation durchgeführt wurde und dabei gezielt die Brüste abgetastet wurden und mit der Taschenlampe auch in die Unterhose geleuchtet wurde.

In der Erwartung und herbeireden einer ähnlichen Lage wie in Hamburg zu G20 und der Annahme, dass tausende Autonome in Leipzig einfallen würden, wurden 3000 Beamte und 10 Wasserwerfer aus 12 Bundesländern zusammengezogen. Viele Beamte gingen offenbar davon aus, dass sie ein Demonstrationsverbot durchsetzen sollten, obwohl die tatsächliche Demonstration nicht verboten war.

Mehrere Beamte äußerten in der Nacht ihr Unverständnis über das Vorgehen. Zitat: „Bei uns in NRW gibt es das nicht“.

Es war nie Ziel der Polizei, dass diese Versammlung laufen konnten. Vielmehr zeigt sich, dass es das Ziel war möglichst viele Personen für lange Zeit festzuhalten, unabhängig der Rechtswidrigkeit, umso zu verhindern, dass an anderer Stelle etwas geschehen kann.

Dass dabei fast ausschließlich völlig friedliche Menschen getroffen wurden, war egal. Die Gruppe aus der Steine und Flaschen flogen war zum Zeitpunkt der Umschließung bereits Richtung Süden verschwunden.

Ebenfalls waren dutzende Zivilbeamte eingesetzt, ohne das dies angezeigt wurde. Die Vermutung, dass diese als agent provocateurs arbeiteten und die Auseinandersetzung mindestens forcierten liegt nahe.

Fazit. Der Kessel von Leipzig, die Umschließung von hunderten Personen über Stunden ist der Offenbarungseid des Rechtsstaates. Hunderte von Menschen wurden unter menschenunwürdigen Zuständen stundenlang festgehalten.

Dutzende Demonstrationsteilnehmer*innen wurden erheblich verletzt.

Nichts aber auch gar nichts daran, ist gut oder zu verteidigen. Nicht die Gewalt, nicht die Verbote und nicht das polizeiliche Handeln.

Der Staat hat eine Machtprobe gezeigt um den Innenminister im folgenden die Möglichkeit zu geben von einem Gesamtkonzept gegen „Linksextremismus“ zu reden.

Dutzende junge Menschen wurden traumatisiert und die Eltern politisiert.

Ich habe kein Vertrauen mehr.

Ein Montag in Leipzig zwischen sog. Querdenkern , Reichsbürgern und Neonazis

Gestern fand einmal mehr ein Aufzug von sog. Querdenkern in Leipzig statt. Regelmäßig am Montag, Mittwoch, Sonnabend und Sonntag ziehen seitdem zwischen 50- 100 Menschen entweder um den Ring in Leipzig oder treffen sich am Völkerschlachtdenkmal.

Aufgerufen wird für die Versammlungen am Sonntag auch durch die „Freien Sachsen“, einer rechtsextremen Kleinstpartei. Der Anmelder ist ein ehemaliges NPD Mitglied, der von einem Deutschland in den Grenzen von 1871 träumt, die Menschen aus den „Gauen“ begrüßt und SA Losungen verwendet.

Montags wird die Versammlung von einem ehemaligen NVA Offizier angemeldet. Man kritisiert zwar die „Freien Sachsen“ hat aber kein Problem damit, dass in den Telegramgruppen Neonazis sind und rechtsextreme Inhalte geteilt werden. Auch das Reichsbürger mitlaufen stört nicht. Inhalte der „Freien Sachsen“ oder der „patriotischen Stimme Deutschlands“ werden fleissig geteilt, so lange wie es nur zur eigenen Erzählung passt.

„Faschisten“, dass sind immer die anderen. Unabhängig von den verschiedenen Anmeldern und aufrufenden Telegramkanälen sind die aufziehenden Personen fast immer die Gleichen. Gestärkt durch das Narrativ in einem „Widerstand“ gegen das System zu sein.

Es geht weniger um die sachliche Auseinandersetzung über das Thema Corona, das längst durch das Thema Krieg, abgelöst wurde, es geht gegen das „System“. Man igelt sich in der eigenen Wahrnehmung ein und meint, dass man unterdrückt werde und quasi in einer „Diktatur“ lebe. Die Themen sind beliebig, die Narrative gleichbleibend. Jede/r der widerspricht wird diffamiert und beschimpft. Wie gesagt es geht nicht um Corona und schon lange nicht mehr um eine „Impfpflicht“, es geht gegen das „System“.

Nachdem in den letzten Wochen diese Versammlungen nur wenig Aufmerksamkeit generierten, änderte sich gestern das Geschehen. Nach einer Reihe von Vorfällen hatte das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz zum Gegenprotest gerufen.

Mehrere hundert Menschen hatten sich angeschlossen und schließlich dafür gesorgt, dass der Ring blockiert wurde. Dabei sind auch Versammlungen im sitzen vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt.

Im Ergebnis musste daher sog. Bewegung Leipzig den Marsch um den Ring abbrechen, nicht ohne Beschimpfungen und vereinzelte Hitlergrüße, sowie durch Bewurf des Lautsprecherwagens.

Widerspruch gehört in der Demokratie dazu. Auch der laute und deutliche Widerspruch. Diesen Widerspruch auszuhalten und standzuhalten und nicht sofort von Unterdrückung zu sprechen oder vor einer vorgeblichen „CancelCulture“ zu warnen ist das was diese Gesellschaft, bedingt durch die Zentrifugalkräfte, wieder neu erlenen muss.

Danke jedenfalls an Alle, die gestern deutlich gemacht haben, dass Hass und Hetze nicht unwidersprochen bleiben dürfen.

Versammlungsfreiheit in Sachsen und der Innenminister.



Jede Woche Montags und nicht nur dann, sammeln sich in sächsischen Städten hunderte von Bürgern um gegen die Corona Gesetze und Verordnungen zu demonstrieren.

Meist freundlich begleitet von der Polizei. Anmeldungen der Versammlungen gibt es nicht und nach Stand der Corona Verordnungen in Sachsen wären sie auch unzulässig, da sich aktuell nur 10 Personen ortsfest versammeln dürfen. Trotzdem lässt man sie an vielen Stellen gewähren, während Gegner dieser Versammlungen bedroht und beleidigt werden.

Am Montag ging die Polizei etwa in Chemnitz gegen 27 Personen vor, die sich vor einen Aufzug stellten. Einen Aufzug, den es aktuell gar nicht hätte geben dürfen.

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Im Zweifel für die Freiheit – die autoritäre Versuchung

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Leipzig hat am Wochenende ein Demonstrationsverbot verhangen. Dieses Verbot bezieht sich maßgeblich darauf, dass bei den Versammlungen mit einer kollektiven Unfriedlichkeit gerechnet werden muss und keine milderen Mittel zur Verfügung stehen.

Unter dem Motto „Alle zusammen“ hatten linke bis linksradikale Gruppen zu mehreren Versammlungen aufgerufen. Die Polizei hatte bereits im Vorfeld ein Verbot gefordert. Der Verfassungsschutz hatte in seiner Gefahrenprognose ebenfalls vor „Linksextremismus“ gewarnt.

Das Verwaltungsgericht hat dieses Verbot im Eilverfahren gehalten. Zusätzlich dazu hat die Polizei einen Kontrollbereich eingerichtet, der von Osten über den Süden bis nach Westen sämtliche Innenstadtnahe Stadtbezirke der Stadt erfasst.

Ein einmaliger Vorgang, der die restiktive Auslegung der Versammlungsfreiheit einmal mehr untermauert.

Das Versammlungsgrundrecht ist essentiell für die Demokratie. Ein Verbot eine absolute Ausnahme.

Tatsächlich ist es das erste mal, dass die Stadt ein derart umfassendes Verbot erlassen hat und das Verwaltungsgericht dieses Verbot auch hält.

Das bisherige Versammlungsverbot welches 2011 erlassen wurde, hatte sich auf die Rechtsfigur des polizeilichen Notstandes gestützt und damit argumentiert, dass aufgrund der angezeigten Versammlungslage nicht ausreichend viele Polizeibeamte zur Verfügung stehen.

Auch die Verbote im Frühjahr bei den sog. Corona Proteste waren im Hinblick auf das Infektionsgeschehen verboten worden und damit im Rahmen einer nicht vergleichbaren Sondersitutation.

Dennoch wird eine Tendenz deutlich. Die Tendenz bei der Abwägung zwischen Sicherheit für die Allgemeinheit und Grundrecht des Einzelnen im Zweifel der Sicherheit einen höhere Stellung einzuräumen.

Im Hinblick auf prognostizierte Ausschreitungen mag das auf den ersten Blick überzeugen.

Aber es bleibt verstörend. Der Wunsch nach Sicherheit, in einer Gesellschaft, die nie sicher sein kann, gefährdet die Freiheit und mit ihr den demokratischen Rechtsstaat.

Wir nehmen immer weitere Einschränkungen der Grundrechte in Kauf und billigen sie sogar. In der Vorstellung einer dadurch zu gewinnenden Sicherheit tendieren viele Menschen immer mehr zu einem autoritären Staatsverständnis und damit einen Staat der vorsorglich Gefahren auch durch schwerste Grundrechtseingriffe unterbindet.

In der Abwägung ob man die Gefahr akzeptieren muss, ob eine Mülltonne brennt oder nicht oder der Versammlungsfreiheit sollte in einem freiheitlichen Rechtsstaat, die Entscheidung immer für den Rechtsstaat ausgehen.

Stattdessen werden im Polizeirecht immer weitere Eingriffsbefugnisse geschaffen, Gerichte argumentieren restriktiver und Bürger fordern weitere Einschränkungen um die Unsicherheit des Lebens und damit die Gefahren nicht zu ertragen.

Auf diese Art und Weise sind wir aber dabei die Freiheit, die Grundlage dieser Demokratie abzuschaffen. Ohne grundrechtliche Freiheit, keine Demokratie, kein Rechtsstaat.

Wir befinden uns auf einem gefährlichen Weg.

Alle zusammen!- Das Verbot der Versammlung oder die Bankrotterklärung des freiheitlichen Rechtsstaates

Alle zusammen!

Die Stadt Leipzig hat die Versammlungen am kommenden Sonnabend in Leipzig verboten. Drei Versammlungen sollten sich zu einer vereinen und gemeinsam in einem Aufzug laufen.

Das Verbot der Versammlung bei dem die Polizei mit einer vierstelligen Teilnehmerzahl aus der linken Szene bundesweit gerechnet hatte, wird mit der Gefahrenprognose von Polizei und Verfassungsschutz begründet.

Tatsächlich gibt es im Vorfeld der Versammlungen einige Aufrufe in den sozialen Netzwerken, die einen unfriedlichen Verlauf befürchten lassen.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass auch die Versammlung am 18.09.2021 insgesamt nicht die Schwelle zur Unfriedlichkeit überschritten hat. Einzelne Aufrufe rechtfertigen kein Verbot.

Versammlungen und Aufzüge sind die Ausübung eines Grundrechtes und unerlässliche Voraussetzung einer Demokratie, ebenso wie das Recht auf Meinungsfreiheit.

Und zwar unabhängig davon, ob man das Anliegen der Versammlung teilen kann oder meint es sei gut und richtig oder falsch oder sogar gefährlich.
Dies spielt keine Rolle.

Auch unbequeme Meinungen muss die Demokratie aushalten, die ihren Schutz auch ihren Gegnern zur Verfügung stellt.

Versammlungen können aber nach den Umständen zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung von Auflagen abhängig gemacht werden. Im absoluten Ausnahmefall kommt auch ein Verbot in Betracht. Das allerdings nur dann, wenn mildere Mittel also Auflagen nicht durchgreifen.

Es gibt daher auch kaum Versammlungsverbote. Aus gutem Grund.

Wenn nun eine Versammlung verboten wird, wirft dies eine Reihe von Fragen auf und selbst wenn das Verbot gerichtlich halten würden, was bezweifelt werden darf, ist das, auch wenn man dem Anliegen ablehnend gegenübersteht, kein Grund zum Feiern.

Das der Staat, in diesem Fall die Exekutive, die Ausübung eines Grundrechts untersagt, welches für die Demokratie unerlässlich ist, muss jedem Demokraten Kopf zerbrechen bereiten.

Bei den Erkenntnissen vom Verfassungsschutz ist zudem darauf hinzuweisen, dass es sich um eine demokratiefremde Einrichtung handelt. Der Staat, der seine Legitimation durch den Souverän – den Bürger; erhält hat diesen nicht zu überwachen. Insbesondere auch deswegen da der VS eine chronisch unzuverlässig Behörde ist, die eine politische Führung hat.

Das der VS insbesondere in Sachsen immer wieder versucht hat die „linke Szene“ zu kriminalisieren und den Begriff des „Linksextremismus“ exzessiv weit auslegt, dürfte bekannt sein. Bereits die Teilnahme an Klimaprotesten mit der Parole „System change Not climate change“, reicht in Sachsen aus um den Verdacht von „linksextremismus“ ausgesetzt zu sein.

Auch das sich die Polizei, was sie darf, im Vorfeld zur Versammlung äußert und mehr Verbote fordert, kann nicht gefallen.

Egal, wie es am Ende ausgeht. Es ist kein guter Tag für die Grundrechte und den freiheitlichen Rechtsstaat.

#CancelLeJ – eine Blockade

In der Nacht vom 09. zum 10.07. blockierten mehrere Menschen kurzzeitig eine DHL Zufahrt am Leipziger Flughafen. Das Verfahren wird Fragen auf.

Der Rauch verfliegt. Die ersten erregten Kommentare und Pressemitteilungen sind geschrieben. Zeit aufzuräumen.

Was geschah:

In der Nacht von Freitag zu Sonnabend besetzten mehr als 50 Menschen eine öffentliche Straße, die zum Flughafen Leipzig-Halle führt. Sie taten dies um ein Zeichen gegen den weiteren Ausbau des Leipziger Flughafens zu setzen. Dadurch wurden anliefernde DHL LKWs blockiert. Eine weitere Zufahrt wurde erst nach 1 Stunde geöffnet.
Nachdem die Polizei erschien wurde die Versammlung angezeigt und die Anzeige auch bestätigt. Dennoch wurden mehr als 50 Menschen im Anschluss zunächst Ingewahrsam genommen um im Nachgang die Identität zu klären. Am Sonntag erfolgte die Vorstellung vor dem Haftrichter. Vor dem Eindruck entweder ins Gefängnis zu gehen und zur vollständigen juristischen Prüfung zu warten oder die Personaldaten preiszugeben, entschieden sich die Ingewahrsam genommenen ihre Daten preiszugeben und wurden nach mehr als 30 h aus der Haft entlassen.

Eine Zusammenfassung liefert die Leipziger Internet Zeitung: hier!

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Stuttgart und dann?

Nachdem am Wochenende abermals sog. Querdenker, unter Verstoß gegen die verhängten Auflagen demonstrierten, folgt die unvermeidliche Woge der Aufregung.

Es heißt die Polizei hätte anders agieren müssen. Personelle Konsequenzen werden voreilig gefordert. Getreu dem Motto das ja irgendjemand Schuld sein muss.

Und während von einer konsequenten Ahndung von Verstößen der Maskenverweigerer nicht die Rede sein kann, wird wie gehabt der Gegenprotest geräumt inklusiver der Begleiterscheinungen, die nie fehlen: Angriffe auf Pressevertreter und Handshake von Polizeibeamten mit Querdenkern.

Eine sattsam bekannte Mischung, die sich abermals zeigt und die Erregungskurven ansteigen lässt.

Die Polizei ging im Vorfeld nur von 2500 sog Querdenkern aus. Entsprechend war der Kraefteansatz nicht ansatzweise ausreichend um bei einer vielfachen Anzahl effektiv Auflagen durchzusetzen. In der Folge konzentrierte sich die Polizei auf eine Raumsicherung und auf die Abdraengung des Gegenprotestes um Auseinandersetzungen zu verhindern.
Aus polizeitaktischer Sicht ist es deutlich einfacher eine kleinere Gruppe auch unter dem Einsatz von einfacher körperlicher Gewalt abzudraengen, auch wenn dies im Einzelfall rechtswidrig ist, als die deutlich größere Gruppe zu kontrollieren.

Im Einzelfall orientiert sich polizeiliches Handeln im Einsatz anhand von Zweckmäßigkeit und Effizienz und dann erst nach dem rechtlich Gebotenen. Es gilt die Macht des Faktischen.

Es zeigt sich auch ein systemisches Problem. Wie bei einem Großteil der vorangegangener Demonstrationen ist auch hier die Gefahrenprognose zu hinterfragen und höchst kritikwürdig. Es zeigt sich auch, dass nach wie vor der Bewegung der Querdenker massiv unterschätzt wird, hinsichtlich Mobilisierungsfähigkeit und Aggressionspotential.

Die Diskussion, die sich jetzt in Teilen entspannt, insbesondere zur Verantwortung der Versammlungsbehörde (die Stadt Stuttgart selber) geht in die Irre.

Es ist eine Armutserklärung wenn der zuständige Ordnungsbürgermeister erklärt, dass das Land die Stadt zu einem Verbot hätte anweisen können. Zuständig für Auflagen oder ein Verbot, dass immer die ultima ratio ist, ist die Stadt.

Auf der anderen Seite bringt auch der Austausch einer Person relativ wenig und die immer wieder gestellten Forderungen nach einem Verbot halte ich für gefährlich.

Die Versammlungsfreiheit und damit das Recht der öffentlichen Meinungskundgabe ist konstitutiv für eine Demokratie. Verbote sind immer nur das letzte Mittel und zwar unabhängig der Fragestellung wer mit welchem Anliegen demonstriert. Punkt!

Auch in der aktuellen Situation muss es daher möglich sein, sein Anliegen in kommunikativer Weise nach außen zu tragen.
Dazu sind Versammlungen im Zweifelsfall von Auflagen abhängig zu machen. Für die Umsetzung der Auflagen ist zunächst die Versammlungsleitung zuständig, wozu sie eigene Ordner hat.

Erst dann greift die Polizei ein. Das Versammlungsrecht ist Polizeifest. Bedeutet, dass das Versammlungsrecht lex secialis ist und nicht ohne weiteres Normen der Polizeigesetze der Länder zur Anwendung kommen.

Es wundert auch nicht, dass hinsichtlich der wiederholten Übergriffe auf Pressevertreter die Innenminister schweigen. Der in zwischen übliche Zustand, dass es am Rande solcher Demonstrationen zu Angriffen auf Pressevertreter kommt ist besorgniserregend weil es ein Angriff auf die Pressefreiheit an sich.

Zusammengefasst lässt sich festhalten:

Eine ungenügende Abstimmung zwischen Stadt und Land, eine fehlerhafte Einsatzplanung der Polizei, eine Gefahrenprognose die keine ist, führen im Ergebnis zu einer unsteuerbaren Situation und es wiederholt sich genau das, was sich seit Monaten bundesweit wiederholt.

Genau darin besteht aber die Gefahr. Ein Staat der Regelungen und Konsequenzen ankündigt, dann aber genau das Gegenteil geschehen lässt, wird unglaubwürdig. Die sog Querlenker dürften dies nicht nur als Erfolg sondern auch als Bestätigung sehen.

Und diese Ermunterung darf und muss uns Sorgen bereiten. Die Grundlage der Demokratie ist, dass es ein Versprechen von Sicherheit gibt, dass jeder Mensch frei ist seine Meinung zum Ausdruck zu bringen, im Rahmen der Gesetze, ohne dafür Konsequenzen fürchten zu müssen. Dazu gehört im Einzelfall auch, dass wir uns vereinbart haben uns als Gesellschaft im wesentlichen an die Regelungen zu halten.

Der permanente, meist folgenlose Gesetzesbruch sog Querlenker, verlässt diesen Rahmen. Das wiederholte Nichthandeln von staatlicher Seite wird damit selber zur Gefahr für die Demokratie.

Und das ist nach Leipzig, Dresden, Kassel und Stuttgart der Befund der uns wirklich Sorgen machen sollte.

Kassel und die Folgen.

Abermals kommt es am Rande einer Querdenkerdemonstration zu erheblichen Auseinandersetzungen. Diesmal Am 20.03.2021 in Kassel.
Eine notwendige Einordnung.

 

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Fragen an den Polizeipräsidenten zu Geschehen am 07.11. und 21.11.2020 in Leipzig

Am 07.11. und 21.11. fanden in Leipzig Versammlungen der sogenannten Querdenker Bewegung statt, die viele Fragen aufwerfen. Der Polizeipräsident der Stadt Leipzig nimmt am 26.11.2020 an der Ausschusssitzung des Umwelt/ Ordnungsausschusses der Stadt Leipzig teil.

Im Vorfeld haben Menschen, diese Fragen gestellt, die ich einreichen werde. Da der Ausschuss nicht öffentlich ist, werden wir auch Fragen, ob wir eine schriftliche Beantwortung der Fragen erhalten können um die Öffentlichkeit zu informieren.

Eine möglichst umfassende und transparente Aufarbeitung des Geschehens sollte im ureigensten Interesse der Polizei sein.

Fragen an den Polizeipräsidenten:

Wie wäre es ohne Gegendemonstranten gelaufen, hätte man die Querdenker wieder auf den Ring gelassen?

Wie schätzt der Kollege die Entscheidung an #le2111 ein, die Querdenker am Samstag, einen der wichtigsten Umsatztage für den ohnehin geschwächten Einzelhandel durch die Innenstadt umzuleiten?

„Wie ordnen Sie die Gefährdungslagen von sog. Querdenkern, Rechts und von Links derzeit prozentual in Leipzig ein und welche Handlungen der Polizei befürworten Sie? Worauf stützt sich ihre Erkenntnis?“

Warum konnten sich Gruppen von Nazihools, die am Bahnhof ankamen, frei in der Stadt bewegen, ohne dass diese von Polizei begleitet oder festgesetzt wurden? Zeitweise war nirgendwo Polizei vor Ort.

Warum setzt d Polizei nicht Recht u Ordnung gg Faschisten/Nazis durch? Warum werden die Auflagen u Ankündigungen seitens der Stadt zur konsequenten Umsetzung der MNS-Pflicht u Auflagen nicht umgesetzt?

Warum wird geltendes Recht bzgl MNS in Leipziger Innenstadt von Beamt*innen nicht durchgesetzt und Maskenverweiger*innen laufen ohne Konsequenzen an Polizei vorbei?

Frage an den Polizeipräsidenten: Warum werden Gegendemonstranten, die nicht bei Leipzig mimt Platz, dabei waren, als Linksextreme bezeichnet?

Der Vertrauensverlust in die Polizei wächst. Ich fühle mich nicht sicher in der Stadt und erst recht nicht von einer Polizei beschützt, die rechte Gesinnung unterstützt. Was wird die Polizei konkret tun, um das Vertrauen aufzubauen?

Wie kann es sein, dass der Polizeisprecher dem verurteilten Holocaustleugner Nerling ein Interview gibt und später behauptet, es sei kein Interview gewesen?

Sind Fortbildungsmaßnahmen angedacht, um auf Versammlungen eingesetzten Kräften das Erkennen von bekannten Extremisten, die sich bisweilen als „Presse“ ausgeben, zu vereinfachen?

Warum die #Querdenker vom geplanten Versanmlungsort ohne Begleitung durch die Polizei durch die Stadt laufen durften?

Welche Schlussfolgerungen zieht die Polizei aus dem Geschehen vom 07.11. und 21.11. hinsichtlich der Umsetzung von polizeilichen Auflagen und Weisungen an die Querdenker?

Wie bereitet sich die Polizei auf den 19.12.2020 vor und ggf. weitere Anmeldungen der sog. Querdenker?

Über die Systemrelevanz von Grundrechten – am Beispiel der Versammlungsfreiheit, auch mit dem Blick nach Dresden.


Wir haben bereits mehrfach diskutiert und gesehen, dass die gegenwärtigen Grundrechtseinschränkungen ohne Vergleich in der Geschichte dieses Landes sind.

Begründet wird dies mit dem Virus. Einiges davon ist verständlich anderes nicht.

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