Ein notwendiger Rant gegen Elterntaxis.



Elterntaxis ist ein wunderbar unschuldig klingendes Wort. Es beschreibt den Umstand, dass Eltern ihre Kleinen morgen mit den Autos in die Schule bringen.



Das Problem ist, dass der Platz an und vor den Schulen begrenzt ist und in der Rush Hour sehr viele Kinder auf einmal zur Schule drängen um sich dann dort wieder durch das Fehlen von Lehrer*innen bedingten Unterrichtsausfall oder Stundenplanänderung zu freuen.

Gehalten wird dann überall wo Platz ist: In der zweiten Reihe, auf dem Fußweg oder wie bei mir heute Morgen genau auf dem Ampelüberweg, inklusive ausparken während der Grünphase für Fußgänger, in diesem Fall Kinder.

Am Steuer eine, wie ich annehme, Mutter, die gerade ihr Kind abgeworfen hat und nachdem sie das tat, auch keine Rücksicht mehr nehmen muss, auch um den Preis der Gefährdung von anderen.

Es geht um eine Grundschule. Diese sind wiederum so beschaffen, dass das sogenannte Sprenkelprinzip gilt, also dass sie im 2 km Umfeld um die Wohnung sein sollen, also im Grunde genommen, so gedacht, dass sie fußläufig erreichbar sind.

Während es im ländlichen Raum gute Gründe gibt ein Auto zu nehmen, weil die nächste Grundschule eben doch weit ist und der ÖPNV nur rudimentär vorhanden, gibt es in der Stadt nicht so viele schrecklich gute Gründe, sein Kind mit dem Auto zu bringen.

Sicher es gibt die Fälle der alleinerziehenden Eltern mit zwei Kindern und zwei Schulen und Arbeit, wo man auch mit einem leidlich gut ausgebauten ÖPNV aufgeschmissen ist. Aber ich bezweifle sehr stark, dass es sich hier um die Mehrzahl handelt.

Auch die eher autofreundlichen Organisationen wie der ADAC und die Verkehrswacht verurteilen Elterntaxis und raten dazu die Kinder frühzeitig auch an den Straßenverkehr zu gewöhnen und die Eigenverantwortlichkeit zu schulen.

Darf man also sagen, dass viele Eltern, die ihre Kinder morgens mit dem Auto zur Schule bringen auch ihrem Kind etwas Schlechtes tun? Ja, man muss es.

Belastend kam heute dazu, dass der Fußweg zur Schule gesäumt war, mit rechtswidrig parkenden Fahrzeugen. Während auf der einen Seite ein Lieferwagen so geparkt hatte, dass auf dem Fußweg zwischen überwachsender Brombeerhecke und Lieferwagen kein Platz mehr blieb, stand auf der anderen Seite der Lieferwagen gleich komplett auf dem Fußweg, so dass nur noch ein schmaler Streifen an der Hauswand zum durchzwängen blieb.

Und die üblichen Erklärungen sind, es sei ja nur kurz, und es passiert auch nichts und man muss doch irgendwo stehen, nerven nur noch.

Durch so ein rücksichtsloses Verhalten werden Menschen, vor allen Dingen konkret gefährdet. Eigentlich ein no go. Aber warum reflektieren, wenn es so viel einfacher ist, mit dem eigenen PS Boliden, sich überall hinzustellen wo vermeintlich Platz ist.

Und an die junge Mutter, die heute ihr Kind auf dem Ampelüberweg abgesetzt und während der Grünphase gewendet hat folgendes: Sollte sich das wiederholen, sehe ich mich gezwungen zu eskalieren und gegen rücksichtloses akut gefährdendes Verhalten zur Tat zu schreiten.

Ich würde gern darauf verzichten und auch darauf mich über Autofahrer*innen aufzuregen.

Das Zauberwort lautet Rücksichtnahme und die gilt den Schwächsten Verkehrsteilnehmern: Kindern und Fußgängern.

Reicht

Eine kleine Aufregungsdebatte über einen verletzten AfD Politiker und wie Propaganda funktioniert.



Der AfD Politiker Andreas Jurca, aus Augsburg, wurde angegriffen. Und darüber entspannt sich eine Debatte, an der man sehr schön nachzeichnen kann wie Propaganda funktioniert.

Die Fakten:
Der Politiker Jurca gab dem AfD nahen Youtube Kanal „Deutschlandkurier“ ein Interview. Dort behauptete er, dass er nach einer Veranstaltung von 5 Personen angesprochen worden wäre. Eine davon hätte ihn gefragt, ob er der Typ von den Wahlplakaten sei und daraufhin sei er angegriffen worden und auch zwischendurch „weg“ gewesen. Im Interview ist er mit 2 symmetrischen Monokel hämatomen zu sehen und mit einer Krücke, da sein Knöchel gebrochen wäre. Bei den Angreifern handle es sich um „Südländer“.

Die Polizei teilt mit, dass Nachts Jurca angerufen hätte und mitgeteilt, dass er und sein Begleiter von 2 Personen angegriffen worden wären. Die Frage nach medizinischer Hilfe verneinte er. Weitere Hintergründe gibt es nicht. Die Polizei zeigte sich außerdem überrascht, dass Jurca nach seinen Schilderungen des Angriffs zwar großflächige Monokelhämatome aber keine anderen Prellmarken oder Verletzungen hat.

Merkwürdigkeiten:

Beide Versionen weichen in einigen relevanten Teilen erheblich voneinander ab. Jemand der angibt kurze Zeit ohnmächtig gewesen zu sein und einen gebrochenen Knöchel hat, verzichtet eher nicht auf medizinische Hilfe nachdem er selber die Polizei ruft. Auch ist die Frage wer der Begleiter ist, von dem Jurca der Polizei erzählt hat. Dieser kann die Geschichte unproblematisch bestätigen. Das passiert aber nicht. Stattdessen zieht sich Jurca, nachdem er selbst die Geschichte in der Öffentlichkeit lanciert aus dieser zurück.

Auch die Aussage, dass er angegriffen worden sei, weil man ihn als Typ auf den Wahlplakaten erkannt habe, beruht nur auf seiner Aussage. Das kann so sein. Aufgrund der massiven Ungereimtheiten sinkt auch die Glaubwürdigkeit.

Jedenfalls gibt es bundesweites Echo und der in weiten Teilen der Bundesrepublik unbekannte Jurca, ist auf einmal bekannt. Im Wahlkampf nicht das Schlechteste.

Narrative:

Der Angriff unterstreicht auch 2 klassische AfD Motive: Ersten, die AfD als Opfer und die Behauptung, dass man besonders stark angegriffen worden wäre und die Erzählung, die „Südländer“ (offenbar Menschen mit arabischen/ afrikanischen Migrationshintergrund) sind schuld.

This is propaganda:

Ohne die Geschichte zu prüfen, findet die Geschichte Verbreitung. Und sehr viele AfD Kanäle verbreiten die Geschichte 1 zu 1 bis dahin, dass sogar geschrieben wird es handle sich um „versuchten Totschlag“ und der Politiker „hätte überlebt“, was suggeriert, dass es erhebliche Verletzungen gab.

Die Aufregung wird geschürt: Die Botschaft ist ein Mitglied „der Opposition“ sei angegriffen worden weil er Mitglied der Opposition ist.

Nicht davon stimmt aber es verkauft sich gut und feuert die Empörung an.

Ein wenig erinnert die Geschichte an die des AfD Politikers Magnitz aus Bremen. Diese hatte einst auch zu einem bundesweiten Aufschrei geführt.

Magnitz hatte angegeben, dass er nach einer Wahlkampfveranstaltung von hinten mit einem „Kantholz“ niedergeschlagen worden sei. Auch damals wurden die Bilder des verletzten Magnitz, die dieser so gleich nach seinem Angriff von sich selbst gemacht und verbreitet hatte, bundesweit verbreitet zusammen mit der Behauptung, dass es ein „versuchter Mord“ und vermutlich Linke die Täter seien. Erzählt hatte Magnitz auch, dass erst Bauarbeiter geholfen hätten die Tat zu beenden.

Am Ende zeigte sich, dass an der Geschichte nicht viel stimmt. Magnitz wurde nicht hinterrücks geschlagen sondern von hinten so stark geschubst, dass er hinfiel und die Täter sich verzogen. Die Bauarbeiter mussten ihn nicht retten und einen politischen Hintergrund gab es nicht.

Fazit:
Einiges deutet daraufhin, dass die Geschichte von Jurca ebenfalls „überzeichnet“ ist und an einigen Stellen vom tatsächlichen Geschehen abweicht.
Dabei ist eher nicht zu bezweifeln, dass es eine körperliche Auseinandersetzung gegeben hat. Aber die Umstände schon und allein, dass es eine Auseinandersetzung gegeben hat, reicht eigentlich schon aus.

Auch wenn ich der AfD, kein Wort glaube, ist Gewalt jedenfalls keine Lösung.

Herrenchiemseer Verfassungskonvent – warum das Grundgesetz antifaschistisch ist.

Nochmal kurz notiert – die Geschichte des Grundgesetzes.
Am 10. August 1948 traf sich der sog. Herrenchiemseer Verfassungskonvent für 2 Wochen und legte damit die Grundlage für das Grundgesetz.

Das Grundgesetz, dass die Grundrechte kodifiziert und damit Abwehrrechte gegen ein staatliches Handeln und das in Abkehr des Nationalsozialismus verfasst wurde. Es ist das in Sprache gegossene „Nie wieder“ und schafft gleichzeitig einen Werterahmen des Zusammenlebens in Deutschland.

Angesichts der Auseinandersetzung um die Meinungsfreiheit, muss auch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der Grundgedanke des Grundgesetzes explizit antifaschistisch ist.

In die Meinungsfreiheit , Art. 5 GG, kann nur auf Grundlage eines allgemeinen Gesetzes eingegriffen werden, dass zum Schutz eines höherrangigen Rechtsgutes dient und keine Meinung im einzelnen verbietet.

Eine Ausnahme gibt es. Die positive Bezugnahme auf den Nationalsozialismus, strafbar etwa in § 130 IV StGB, ist schlechthin strafbar und das aus gutem Grund.

„Die Vorschrift dient nicht dem Schutz von Gewaltopfern allgemein und stellt bewusst nicht auf die Billigung, Verherrlichung und Rechtfertigung der Gewalt- und Willkürherrschaft totalitärer Regime insgesamt ab, sondern ist auf Äußerungen allein in Bezug auf den Nationalsozialismus begrenzt.“ (BVerfG, BvR 2150/08 )

Und weiter:

„Das menschenverachtende Regime dieser Zeit, das über Europa und die Welt in unermesslichem Ausmaß Leid, Tod und Unterdrückung gebracht hat, hat für die verfassungsrechtliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland eine gegenbildlich identitätsprägende Bedeutung, die einzigartig ist und allein auf der Grundlage allgemeiner gesetzlicher Bestimmungen nicht eingefangen werden kann. Das bewusste Absetzen von der Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus war historisch zentrales Anliegen aller an der Entstehung wie Inkraftsetzung des Grundgesetzes beteiligten Kräfte.“

In einer Zeit, in der menschenverachtende Äußerung, die Abwertung von anderen Menschen, die Verwendung von Versatzstücken von NS Reden, wieder in die Politik Eingang finden. Muss man daran erinnern, sich damit auseinandersetzen und darf auch darauf abstellen, dass diese Demokratie nicht wehrlos ist und von den Menschen lebt, die Demokratie und ihre Werte leben

Höcke im Sommerinterview – Inklusion und keine Lösungen.

Viel wurde sich über das MDR Interview mit Höcke aufgeregt. Zu Recht aber man muss sich schon damit auseinandersetzen um die Kritik deutlich zu adressieren.

Zunächst mal fällt auf, dass Höcke auf eine Reihe von Fragen gar nicht antwortet und den Journalisten andauernd unterbricht. Die Frage warum etwa Höcke den Wahlkreis wechseln will, beantwortet er nicht. Er will darüber nicht reden. Auch weil er keine Antwort hat.

Beziehungsweise sagt er, dass ja nicht um ihn geht, fordert aber an andere Stelle ein, dass er viel häufiger interviewt werden müsste.

Er sagt dabei nicht die AfD müsste häufiger befragt werden sondern er.

Viel geht es um Bildungspolitik. Höcke führt das aus, was auch im Wahlprogramm der AfD enthalten ist. Die Schulen von „ideologiegetriebenen Experimenten“ zu befreien. Gemeint ist damit vor allen Dingen Inklusion und Gleichberechtigung an den Schulen.

Die Aussage zur Inklusion ist bewusst offen gewählt, so dass es schwerfällt nachzuweisen, dass Höcke damit fordert, dass alle behinderten Kinder nur noch an Förderschulen unterrichtet werden.

Was faktisch zwischen den Zeilen deutlich wird.

Um Schüler leistungsfähig zu machen, müssen sie vom „Balast“ befreit werden.

Das reale Problem ist aber der eklatante Lehrer*innenmangel an vielen Schulen und damit eine Überlastung.

Inklusion funktioniert aber nur mit einer adäquaten Betreuung, an der es fehlt. An dieses reale Problem knüpft Höcke an, allerdings ohne dafür Lösungen zu bieten sondern adressiert es damit, dass die Gleichberechtigung und Inklusion daran schuld sind.

Das eigentliche Problem wird nicht gelöst aber ein vermeintlicher Grund wird genannt.

Dafür, dass die AfD vorgibt eine Bildungspartei zu sein, hat sie in der vergangenen Legislaturperiode ganze 2 Gesetzesanträge in Thüringen eingebracht. Für eine Oppositionspartei ist das faktisch ein Totalausfall. Das Thema Bildung ist im Kurzprogrammflyer der AfD Thüringen übrigens nicht enthalten.

Im Langprogramm geht es dann auch darum, dass Lehrer ihre „natürliche Autorität“ zurückerhalten sollen.

Auf konkrete Probleme hat die AfD keine Lösung. Aber durch dog whistling und Behauptungen, die regelmäßig einen Aufschrei produzieren bleibt sie im Gespräch, so dass nicht auffällt, dass die AfD in der konkreten Arbeitsebene, an vielen Stellen ein Ausfall ist und keine sinnhaften Beiträge liefert und zwar unabhängig davon, von wem sie kommen.

Festzuhalten ist, dass die AfD Aufmerksamkeit generiert, durch“Skandale“ aber weder Lösung anzubieten hat oder auf der konkreten Arbeitsebene in den Parlamenten mit Lösungsvorschläge oder Anträgen auffällt.

Die Schwächen der Demokratie

Unsere Demokratie ist in Schieflage und diese führt auch dazu, dass eine rechtsextreme Partei mehr und mehr Stimmen bekommt.

Eine freiheitliche Demokratie ist immer auch das Versprechen von Transparenz, Teilhabe, Kritikfähigkeit und Wählbarkeit.

Entgegen der ursprünglichen Annahme, dass nach dem Ende des kalten Krieges sich die Demokratie überall durchsetzen würde (vgl. Das Ende der Geschichte), ist es heutzutage um die Demokratie nicht besonders gut bestellt. Dies insbesondere dann wenn man sich anschaut, wie einzelne Demokratie verfasst sind.

Mehr und mehr Länder auch in Europa wandeln sich von einer partizipativen, liberalen Demokratie hin zu einer autoritären oder illiberalen Demokratie (nach Orban).

Auch in Deutschland hat die Demokratie Probleme und die Zustimmungswerte zu autoritären Einstellungen steigen.

Diese Probleme sollte man benennen und sie verändern können. Denn eine schwache Demokratie wird durch den aufkommenden autoritären Populismus herausgefordert und gefährdet.

Inzwischen gibt es eine Kluft zwischen Politiker*innen/ Politikapparat und den Menschen. Die Politik hat sich vom Volk entfernt und durch die Professionalisierung der Politik, entsteht bei vielen Menschen der Eindruck, dass es eine Trennung gebe zwischen der Politik und den Menschen.

Hinzu tritt das Problem, dass viele Parlamente und Räte auch kein Abbild der Bevölkerung in der Breite mehr sind. Arbeiter*innen, Alleinerziehende, Leistungsempfänger sind quasi ausgeschlossen, um nur einzelne Gruppen zu nennen. Der Eindruck, dass aber nicht mehr jeder Mensch wirklich ein Parlament erreichen kann, schwächt das Vertrauen in die Demokratie.

Politik muss zu jederzeit erklärbar sein und sich Kritik stellen. Die Aussage, dass man Politik besser erklären muss ist keine hohle Phrase sondern Notwendigkeit. Jederzeit muss Politik in der Lage sein, die Frage des „Warum“ zu beantworten.

Alle Vorschläge, die sich daraus ergeben sind nicht neu aber aus meiner Sicht dennoch notwendig um die Entfremdung der Menschen von unserer ausgestalteten repräsentativen Demokratie entgegenzuwirken.

Schafft mehr Elemente der direkten Demokratie. Bürgerräte, Volksabstimmungen sind Möglichkeiten Demokratie auch erfahrbar zu machen.

Parteien müssen sich stärker öffnen und neue Möglichkeiten der Beteiligung schaffen. Ein Mandat sollte immer nur ein Mandat auf Zeit sein. Politik muss sich erneuern und die Menschen, die Politik ausüben auch.

Der Eindruck, dass Parteien und Politik bisweilen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für gediente Parteimitglieder sind gefährdet die Demokratie.

Auch die Berichte von Transparency International zeigen, dass Deutschland im Bereich Transparenz Nachholbedarf hat.

Sowohl ein umfassendes Lobbyregister, als auch eine deutliche Beschränkung der Nebentätigkeiten von Mandatsträgern auf Bund- und Landesebene tut not. Der Eindruck, dass Politik käuflich ist und Politiker bisweilen ihre Machtstellung ausnutzen (Stichwort Maskendeals) gefährdet das Vertrauen in die Politik.

Es wird Zeit sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen statt immer nur voller Aufregung auf eine Partei zu zeigen und Alarm zu rufen.