In Sachsen verfestigt sich das Gefühl abgehängt zu sein.
Dem Satz „Die Ostdeutschen sind in Deutschland Bürger zweiter Klasse“ stimmen mehr as 2/3 der Befragten zu.
Dem Satz stimmen 71 % der Befragten in der Altersgruppe 18-29 zu und damit einer Generation, die die DDR nicht mehr erlebt haben.
Jeder Fünfte fühlt sich als Verlierer der Wiedervereinigung. Reine Ostalgie taugt daher als Erklärungsansatz nicht.
Nach wie vor ist es nicht gelungen Ost- und Westrente anzugleichen oder die Lohnunterschiede anzugehen. Die Mittel aus dem Solidarpakt haben zwar überall schöne Marktplätze geschaffen, können aber keine Identität stiften oder Perspektiven eröffnen.
Bestehende Lebensleistungen werden mitunter nicht anerkannt. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar wenn sich Menschen ungleich behandelt fühlen.
Dazu kommt, dass einige Gegenden von der Entwicklung abgeschnitten sind und sich der Eindruck festsetzt von der großen Politik vergessen zu sein. Kleinstädte, die keinen Bahnanschluss mehr haben und die zusehends vergreisen weil es für junge Menschen keine Angebote mehr gibt und diese Räume keine Identität mehr aufweisen, keine Erzählung wie es weitergeht.
Dazu kommt, dass gerade von außen zusehends ein abschätziger Blick auf Sachsen geworfen wird.
Offener Rassismus, bemerkenswertes Handeln der Verwaltung („sächsische Verhältnisse“), eine autoritär agierende CDU, die kein Ohr für demokratische Mitbestimmung hat, verfestigen ein Bild, dass dazu führt das immer wieder abschätzig über das Land gesprochen wird.
Schnell wird dabei vergessen, dass es auch viele Gegenbeispiele gibt. Das es auch hier Menschen gibt, die sich für ein Miteinander, für mehr Demokratie engagieren, die Geflüchteten helfen und sich Rassismus entgegenstellen oder die versuchen gemeinsam mit den Menschen etwa für Gegenden wie die Lausitz eine neue Identität nach der Braunkohle zu entwickeln und den Strukturwandel zu gestalten.
Und es ist auch an uns stärker diejenigen ins Bild rücken, die für eine weltoffene, demokratische Gesellschaft stehen und für eine progressive Zukunft. Kritik an den bestehenden Verhältnissen bleibt weiterhin notwendig.
Aber wir wollen ermöglichen, dass jeder Mensch die Möglichkeit hat diese Gesellschaft mitzuentwickeln. Nicht im Gegeneinander sondern im demokratischen Miteinander.
Ich komme aus Sachsen. Ich bin hier geboren. Gehöre zur dritten Generation Ost. Dieses Land ist auch mein Land. Aber ich fühle mich nicht als Ossi.
Aber ich verstehe viele, die sich so fühlen und den Eindruck haben weniger wert zu sein.
Aus dieser Situation wird uns niemand befreien. Aber wir können selber viel für die Veränderung der Verhältnisse tun.
Und wir können, denjenigen, den mit den Finger auf die „Ossis“ und die „Sachsen“ zeigen nur zurufen, bei aller berechtigter Kritik: lernt differenzieren und helft denjenigen, die hier Zukunft gestalten wollen.