Wieder einmal Sachsen. Die AfD wird mit deutlichem Abstand stärkste Partei und gewinnt 10 von 16 Direktmandanten. Bedeutet, dass fast der gesamte ländliche Raum in Sachsen, bis auf das Vogtland, an die AfD geht. In Dresden 2 gewinnt der CDU Kandidat nur mit 39 Stimmen Vorsprung gegen den AfD Kandidaten, welcher ein knallharter Nationalsozialist ist.
Da gibt es viel Grund für Bestürzung und Kritik und auch für Sachsen- Bashing. Ein genauerer Blick lohnt jedoch.
Fakt ist, dass bei den Zweitstimmen, also der Parteistimme AfD und CDU verloren haben, sowohl relativ als auch absolut. In Leipzig etwa hat die AfD sogar deutlich verloren.
Parallel dazu haben Grüne und SPD deutlich dazugewonnen, sowohl relativ als auch absolut.
Auch im Vergleich zum Bundestrend hat die CDU in Sachsen überdurchschnittlich viel verloren. Der Kurs der Sachsen CDU, stark konservativ geprägt, verfängt also nicht und die AfD kann davon nicht profitieren.
Ebenso wird deutlich, dass die AfD in Sachsen ein verfestigtes Kernwähler*innenpotential hat. Auch das ist keine neue Erkenntnis.
Fakt ist damit auch, dass die Gewinne bei den Direktmandaten der AfD vor allen Dingen auch durch die Schwäche der CDU zu erklären sind.
Bei Licht und Tag betrachtet gibt es also in diesem Wahlergebnis durchaus Punkte an denen man ansetzen kann und die Hoffnung geben.
Und genau darum geht es: Jetzt erst Recht in Sachsen für Demokratie streiten.
Monat: September 2021
Was wirklich wichtig wäre…
Ich bin müde.
Der Wahlkampf nervt. Es nervt die immer gleichen Sätze zu hören, die Vorwürfe und Unterstellungen. Und dann wird auch noch leidenschaftlich darüber diskutiert, wer wie ungerecht behandelt wird. Wohlgemerkt nicht, welche Menschen oder Gruppen ungerecht behandelt werden sondern welche Parteien.
Irgendein rechtes Magazin meint unter dem Motto FFFleaks aufdecken zu können, dass sich Menschen abgesprochen haben um im Internet, insbesondere bei Twitter Hashtags trenden zu lassen.
Und tatsächlich verfängt diese unglaublich banale Nachricht, weil wir uns aufregen und ablenken lassen.
Worum geht es eigentlich?
Geht es darum welcher Kandidat*in wie glaubwürdig ist? So als würde man, wenn man lange genug gräbt nicht bei jedem Menschen irgendetwas finden.
Wir lassen uns ablenken, regen uns über Nebensächlichkeiten auf und verlieren die entscheidenden Sachen aus den Augen. Mit Inbrunst streiten Menschen für einen Parkplatz vor ihrer Tür und verkennen das Problem. So als wäre der Parkplatz irgendwie entscheidend für die Gesellschaft, jenseits der eigenen Komfortzone.
Nebensächlichkeiten, die lange und intensiv diskutiert werden, so als wäre unser größtes Problem, dass irgendwo am Wochenende eine Scheibe kaputt gegangen ist und das Wichtigste ist, dass man sich schnell und konsequent von irgendetwas distanziert, so als würde distanzieren und verurteilen irgendetwas ändern.
Ein Mensch ist getötet worden. Nicht zufällig und auch keine Einzeltat. Es ist ein Symptom einer Gesellschaft, an dessen Rändern sich die Zentrifugalkräfte verstärken. Einer Gesellschaft, die mehr und mehr in Gruppen zerfällt, mit all den negativen Folgeerscheinungen. Und wir stehen daneben, pflichtschuldigst Bei- und Mitleid erklärend, während das strukturelle Problem, des sich in Gruppen verbreiteten Hasses weiter ausbreitet.
Gab es eine große Debatte darüber, wie wir Zusammenhalt jenseits der Meinungsverschiedenheiten im demokratischen Rahmen organisieren? Wie es gelingen soll, dass diese Gesellschaft nicht komplett auseinanderfliegt?
Ich weiß es nicht. Mag sein, dass es sie gab und ich nur selber in diesem Moment abgelenkt war.
Das Bundesverfassungsgericht hat vor gar nicht langer Zeit grundsätzlich Recht gesprochen und festgehalten, dass die Freiheit der kommenden Generationen gefährdet ist. Wäre das in einem Jahr, in dem die Klimakatastrope global so deutlich wird wie nie zuvor, nicht der Auftrag gewesen dieses eine Thema in den Mittelpunkt zu stellen?
Die Wahrheit ist, dass das Thema fast unbemerkt blieb. Ja, es gibt die Klimakatastrophe, ja wichtiges Thema und man macht jetzt irgendetwas aber man muss die Menschen mitnehmen und nicht zuviel und überhaupt. Laber, laber, laber.
Sattsam bekannte Allgemeinplätze, die die Hilf- und Ahnungslosigkeit zeigen.
Es ist nicht irgendein Thema. Es ist das Thema. Wir befinden uns stabil auf dem Weg Richtung 3,0 Grad. Die Steuerbarkeit der Katastrophe wird damit zur Illusion. Wir hinterlassen den kommenden Generationen eine in weiten Teilen lebensfeindliche Welt, in der die Gesellschaft in sich feindlich gegenüberstehenden Gruppen zerfallen ist.
Ich möchte den Glauben aufgeben, dass sich irgendetwas ändern lässt. Ich möchte auf den Moment warten, da alles zerbricht und dann mit einer Flasche Champagner oder Bier auf einem Hügel sitzen und geflissentlich selbstgerecht, aber immerhin gerecht, wie Sheldon Cooper in Big Bang Theory murmeln: “ Ich habs euch doch gesagt.“ und mich daran erfreuen, dass ich Recht behalten habe.
Mein Problem und an dieser Stelle ist es wirklich ein Problem: „Ich habe Kinder.“ Ich klage mich an. Ich habe Kinder und tragen allein deswegen die Verantwortung dafür, in welcher Welt sie aufwachsen und was bleibt.
Und ich habe wahnsinnige Angst davor, dass sie mich irgendwann fragen, was ich eigentlich gemacht habe und wie es soweit kommen konnte.
Stotternd, mit Schamesrötte im Gesicht, werde ich dann sagen:
„Äh, also das war so, wir dachten ja wir können, dass ähm noch ändern und da waren andere Themen irgendwie wichtiger. Dies, das! War ja immer irgendwas gerade auch wichtig“
„Und als dann ähm klar war, dass es wirklich passiert, haben wir erstmal darüber gestritten wer, daran wie schuld ist. Und ähm, während wir darüber gestritten haben, wer wie Schuld ist, haben wir es leider verpasst doch noch irgendwie zu handeln.“
„Sorry. Aber viel Glück in der postapokalyptischen Zukunft Schatz.“
Papa, hat euch ganz doll lieb.“
PS: Noch ist es nicht soweit. Noch gilt aufgeben nicht. Morgen ist übrigens Klimastreik und das wäre doch wirklich mal eine Maßnahme nochmal deutlich zu machen worum es eigentlich geht.
CDU Leipzig im schmutzigen Wahlkampf
Politiker:innen von Grüne und SPD fordern Unterlassung von Falschbehauptungen
Im Nachgang der „Wir sind alle LinX“ Demonstration, bei der es am Rande und im Anschluss zu Straftaten kam, nimmt die Leipziger CDU auch die tausenden friedlich Demonstrierenden, sowie Menschen und Politiker:innen von Grüne, SPD und Linke in Mithaftung.
Dazu erklärt Jürgen Kasek: „Dass begangene Straftaten verfolgt und entsprechend bestraft werden müssen, stellt niemand in Abrede. Dies ist Aufgabe der Strafverfolgungsorgane und nicht der Politik. Der Versuch, alle Menschen, die sich gegen die ewige Gleichsetzung von Links und Rechts verwahren und gegen den Faschismus stellen, in Sippenhaftung zu nehmen, ist infam. Dass die CDU, dazu auch Lügen verbreitet, stellt einen neuen Tiefpunkt dar.“
Irena Rudolph-Kokot ergänzt: „Es ist schon erstaunlich, dass ohne Belege mitten im Wahlkampf von den Kandidat:innen der CDU Leipzig Personen aus Mitberwerber:innenparteien angegriffen werden und dabei in Kauf genommen wird, deren Ansehen mit Absicht zu beschädigen. Ebenfalls interessant ist, dass ohne Kenntnis des Versammlungsbescheides behauptet wird, dass der Oberbürgermeister schärfere Auflagen hätte erteilen können. Beide CDU Kandidat:innen kennen offenbar den Versammlungsbescheid nicht und versuchen auf niedrigstem Niveau verzweifelt mit Schmutz zu werfen.“
„Wir fordern Herrn Jens Lehmann und Frau Jessica Heller auf, ihre Falschbehauptungen, dass wir die Demo „initiiert“ hätten, zurückzunehmen und die weitere Verbreitung zu unterlassen. Ein entsprechender Antrag ist beim Gericht eingereicht“, so Kasek und Kokot abschließend.
Die CDU sollte ihr Augenmerk lieber darauflegen aufzuklären, wie Polizeiinterna ständig unmittelbar in rechtsextremen Kreisen, wie dem Compact-Magazin, landen können. Dann würden sie tatsächlich einmal etwas für die Demokratie tun.
Hintergrund: In einer Pressemitteilung hatten Jessica Heller und Jens Lehmann behauptet, dass Irena Rudolph-Kokot und Jürgen Kasek die Initiative zur Demo gegeben hätten. Das ist ebenso falsch, wie die Behauptung der CDU Stadtratsfraktion, dass der „Aufruf zum Gewaltmarsch“ von mehreren Politiker:innen von SPD, Grüne und Linkspartei unterschrieben wurde.
Ein letztesmal über Gewalt schreiben?
Es gibt in unserer Gesellschaft Gewalt. Gewalt ist vielfältig. Psychisch. Physisch. Strukturell.
Es sollte eine Grundlage unseres Zusammenlebens geben: Gewalt ist immer Teil des Problems und nicht Teil der Lösung.
Ich habe einen Traum: eine gewaltlose Gesellschaft. Und ich teile diesen Traum mit vielen Menschen.
Aber um dorthin zu kommen, muss man sich mit Gewalt auseinandersetzen. Ihre Ursachen und Gründe versuchen zu verstehen und die Ursachen bekämpfen.
Wenn es zu Akten plakativer Gewalt kommt, äußern sich Menschen und verurteilen das. Die strukturelle Gewalt wird dabei meist ausgespart. Die Gründe werden ignoriert. So als würde das verurteilen, insbesondere von Politiker*innen, die als pflichtschuldige Übung ständig irgendetwas verurteilen, etwas ändern.
Es folgen Symbol- und Scheindebatten und am Ende wird an den Symptomen herumgedoktert, so als würden zusätzliche Verbote, schärfere Gesetze irgendetwas ändern.
Die Zunahme von struktureller Gewalt verhindert nicht die tatsächliche Gewalt. Man muss schon sehr einfach gestrickt sein um zu glauben, dass schärfere Gesetze, härtere Strafen, eine militärisch aufgerüstete Polizei irgendetwas verhindern. Das ist vielfältig wissenschaftlich widerlegt. Aber natürlich ist der Glauben, dass mehr Polizei und Überwachung automatisch weniger Kriminalität bedeutet weit verbreitet weil es ja so einfach ist.
Aber diese grundlegenden Debatten, das Hinweisen auf Ursachen, werden oft genug überhört oder noch schlimmer als Relativierung verstanden.
Es gibt auch keine gute oder schlechte Gewalt. Es gibt Gewalt. Es gibt eine juristische Unterscheidung aber auch die sind die meisten Leute nicht bereit mitzugehen.
Das Bekenntnis, das plakative Verurteilen, reicht Ihnen aus aber es ändert nichts.
Ihr akzeptiert die Gewalt, die Gründe, die Ursachen, die sie hat. Ihr, die über die Gründe nicht sprechen wollt, akzeptiert damit das es Gewalt gibt.
Euch reichen Distanzierungen und Verurteilungen und meint es ändert irgendetwas, damit legitimiert ihr mit der Verweigerung über die Gründe zu sprechen erst das Geschehen.
Wer über strukturelle Gewalt nicht sprechen will, wer über Gründe nicht reden will, soll bei zerborstenen Scheiben schweigen.
Ich soll etwas verurteilen?
Ich verurteile Gewalt und euch, die ihr euch nicht wirklich damit auseinandersetzen wollt sondern euch an plakativen Bekenntnissen erfreut. Ihr seid nicht besser!
„Wir sind alle linx“. Eine Demo und die Schlagzeilen.
Die Fakten: Am Sonnabend fand in Leipzig eine Demonstration unter dem Motto „Wir sind alle linx“ statt. Daran beteiligten sich zwischen 4-6000 Menschen.
Die Demonstration lief vom Johannisplatz über die Karl- Liebknecht Str. bis zum Connewitzer Kreuz. Während der Demonstration kam es vereinzelt zum abbrennen von Pyrotechnik und das Haus der Polizeidirektion wurde mit Farbe beworfen.
Die Polizei hielt sich während der Demonstration komplett zurück.
Kurz vor dem Endpunkt der Demonstration kam es weiterhin zu einzelnen Stein- und Flaschenwürfen auf die Filialen der Deutschen Bank und Sparkasse, sowie auf die HTWK. Dabei wurden mehrere Scheiben beschädigt.
Nach Ende der Demonstration am Connewitzer Kreuz ging eine kleine Gruppe von Personen dazu über die Einsatzkräfte in der Selneckerstr. zu bewerfen, die sich daraufhin zurückzogen. Weiterhin wurde auf der Wolfgang Heinze Str. eine Barrikade gebaut und angezündet. Umliegende Anwohner und andere Teilnehmer*innen der vorherigen Demonstration gingen dazu über den Brand zu löschen und ein daneben geparktes Auto in Sicherheit zu bringen.
Die Polizei gab so dann im folgenden ihre Defensivtaktik auf und ging offensiv dazu über gegen Straftaten und mgl Straftäter*innen vorzugehen. Dabei wurden auch völlig unbeteiligte Personen in Mitleidenschaft gezogen. Mehrfach wurden auch Pressevertreter angegangen. Mindestens eine unbeteiligte Person wurde ein Zahn herausgeschlagen. Gäste eines Imbisses wurde auf die Straße gezogen, ein Wohnhaus gestürmt.
Rechtliche Erwägungen:
Es wurden Straftaten begangen. Die Demonstration war in ihrer Gesamtheit friedlich, mit wenigen Ausnahmen, die aber nicht die Einschätzung der Unfriedlichkeit der gesamten Demonstration rechtfertigen. Das Fehlverhalten von einigen wenigen, rechtfertigt keine andere Einschätzung, so ganz überwiegend auch die Rechtsprechung. Zu beachten ist dabei das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Vgl. hierzu auch die entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen.
Weiterhin wurde ein Transparent getragen, dass nunmehr als Morddrohung interpretiert wird. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung liegt der Spruch auf dem Transparent, zu betrachten im Gesamtkontext, an der rechtlich zulässigen Grenze. Eine Interpretation als Drohung ist naheliegend aber nicht die einzig in betracht kommende Deutung. Abgesehen davon ist es allerdings geschmacklos und die DemoOrga hat sich davon distanziert.
Politik.
Anlass der Demonstration war das Vorgehen gegen die Studentin Lina E., der vorgeworfen wird Kopf einer kriminellen Bande zu sein, die sich verabredet haben soll Nazis anzugreifen.
Die Bildung einer terroristischen Vereinigung ist ebenso nicht Gegenstand der Anklage, wie die kolportierten versuchten Totschläge oder Morde.
Angeklagt sind mehrere einzelne Taten, wobei die Anklage zum Teil auf wackligen Füßen steht. Auch der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung, ist zwar angeklagt aber nicht mit entsprechenden Beweismitteln oder Indizien unterfüttert.
Der Gesamtzusammenhang der Demo, wie auch die Friedlichkeit, wird dabei im Lichte der brennenden Barrikade und der Schaufensterscheiben, wobei es sich ebenso um zu verfolgende Straftaten handelt, ignoriert.
Einmal mehr wird der Versuch unternommen eine „Linke Demonstration“ und all ihre Teilnehmer*innen zu kriminalisieren und in „Sippenhaft“ zu nehmen.
Interessanterweise von den gleichen Personen, die noch bei jedem rechten Aufmarsch oder der Eskalation der Querdenker im November meinten, dass man differenzieren müsste oder die Querdenkerdemonstration am 07.11., als die Polizeikräfte überrannt wurden, im wesentlichen friedlich gewesen sei.
Die juristische Messlatte für das Geschehen wird dabei politisch intendiert sehr unterschiedlich ausgelegt.
Es gibt weder einen Grund, die Demonstration in Bausch und Bogen zu kriminalisieren, noch zu verschweigen, dass es Straftaten gegeben hat.
Aber dazu muss man willens sein sich damit auseinanderzusetzen und der Versuchung widerstehen billige Affekte zu bedienen.
Auf die Spitze treibt es hier die CDU und ihre Direktkandidaten Jessica Heller und Jens Lehmann , die wider besseren Wissens behaupten, dass etwa ich den „Gewaltmarsch“ mit initiiert hätte. Was schlicht und ergreifend falsch ist.
Die Kriminalisierung der Demonstration ist der absehbare Versuch aus einzelnen Straftaten politisches Kapital zu schlagen.
Straftaten sind aufzuklären. Der Aufruf, sich gegen die falsche und gefährliche Gleichsetzung von links und recht zu stellen und die damit einhergehende Versuche Antifaschismus zu kriminalisieren ist richtig und notwendig.
Es braucht einen starken zivilgesellschaftlichen Antifaschismus. Das ist übrigens auch der Kern des Grundgesetzes und unserer Demokratie.
Das Grundgesetz basiert auf dem Kerngedanken des Antifaschismus, der Abkehr des Faschismus und des „Nie wieder“. Das sollte und darf nicht vergessen werden.
Jede/r Demokrat*in ist damit auch antifaschistisch in diesem Sinne. Und Antifaschismus hat dabei nichts mit Gewalt zu tun.
Auch als Fahrradfahrer will ich leben.
Wir fahren durch die Nacht.
Mein Rad ist verkehrssicher. Hat Licht und leuchtet. Ich mache keine Fehler, zumindest jetzt nicht.
Wir stehen auf auf dem Fahrradweg, auf der rechten Seite. Neben uns zwei Autospuren. Eine geradeaus, die rot hat, wenn der abbiegende Verkehr, inklusive der Fahrradfahrer die nach links wollen, grün hat.
Wir kommen an. Die Ampel nach links schaltet auf grün. Ein Pärchen vor uns, auf Rädern, fährt los, nach links und wir folgen.
Da passiert es. Ein Auto fährt weiter. Bremst nicht. Und hupt. Hat uns fast erwischt. Hinter dem Steuer ein alter Mann, der es nicht verstanden hat. Der fast zwei Menschen überfahren hätte und auch noch hupt. Nicht anhält und fragt.
Und in mir steigt in diesen Moment, die Wut auf. Ich kann nicht dagegen ankämpfen. Ich verfluche ihn und schreie die Wut in die Nacht hinaus und das Pärchen auf dem Fahrrad stimmt mit ein. Fast Zeugen geworden, des nächsten Unfalles. Und wenn ich gekonnt hätte, hätte ich ihn aus seinem Auto gezerrt und angeschrien. Weil er mir fast das Leben genommen hat.
Meine Tochter weint. Hält sich fest und weint.
Ich will gegen die Wut ankämpfen, will dem alten Mann vergeben. Aber mein Herz krampft sich zusammen.
Zu oft erlebe ich Situationen, wo Autofahrer*innen, die Vorfahrt missachten und nicht verstehen, dass ihre Fehler potentiell lebensbedrohlich sind.
Ich hasse es wenn PS Boliden, nichts weiter als überteuerte Kompensatoren von Minderwertigkeitskomplexen, in überhöhter Geschwindigkeit durch die Stadt fahren und übergroße Wohlstandsdekadenz in Form von SUVs den Platz nehmen und dazu führt, dass es für kleine Menschen, Kinder, mitunter lebensgefährlich ist, die Straße zu überqueren, weil sie kaum gesehen werden können, von diesem alptraumhaften Metallungeheuern, die den Mensch abhängig gemacht haben.
Ich hasse es, wenn immer noch diskutiert wird, dass Tempo 30 innerorts eine Behinderung sein soll. Wie zynisch muss man sein?
Tempo 30 kann leben retten. Und ich als Fahrradfahrer, will nichts weiter als das – leben und auch auf der Straße fahren, frei sein, ohne vorher mein Testament zu machen und zu beten und hoffen, dass ich Glück habe. Oder nicht daran denken.
Es sind zu viele Autos und ich kann die ganzen Erklärungen warum man ein Auto braucht nicht mehr hören. Die Freiheit der Autofahrer, das Recht in der Stadt 50 zu fahren und sein Auto überall abzustellen, gefährdet mein Leben. Das Leben meiner Kinder. Und mein Recht auf körperliche Unversertheit, auf eine Zukunft, wiegt schwerer als eure Unfähigkeit.
Und aus dieser Situation kommen wir auch nicht mit den so oft gehörten Appellen des Gebots der allgemeinen Rücksichtnahme. Ich als Radfahrer, der pro Tag fast einmal überfahren wird, habe keine Lust mehr Rücksicht zu nehmen und Verständnis zu üben, weil ich fast überfahren wurde.
Es reicht. Es reicht schon lange. Und das Problem können wir nur lösen, wenn wir begreifen, dass unsere Art zu leben, nicht nur für die kommenden Generationen lebensbedrohlich ist, sondern auch im hier und jetzt lebensgefährlich.
Und ich gestehe, ich werde dafür kämpfen und streiten, dass es weniger Autos werden. Und auch keine E- Autos. Mein Leben interessiert es nicht, ob ich von einem Diesel, Benziner oder E- Auto ins Jenseits geschickt werde.
Es sind zuviele. Und es ist ein Problem. Und das Problem lösen wir nur, wenn wir begreifen, dass ein Großteil des Autoverkehrs Teil des Problems ist und nicht Teil der Lösung.
Eine bessere Welt, eine lebenswertere Stadt wird es nur mit weniger Autos geben. Mit viel weniger.
„Cannabis entkriminalisieren“
Die Stadträte Thomas Kumbernuß, Marcus Weiss (DIE Partei), Thomas Köhler (Piratenpartei) und Jürgen Kasek ( BÜNDNIS90 / DIE GRÜNEN) haben analog zur Dissidenten Fraktion im Stadtrat Dresden einen Antrag im Stadtrat Leipzig zu Entkriminalisierung von Cannabis gestellt. Dazu beantragten die Stadträte gemeinsam, dass ein Modellprojekt zur verantwortungsvollen Abgabe gestartet werden soll.
„Die Prohibition ist gescheitert und weder intelligent noch zielführend. Der rein repressive Ansatz im Bereich der Drogenpolitik führt in die Sackgasse. Es ist höchste Zeit für ein Umdenken. Dazu bedarf es auch Druck aus den Kommunen, wo das Problem existiert.“, so Thomas Kumbernuss.
„Der Dealer fragt Kinder nicht nach ihrem Alter! Jugendschutz bei Genussmitteln, wie Alkohol, Tabak und Cannabis, ist nur mit einer regulierten Abgabe erreichbar. Also muss auch für Cannabis gelten: Kontrollierte Qualität, Abgabe im Handel mit Alterskontrolle und natürlich Entkriminalisierung des Konsums. Wo ist das Problem? Studien über Cannabis-Konsum bei Kindern und Jugendlichen sind oft irreführend. Wenn Sie diese lesen, ersetzen Sie einfach Cannabis durch Alkohol – es ändert sich kaum etwas.“, so Stadrat Thomas Köhler.
„Leipzig kann ein Modellprojekt anschieben. Die Kriminalisierung führt nur zu weiteren Folgeproblemen, wie veruneinigte Produkte, die zu medizinischen Beschwerden führen. Nahezu alle Parteien sprechen sich seit langer Zeit für einen anderen Umgang in der Drogenpolitik aus. Es ist jetzt Zeit den Ankündigungen auch Konsequenzen folgen zu lassen und den ersten Schritt zu gehen.“, so Jürgen Kasek.