Demonstrationen und dann? Wie es weitergehen kann

Demonstrationen und dann?

In den vergangenen Tagen fanden deutschlandweit Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und damit die AfD statt. Zahlenmäßig ist es die größte Demonstrationswelle der letzten Jahrzehnte.

Einige Demonstrationen mussten aufgrund von Überfüllung der Plätze vorzeitig beendet werden. Und es zeigt sich, dass es eben nicht nur der Protest in Städten ist sondern überall im Land auch in Kleinstädten Menschen demonstrieren.

Das ist ein Zeichen. Es ist in schwierigen Zeiten auch die Selbstvergewisserung einer mehrheitlich liberalen Gesellschaft, dass man eben doch noch da ist und nicht stumm zu sehen will, wie der Rechtsextremismus die Gesellschaft vergiftet und spaltet.

Danach gibt es an einigen Orten Diskussionen über Sprüche, Banner und Redner*innen auf einigen Kundgebungen.

Andere sehen aktuelle Wahlprognosen und sind wieder dabei zu resignieren weil natürlich zum Beispiel in Sachsen der aktuelle Sachsentrend vor allen Dingen deprimierend ist.

Zu der Spannweite an Reden und Inhalten.
An vielen Orten haben breite Bündnisse aufgerufen, die von eher konservativen Teilen der Zivilgesellschaft bis hin zu linken Gruppen reichen. Entsprechend spiegelt sich das auch in Redebeiträgen wieder und die Gesellschaft muss lernen Widersprüche auszuhalten.

Es geht eben nicht darum, dass alle eine Meinung haben und es auch sein kann, dass ich individuell einige Beiträge schwierig finde, es geht darum damit umzugehen und zu verstehen, dass Meinungspluralismus auch eine Stärke ist.

Aber der Mensch, der sich vor allen Dingen in Gruppen organisiert, verharrt zu oft, in seiner eigenen Bubble und verlernt das Neue und andere zu schätzen.

Widersprüche und andere Meinungen in einem demokratischen Rahmen muss man auch aushalten können. Und das ist mitunter auch eine Herausforderung.

Und nein, die Demonstrationen werden nicht auf einen Schlag etwas ändern aber sie sind wichtig. Sie verändern die Wahrnehmung. Sie zeigen eben auch, dass eine große Vielzahl an Menschen aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen sich in einer Grundfrage eben doch einig ist: in der Frage des „Nie wieder“.

Die Analysen des warum mögen unterschiedlich sein und auch in Teilen die Frage, des wie damit umgehen aber der gemeinsame Nenner ist da: „Nie wieder“.

Und deswegen gilt es auch zu verstehen und sich nicht wieder aufgrund von Widersprüchen zurückzuziehen.

Und ja die Demonstrationen sind wichtig und sie reichen dennoch nicht aus. Es geht darum eine Haltung einzunehmen, die Demonstrationen als ein Zeichen und Prozess der Selbstvergewisserung helfen dabei. Diese Haltung gilt es im Alltag zu leben. Nicht zu schweigen, nicht zu erdulden, sondern zuzuhören und auch zu widersprechen und nicht zuzulassen, dass Hass und Hetze diese Gesellschaft zerstören.

Demos gegen Rechts – ein unversöhnlicher Brief.

Ich freue mich. Bundesweit gehen Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße und betonen wie wichtig das ist. Politiker*innen beschreiben wie wichtig dieses Engagement ist und Menschen fühlen sich motiviert. Alles gut, alles schön, alles wichtig und auch verlogen.

Auf einmal sind linke Protestbündnisse und antifaschistische Gruppen wieder en vogue. Gruppen und Initiativen, die man sonst gern als die vermeintlichen „Linksextremisten“ schmäht.

Ich frage mich ernsthaft, ob das Entsetzens das die Gesellschaft ergreift, was ihr die ihr so entsetzt tut, in den letzten Jahren gemacht habt.

Da draußen in Schnellroda trifft sich auf der Akademie des Instituts für Staatspolitik seit Jahren die rechte Elite und redet offen über genau das was jetzt für entsetzen sorgt. Dort treffen sich Identitäre, Junge Alternative und AfD und vernetzen sich mit Strukturen, die die Grundlage dafür legen. Dort werden die Strategien besprochen auch eine Strategie wie ein Wort wie „Remigration“ ein Euphemismus für „Deportation“ in den allgemeinen Sprachgebrauch eindringen kann und ich bin entsetzt in welcher Selbstverständlichkeit dieses Wort genutzt wird. Die Rechtsextremen wird es freuen.

Seit Jahren warnen genau davor linke Gruppen. Seit Jahren weisen migrantische Gruppen auf den wachsenden Rassismus hin. Und seit Jahren bleiben sie ungehört und unbeachtet. Und rechte Kampfbegriffe wie „woke“ werden als Mittel des Kulturkampfes eingesetzt und Klimagruppen werden zu Terroristen erklärt und Sicherheitspolitiker beeilen sich vor einer neuen RAF gar zu warnen und das in einem Land, wo Nazis Jahr für Jahr morden können. Rechtsextreme, die den Nährboden in der Mitte der Gesellschaft finden.

Es gibt keine Rechtsruck. Der ist seit Jahren da. Es kann keine Überraschung geben. Und es fühlt sich falsch an, wenn nunmehr Politiker*innen betonen wie wichtig das klare Zeichen ist, wenn parallel darüber nur davon gesprochen wird, dass Migration das größte Problem ist und der Hass von dem die Rechtsextremisten profitieren damit angefacht wird.

Nein, dass sind keine versöhnliche Worte. Haltung anzunehmen ist nicht damit getan einmal auf eine Demo zu gehen und sich selbst zu vergewissern, dass man nicht allein ist. Haltung anzunehmen heißt die Menschenrechte jeden Tag zu verteidigen und nicht zu schweigen, nicht wegzusehen und seine Stimmen, denen zu schenken die keine Stimme haben und denen zu zuhören, die niemand hört weil sie marginalisiert werden.

Hört auf euch etwas vorzumachen und beginnt zu handeln von jetzt an, jeden Tag.

2024- das Jahr der Populisten?

2024 kann für Deutschland ein entscheidendes Jahr werden. Mit den Europawahlen, den dann folgenden Kommunal- und Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen und auch die Wahl in den USA dürfte Folgen haben.

Und überall sind Populisten und Nationalisten scheinbar auf dem Vormarsch. Eine Entwicklung, die am Ende auch den Frieden gefährden kann und nicht nur den sozialen.

Lange Jahre war die deutsche Politik eher konsensual orientiert. Die Demokratie, die ihre Vollendung nicht im Sieg der Mehrheit über die Minderheit sondern im Kompromiss findet, der versucht zu integrieren, tat ihren Dienst.

Die Folge davon, dass in der Wahrnehmung vieler Bürger, die Unterschiede zwischen den Parteien von rechts bis links abnahmen und viele Parteien auch ihren Markenkern im allzu pragmatischen Umgang zerstörten.

Diese Zeiten sind vorbei. Die Glaubwürdigkeit der Parteienpolitik ist schlecht und in dieser Krise der Demokratie, der es auch bedingt durch Skandale an Integrationsfähigkeit mangelt, gewinnen Populisten dazu, die offen diese Demokratie in Frage stellen.

Die Versuchung des Populismus, der Arbeit mit Schuldzuweisung und Sündenböcken, dass unablässige Schlecht machen, der demokratischen Mitbewerber, zerstört die repräsentative Demokratie weiter.

Mit der AfD wurde dieser neue Stil salonfähig und man muss sich bewusst machen, dass auch mit einem Verbot der AfD, Ressentiments und Entgrenzung bleiben werden. Die Antwort auf die Krise der repräsentativen Demokratie, kann also nicht allein ein Parteiverbot sein, so sehr sich das einige auch wünschen mögen.

Nicht anders lässt sich etwa die Rede des Finanzminister vor Bauern interpretieren, der der populistischen Versuchung erliegt und keine Lösung anbietet sondern Sündenböcke zeigt. Die armen Bauern während die Bürgergeldempfänger arbeitsfrei Geld bekommen oder die „Ausländer“. Gesellschaftliche Gruppen werden gegeneinander ausgespielt

Es werden keine Lösungen angeboten sondern ausschließlich Schuldige benannt. Das benennen von vermeintlich Schuldigen löst aber keine Probleme, ist keine Antwort sondern lenkt nur den Frust derer, die sich fürchten , um.

Es ist erschreckend zu sehen, wie erfolgreich diese Strategie ist und wie viele Menschen für allzu einfache Erklärungsmuster empfänglich sind und zwar unabhängig gesellschaftlicher Herkunft oder Status. Angst macht empfänglich für Heilsversprechen.

Die AfD profitiert davon nicht als Teil eines vermeintlich Parteiestablishments wahrgenommen zu werden und daher von dem Versprechen anders zu sein. Sie muss keine Lösung anbieten. Es reicht aus, dass sie klare Feindbilder benennt und sich darauf verlässt, dass sich die Mehrzahl an Wähler*innen ohnehin nicht mit Parteiprogrammen auseinandersetzt.

Es ist einfach: Wer sehen will, kann sehen aber die meisten wollen, nach langer Arbeit nicht sehen, nicht denken, sondern glauben.

Das was díe AfD anstrebt ist aber nicht die Wiederbelebung der Demokratie, wie das allzu naive meinen, sondern den Umbau in einen autoritär- nationalistischen Staat. Bestenfalls eine illiberale Demokratie bzw. eine Demokratie, die allein davon lebt dass es Wahlen gibt, während Presse und Justiz deutlich stärker durch die Regierung kontrolliert werden (Ungarn und Russland lassen grüßen).

Das wäre auch das Ende der Freiheit. Der Freiheit auch eine andere Meinung zu haben. Und gerade die Rechtsextremisten, worin sie sich von ihren Vorvätern der NSDAP nicht unterscheiden, mögen noch so oft die Freiheit beschwören wie es AfD und auch Trump tun aber diese Freiheit haben sie nicht im Sinn. Die Freiheit, die sie meinen, ist nicht die Freiheit der Bürger sondern eine vermeintliche Freiheit von Außen. Der unsichtbare äußere Gegner, dient zur Abgrenzung und Erfüllung eines Freiheitsversprechens, dass in einem autoritären Staat endet.

Das Zeitalter des Populismus speist sich auch aus den sozialen Medien, deren Algorithmen das laute belohnen. Negative Nachrichten und Angstmacherei verbreiten sich viel schneller und effektiver als nüchterne Nachrichten oder die Wahrheit.

Wir alle sind Teil davon. Teil dieser Gesellschaft, die in atemberaubender Geschwindigkeit auseinandertreibt und Populismus befeuert.

Und wir alle haben es in der Hand, dem zu widerstehen. Nicht den skandalträchtigsten Meldungen zu glauben, nicht denen zu vertrauen, die nur Feindbilder anbieten und nicht in Wut zu versinken.

Diese Gesellschaft, eine freie Gesellschaft ist es wert, bei allen Fehlern, dass man für sie streiten und nicht in der Wut über die unbestreitbaren Fehler der repräsentativen Demokratie, alles zerstört.

Bauernproteste, Teil 2 – die Lobby, der Bauernverband und die CDU.

Die Bauern protestieren und an vielen Orten angeleitet auch durch die Landesbauernverbände und den Bundebauernverband an deren Spitze vor allen Dingen CDU Politiker stehen.

Es kann daher nicht verwundern, wenn zwar an vielen Stellen betont wird, dass man parteipolitisch neutral sei aber dann primär die CDU hofiert und etwa in Sachsen ausschließlich der CDU Ministerpräsident zusammen mit seinem Parteifreund dem Vorsitzenden des Landesbauernverbandes die Proteste orchestriert, die wenig mit Agrardiesel aber viel mit Wut über die Ampel zu tun haben.

Der Präsident des Bundesbauernverbandes zeigt sich dann gestern auch im Rahmen seines Statements direkt bei der Klausur der CSU.

Wer ernsthaft glaubt, es ginge hier um wirklich bessere Bedingungen für die Bauern der irrt gewaltig.

Das liegt auch daran, dass ein Großteil der Agrarpolitik in Brüssel gemacht wird und die Agrarlobby zu einer der mächtigsten Lobbyverbände überhaupt gehört und die Verflechtung zwischen Agrarlobby, Landwirtschaftsverbänden unglaublich eng sind.

Bereits 2019 hatte der NaBu eine Studie vorgelegt, die feststellt:

„Die Verflechtungen des Bauernverbandes mit Politik und Wirtschaft sind so eng, dass Umwelt und Natur, Tierwohl, Gewässer- und Klimaschutz bei politischen Entscheidungen häufig auf der Strecke bleiben. Das muss sich ändern. Zudem vertritt der Deutsche Bauernverband mit seinem exportorientierten, auf immer mehr Wachstum ausgelegten Kurs nicht die Interessen der meisten deutschen Landwirtinnen und Landwirte, die sich deutlich mehr Förderung für Tierwohl und Umweltschutz wünschen.“

Einer der maßgeblichen Akteure ist der Präsident des Bundesbauernverbandes Rukwied. Insgesamt ist festzuhalten, dass ein sehr dichtes Netz der Verflechtungen besteht.

Folge dieser Verflechtungen sind, dass etwa die Reformempfehlungen der europäischen Ebene im Rahmen des GAP , die ohnehin schon recht schwach waren, in der deutschen Umsetzung komplett aufgeweicht wurden.

Statt Zahlungen etwa an die Umsetzung bestimmter Standards zu koppeln, wurden Zahlungen in Deutschland fast ausschließlich an die Fläche gekoppelt, was dazu führt, dass große Agrarverbände davon profitieren, während viele kleinere Höfe leer ausgehen.

Der Bauernverband ist auch eng mit der Ernährungsindustrie verwoben, die sehr stark die Preise diskutieren.

Seit Jahrzehnten sind Empfehlungen zur Entkopplung dieses Geflechts nicht umgesetzt wurden und viel entscheidender die Agrarpolitik belohnt Export und Expansion, so dass viele kleine Betriebe in den letzten Jahren schließen mussten. Es bilden sich Kartelle. Die Macht liegt in den Händen weniger, die wiederum unglaublich eng mit der CDU verschmolzen sind, die aktuell daher auch nicht über Reformen reden sondern primär darüber, dass die Ampel weg muss. Es geht nicht um die Bauern, es geht nicht um eine Agrarpolitik die allen dient, es geht nur um Macht.

Zur Ehrlichkeit gehört auch dazu, dass der Verbraucher an der Misere einen Anteil hat. Gefordert werden hohe Standards bei Lebensmitteln zu Dumpingpreisen. Dass dies nicht funktionieren kann, liegt auf der Hand.

Landwirtschaftliche Produkte sind mehr wert aber so lange viele Verbraucher mehr Geld für Schönheitsprodukte als für gesunde Ernährung ausgeben liegt einiges im Argen.

Worüber gesprochen werden muss wäre eine komplette Reform der Agrarpolitik, die Umweltschutz und Tierwohl in den Mittelpunk stellt und landwirtschaftliche Produkte zu einem Realpreis anbietet. Daher müssen auch direkte Wertschöpfungsketten und Direktvermarktung gestärkt werden.

Aber für diese Hintergründe interessiert sich kaum jemand. Es reicht aus ein plattes dagegen zu präsentieren, dass wenig mit Agrarpolitik zu tun hat.

Zur Wahrheit gehört auch, dass auch die Ampel bislang dieses Grundproblem nicht ausreichend angegangen ist. Gegen die Übermacht der Bauernverbände und Agrarlobby in Personalunion mit der CDU ist dies allerdings auch schwer.

So lassen sich sowohl kleine Landwirte instrumentalisieren und der Verbraucher täuschen. Am Ende kassieren nämlich vor allen Dingen die großen Agrarbetriebe und die Vielzahl der Familienbetriebe bleibt auf der Strecke.

Deswegen Augen auf und hinterfragen.

Bauernproteste und Co

Bauernproteste?

Das Land so scheint es ist im Aufruhr. Morgen, am 08.01., soll es einen bundesweiten Aktionstag geben, der mit etlichen Blockaden daherkommt. Aber bevor man etwas einseitig verurteilt oder sich aufregt, lohnt es sich genauer hinzuschauen.

Worum geht es?

Auslöser für die massiven Proteste sind die Kürzungen im Bereich des sogenannten Agrardiesels. Derzeit werden pro Liter Diesel 47 Cent an Steuern fällig, von denen die Landwirte 21 Cent zurückbekommen.
Aufgrund des aktuellen Haushaltslochs, sind in vielen Bereichen Kürzungen angesetzt. So auch hier.

Fast alle Agrarökonomen kritisieren diese Art der Subventionen, da sie falsche, nicht nachhaltige, Anreize setzt. Aus ökologischer Sicht wäre also ein Verzicht darauf unbedingt sinnvoll.

Das Problem ist, dass viele Landwirte auf diese Arte der Subventionen angewiesen sind und die Kürzungen Folgen haben. Dies ist auch eine Folge der Fehler der Landwirtschaftspolitik der letzten 30 Jahre, die vor allen Dingen auf das Prinzip mehr und billiger gesetzt hat. Darunter litten insbesondere kleinere Familienbetriebe, die auch jetzt mit am stärksten betroffen werden.

Entsprechend argumentiert die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft damit, dass es darum geht, dass Bauern und Bäuerinnen von ihren Produkten leben müssen. Und hier liegt das Grundproblem. Viele landwirtschaftliche Produkte haben keinen real Preis sondern einen Preis der durch Lebensmittelkonzerne vorgegeben wird.

Generalstreik, rechte Unterwanderung und Co

Wie bereits in der Vergangenheit versuchen rechtsextreme die Proteste für sich zu nutzen und zu vereinnahmen. So war die Attacke auf die Fähre des Bundeswirtschaftsminister vor allen Dingen aus rechten Kreisen gesteuert, auch wenn vor Ort keineswegs nur Rechte waren.

Auch die Bewegung „Land schafft Verbindung“, die sich als Alternative zum Landesbauernverband sieht, weißt deutlich eine rechte Schlagseite auf. Der sächsische Vorstand Paul Kompe etwa läuft in seiner Freizeit offenbar in Shirts der neonazistischen Marke „Ansgar Aryan“ rum.

Auch an anderer Stelle gibt es Überschneidungen. Rechte Bauern in Sachsen sind allerdings auch keine Seltenheit.

Aber die Unzufriedenheit ist auch Einladung an diejenigen, die daraus politisches Kapital schlagen wollen. Die einen, weil sie Umsturzfantasien hegen und nunmehr von einem Generalstreik schwadronieren, die anderen weil sie die Möglichkeit sehen die Ampel anzugreifen.

Zu letzterer Gruppe gehört wenig überraschend die CDU. Viele Bauernverbände sind mehrheitlich konservativ geprägt und werden wenig überraschend von Personen geführt, die gleichzeitig auch noch ein CDU Parteibuch aufweisen. Das ist insofern ein wenig interessant weil es insbesondere die Politik der CDU, der letzten 30 Jahre war, mit freundlicher Hilfe der SPD; die zu dieser Situation maßgeblich beigetragen hat.

Das Problem sind nicht die Agrarsubventionen sondern eine falsche Agrarpolitik, deren Auswirkungen jetzt sichtbar werden.

Aberwitzig wird es, wenn CDU geführte Verbände nunmehr zum Protest aufrufen gegen eine Politik, die vorgeblich von der Ampel kommt aber in einer Situation der Bauern, die maßgeblich durch die CDU erst möglich wurde, nämlich die Abhängigkeit von staatlichen Subventionen.

Es ist daher auch keine besonders kluge Strategie im Umgang mit den berechtigten Anliegen der Bauern, einseitig vor Rechtsextremen zu warnen. Diese gibt es. Von diesen muss man sich abgrenzen, was vielen Verbänden nicht wirklich gelingt aber man sollte die Gefahr nicht größer machen als sie ist.

Politische Kultur

In der teilweise rabiaten Sprache der Proteste zeigt sich allerdings das Gift des Kulturkampfes, dass die Gesellschaft vergiftet und verrohen lässt. Angriffe wie auf die Fähre des Bundeswirtschaftsministers, Galgen oder Aufrufe wie die eines Bauernverbandes, der eine Faust gegen eine Ampel schlagen lässt oder derer der CDU Fraktion Sachsen, die den Bauern gleich mit Mistgabel in der Hand agieren lässt, schaffen eine Grundlage der Verrohung und letztlich auch der Gewalt.

Dass der Präsident des bayrischen Bauernverbandes die körperliche Unversertheit von Politikern faktisch an Bedingungen knüpft ist nur ein weiterer Punkt der Eskalationsspirale und nicht ebenfalls soll unerwähnt bleiben, dass die CDU Fraktion Sachsen den Angriff auf die Fähre rechtfertigt. Dahinter verbirgt sich die Hoffnung, die Ampel los zu werden um selber wieder nach der Macht greifen zu können.

Die strukturellen Probleme der Landwirte werden damit freilich nicht gelöst.

Blockaden und CO.

Auch dieser Punkt verdient Aufmerksamkeit, denn auch hier zeigt sich die Verlogenheit der politische Diskussion. Während temporäre Blockaden von Klimaschützern insbesondere von der CDU als „Terror“ gelabelt werden, gratuliert etwa der sächsische Innenminister den Bauern für ihre tollen Aktionen. Aktionen, die dazu führen, dass morgen in mehreren sächsischen Landkreisen keine Schulen öffnen und kein ÖPNV fährt und wo in einigen Kreisen die Bauern mitteilen, dass sich bitte Krankenhäuser und Pflegedienste darauf einrichten sollen, dass ihre Angestellten morgen ggf. nicht oder später zu Arbeit kommen.

Stellen wir uns eine beliebige andere Demonstration vor und den Aufschrei der Gesellschaft den es geben würde, wenn diese mit Ansage Rettungswagen ausbremst und aufhält.

Auf einmal scheint vieles möglich. Nur ist das alles ziemlich unehrlich und ein Innenminister, der sein Herzen für Blockaden entdeckt, wenn es ins eigene politische Kalkül passt, eigentlich ein Fall für ein Amtsenthebungsverfahren.
Aber dazu wird es nicht kommen.

Und Morgen?
Es ist kein Generalstreik nicht mal ein bisschen. Es ist auch kein rechter Putschversuch oder ähnliches. Es wird zu massiven Behinderungen des öffentlichen Lebens kommen. Trotzdem sollte man nicht die Bauern kritisieren sondern sich mit den strukturellen Problemen der Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte auseinandersetzen. Die Forderung der Bauern, dass diese von ihrer Arbeit Leben wollen ist mehr als gerechtfertigt und vielleicht sollte man doch insgesamt stärker über Umverteilung diskutieren, wenn allein die zehn reichsten Deutschen über soviel Geld verfügen (237 MIa Euro) wie der Rest aller anderen zusammen genommen.