Überall formieren sich die „Hygiene-Demos“ oder Corona Demos und absorbieren Aufmerksamkeit. Ein Fehler oder besser gesagt viele.
Vorgeblich will man über die Einschränkungen diskutieren, tatsächlich offenbaren sich an vielen Stellen Verschwörungsmythen, Reichsbürger und Neurechte. Als antiautoritäre Revolte getarnt, im Wahn bereits in einer Diktatur zu sein, was nicht zufällig auch dem Narrativ von Bewegungen wie Pegida gleicht, begibt man sich auf die Straße.
In den Gruppen dominieren inzwischen klassische Reichsbürger und neurechte Thesen. Die Geltung des Grundgesetzes wird negiert, ein Friedensvertrag für Deutschland wird gefordert und ähnliches. Es war daher nicht zufällig, dass gestern auch in Leipzig bei einer dieser Zusammenkünfte die Fahnen des Kaiserreichs geschwenkt wurden. Mit Macht werden antisemitische Chiffren verteilt und längst ist auch wieder Rassismus gang und gebe.
Kritiker dieser Gruppen werden als Spalter denunziert, als „Systemhuren“ beleidigt und zum Teil werden Sie offen zur Fahndung ausgeschrieben. Ein gefährliches Millieu, dass sich auf der Straße zeigt.
Aber auch mehrere tausend Menschen, die sich diesen Bewegungen anschließen haben kein Recht auf eine Diskurshoheit. Es ist eine radikale, lautstarke Minderheit, die gerade Aufmerksamkeit absorbiert.
Sie suchen diese Aufmerksamkeit, weil Sie danach drängen, ihren Wahrheitsanspruch zu verbreiten. Selbstreflektion ist Fehlanzeige.
Es ist auch ein Fehler unserer Gesellschaft, dass sich unsere Aufmerksamkeit und Aufregung immer auf „Extreme“ fokussiert.
Denn dadurch besteht auch die Gefahr, dass die notwendige Debatte über Grundrechte, über Einschränkungen kontaminiert wird.
Bestand Anfangs die Gefahr, dass diejenigen, die die angeordneten Maßnahmen in Frage stellten, schnell als zynisch oder rücksichtslos galten, müssen Sie sich nun dagegen zur Wehr setzen eins zu sein mit den Verschwörungsideologen und Neurechten, die ebenfalls mit Verweis auf das Grundgesetz Raum beanspruchen.
Dabei zeigt sich auch das Dilemma unserer Gesellschaft, dass der Raum für den demokratischen Streit schmal geworden ist und Alarmismus und Totschlagargumente dominieren.
Wenn wir uns als Gesellschaft von etwas befreien müssen, dann zuallererst von der Aufgeregtheit von der Gier nach Aufmerksamkeit, die wir mit Voyeurismus all zu oft fördern.
im Umgang mit den Hygienedemos, die in ihrer wahngetriebenen Rücksichtslosigkeit, eher Infektionsherde sind, empfiehlt sich mehr Ruhe.
Es gilt deutlich zu machen, wo die Grenzen eines demokratischen Streites sind, Antisemitismus und Rassismus deutlich zu decodieren, zu benennen und zu ächten.
Aber es ist eben auch nötig den Diskurs über die Einschränkungen zu führen und dabei die „leisen, nachdenklichen“ Stimmen zu stärken, die nicht generell alles in Frage stellen aber auf Problemstellen hinweisen.
Auch und gerade in Zeiten der Krise braucht es einen Diskurs, braucht es den Austausch und das Hinterfragen.
Das gilt es immer wieder zu verdeutlichen. Für eine aufgeklärte, solidarische Gesellschaft…