Parteiverbot AfD oder soll man es lassen.



Nicht erst mit dem Bekanntwerden der Putschpläne einer rechtsextremen Vereinigung, in deren Kreisen sich auch AfD Mitglieder bewegten und die über ein ranghohes aktives AfD Mitglied auch Zugang zum Bundestag hatten, stellt sich die Frage eines Parteiverbots, was verschiedentlich gefordert wird.



Ausgangslage:
Das Parteiverbot ist die ultima ratio des Staates. Erst wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind, kommt es überhaupt in Betracht. Dazu kommt, dass die verfassungsrechtlichen Hürden sehr hoch sind, was das Bundesverfassungsgericht auch im zweiten NPD Verbotsverfahren ausdrücklich deutlich gemacht hat.
Es braucht die Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, eine kämpferische Grundhaltung und eine ernsthafte Gefahr.

Im Fall der NPD hatte das BVerfG, die Ablehnung der Grundordnung bejaht und dies durch den systemimmanenten Rassismus der NPD herausgearbeitet aber die ernstliche Gefahr verneint. Die NPD war schlicht zu unbedeutend.

Der freiheitliche Rechtsstaat zeichnet sich eben gerade dadurch aus, dass er auch seinen Gegnern die gleichen Rechte einräumt und damit auch zulässt, dass Verfassungsgegner sich darauf berufen können.

Im Einzelfall ist dies schwer auszuhalten aber dies kennzeichnet eben einen Rechtsstaat.

Voraussetzungen.
Während man bei der NPD die Gefahr für die Grundordnung aufgrund ihrer Größe verneinen konnte, dürfte dies bei der AfD zu bejahen sein.

Die Frage ist die Ablehnung der freiheitlich- demokratischen Grundordnung und zwar durch die Partei in Gänze und nicht nur durch einzelne Personen oder Gruppierungen. Hier wird es deutlich schwieriger.

Nach den Kriterien des BVerfG wird man dazu kommen, dass innerhalb verschiedener Gruppierungen der AfD ebenfalls systematischer Rassismus vorherrscht. Bestes Beleg ist hierfür die Thüringer AfD mit Höcke, dem Kopf des nur formal aufgelösten Flügels. Der Rassismus als wesentlicher Programmbestandteil dürfte anhand Reden Höckes und agieren nachweisbar sein. Allein dies reicht aber nicht aus, dies ohne weiteres auf die ganze Partei zu übertragen.

Wir müssen nicht darüber reden, dass die Partei menschenverachtend ist, Einstellungsmuster der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit verbreitet und damit auch Gewalt auf der Straße vorbereitet. Die Frage ist, reicht dies in der Gesamtheit aus um zu einem Verbot zu kommen?

Die Verbotsdiskussion.

Dazu kommt der Umstand, dass die AfD auch aus der Verbotsdiskussion gestärkt hervorgehen könnte. Ein gescheitertes Verfahren dürfte als Bumerang wirken. Ein erfolgreiches Verfahren dagegen wird die Einstellungsmuster der Menschenfeindlichkeit und den gesellschaftlichen Rassismus nicht verschwinden lassen. Es lassen sich Parteien und Vereine verbieten aber keine Einstellungen und Denkmuster. Die Auseinandersetzung mit Einstellungsmustern der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit ist so nicht zu gewinnen.

Dazu kommt, dass auch die demokratischen Parteien mit ihrem Kurs in den letzten Jahren zur Etablierung und zum Erfolg der AfD beigetragen haben.

Die CDU, die insbesondere in den Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt immer wieder stark Richtung AfD blinkt und auf kommunaler Ebene zum Teil bereits offensiv zusammenarbeitet, trägt hier eine besondere Verantwortung an der Etablierung.

Das durch ein Verbotsverfahren zudem das rechte Narrativ, des „Opfer“ und Ausgegrenzt seins, Stärkung findet, kommt erschwerend hinzu.

Dennoch sollte die Diskussion geführt werden. Die AfD ist in Teilen eine verfassungsfeindliche Partei, die Teile des Grundgesetzes ablehnt, in deren Reihen organisierte Verfassungsfeinde und Neonazis arbeiten und dadurch Zugang zur sensiblen Infrastruktur hat.

Aber die Auseinandersetzung, siehe oben, ist dadurch nicht zu gewinnen. Die Auseinandersetzung mit Einstellungsmustern der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit muss in aller erster Linie mit demokratischen Mitteln gefochten werden und nicht dadurch, wie die CDU das in Bautzen gerade vormacht, indem man die AfD hofiert um sich möglicherweise einen weiteren Bündnispartner als Verhandlungsmasse und Drohpotential zu erhalten.

Ein Brief an einen Freund und Warum es richtig bleibt zu kämpfen.

Ein Freund schrieb mir, dass er sich nicht mehr in der Partei engagiert und zwar vor allen Dingen deshalb da er nicht sieht, dass ausreichend gegen die multiplen Krisen im Bereich Umweltschutz und zwar egal auf welcher Ebene getan wird. Der Kompromiss zwischen Ökologie und Wirtschaft laufe am Ende doch immer nur auf die Ausbeutung der Natur hinaus.
Ich habe versucht ihm zu antworten.




Lieber X,

Ich nehme deine Worte zur Kenntnis, nicht ohne mitzuteilen, dass ich traurig bin. Viele Dinge, die du schreibst kann ich nachvollziehen und verstehe sie nur allzu gut.

Dennoch will ich an einigen Stellen widersprechen weil es notwendig ist. Weil das was du schreibst symptomatisch für weite Teile der Umwelt- und Klimabewegung ist. Politik bzw. Demokratie an dieser Stelle entscheidet sich letztlich im Kompromiss und damit in dem was mehrheitsfähig ist und ggf. wird. Ob das Ergebnis dann den tatsächlichen Anforderungen entspricht, wird dabei (leider) zu wenig beachtet.

Daher ist die Zielstellung immer auch um die Mehrheiten zu kämpfen. Positionen darzustellen und um Mehrheiten zu werben. Nicht ganz aus der Luft gegriffen, wird daher intensiv diskutiert, ob die Demokratie und damit das mühsame Ringen um Mehrheiten, überhaupt in der Lage ist die notwendigen Antworten zu finden.

Ich habe daran Zweifel aber ich kenne keine andere Lösung.

Wenn sich Menschen aus Enttäuschung darüber, dass das was sie für richtig und notwendig erachten aus der Politik zurückziehen verliert die Demokratie, dann verlieren wir. Demokratie ist an dieser Stelle enttäuschend, langwierig und darf dennoch kein Grund sein aufzugeben.

Nimm das viel diskutierte Beispiel Seehausen (eine inzwischen begrünte Deponie auf der eine PV Anlage errichtet werden soll).
Teile der Partei beurteilen das Thema anders. Entsprechend haben wir versucht den Prozess zu moderieren und eine Lösung zu finden, die beiden Teilen Rechnung trägt – eben ein Kompromiss, den wir auch versuchen umzusetzen.

Ich kann nicht verhehlen, dass mir an vielen Stellen nicht einleuchtet, wie etwa eine politische Mehrheit an einem Schützenhof im Auwald festhalten kann oder an einem Motodrom. Umweltpolitischen eine Katastrophe.

Politik ist damit immer auch ein Prozess von persönlicher Enttäuschung. Aber wenn Menschen mit Überzeugung und Idealen sich davon deprimieren lassen, dann kann sich nichts ändern.

Ich bin davon überzeugt, dass wir geradezu in einen Zustand der Unsteuerbarkeit rauschen, der das Leben auf der Erde umfassend verändert wird. Ich glaube nicht mehr daran, dass es gelingt, die Erderwärmung abzubremsen und irgendwie kontrollierbar zu halten und ich nehme zur Kenntnis, dass ich mich damit im Stadtrat als weiter Rufer alleine in der Wüste fühlen darf.

Aber auch das ist kein Grund aufzugeben.

Leipzig ist eine wachsende Stadt. Mehr Menschen, die in die Stadt ziehen, führt auch dazu, dass es enger wird, einerseits, andererseits führt es dazu, dass bestimmte Landstriche und Orte wieder mehr Natur haben. Natur und Umweltschutz enden nicht in Leipzig und es wäre zu kurz gegriffen, nur auf Leipzig zu fokussieren.

Nimm den Leuschnerplatz (zentraler Platz in der Stadt): Eine behutsame Verdichtung ist energetisch sinnvoller, verkehrsplanerisch besser als eine weitere Ausweitung der Stadt in der Fläche. Aber dafür wird dort grün weichen müssen. Wie soll also der Kompromiss aussehen? Wohin mit den Menschen?

….

Es ist im Zweifelsfall einfacher den Rahmen zu verlassen und zu schimpfen und mangelnde Konsequenz zu kritisieren aber was wird sich davon ändern?

Für uns bleibt nur die Auseinandersetzung und umso mehr wir uns gegenseitig schwächen, umso weniger kann sich ändern.

Liebe Grüße

Keine Antworten aber Fragen – die Schwierigkeit Widersprüche auszuhalten

Ich habe keine Antworten, ich habe Fragen. Ich habe keine Erklärungen sondern Zweifel.

Und es zerreißt mich hin und wieder.

Vielleicht ist das der größte Unterschied zu all jenen, die immer alles wissen und auf die Straße gehen.

Ich mache mir auch Sorgen wegen der steigenden Preise, viele Menschen sind betroffen.

Aber an der Rezession wird sich nichts ändern, wenn es Neuwahlen gibt oder direkt Frieden mit Russland. Dazu ist die Welt ein wenig zu komplex.

Woher soll der Frieden mit Russland kommen und wie? Da wird dann gesagt man soll verhandeln. Klar aber worüber und mit wem? Ein Land überfällt ein anderes Land, eignet sich völkerrechtswidrig dessen Gebiete an und begeht Kriegsverbrechen und wir verhandeln dann mit einem Land das nicht verhandeln will.

Wie also sieht die Lösung aus, von denen, die einfach so Frieden rufen und ich glaube die wenigsten Menschen wünschen sich Krieg.

Natürlich ist das deutsche Handeln von Hybris geprägt. Weil wir nicht überall auf der Welt die gleichen Maßstäbe anlegen. In dem einen Land kritisieren wir Menschenrechtsverletzungen, an anderer Stelle herrscht Schweigen.

Da wird gesagt wir müssten nur Kohle und Atomkraft länger laufen lassen, dann gehen die Strompreise nach unten. Ach wäre die Welt nur so einfach.

Die Welt ist nicht einfach, die Welt der Menschen ist auch nicht gerecht oder fair und es gibt keine einfachen Antworten auf alle Fragen. Unmöglich.

Menschliche Größe zeigt sich darin Widersprüche auszuhalten und sich Gewissheiten zu verweigern und einen Umgang mit der eigenen Angst und Unsicherheit zu finden. Es geht darum die richtigen Fragen zu stellen und auch mit Antworten, die uns nicht gefallen zu leben.

Ganz viele beziehen sich aufs Grundgesetz und auf Art. 20 Grundgesetz. Da steht alle Macht geht vom Volke aus und auch irgendwas vom Widerstandsrecht.

Man nimmt sich das was man braucht. Weil da steht alle Macht geht vom Volke aus und man ja meint, dass Volk zu sein, meint man auch zu wissen, dass die Regierung nicht rechtmäßig handelt. Das es Gewaltenteilung gibt und wir ein System der repräsentativen Demokratie haben, durch Wahlen zum Beispiel, wird ignoriert. Das Demokratie am Ende meist im Kompromiss endet, der möglichst viele einbindet und eben nicht der reine Sieg der Mehrheit über die Minderheit ist, wird ausgeblendet. Demokratie ist bisweilen mühsam, schön wenn man die eigene Wahrheit hat.

Und bitte zitiert nicht mehr Art. 20 IV GG. Das Widerstandsrecht greift erst dann, wenn jemand die verfassungsmäßige Ordnung beseitigen will und es keine andere Möglichkeit mehr gibt.

Nur weil Medien manchmal nicht das schreiben, was ich für richtig halte, oder die Regierung Fehler macht und es auch justizielle Fehlentscheidungen gibt, ist die verfassungsmäßige Ordnung nicht in Gefahr.

Sie gerät aber in Gefahr durch die, die keine Widersprüche kennen, nur einfache Antworten und Losungen wollen und die meinen, dass wir schon in einer Diktatur sind und fröhlich Widerstand blöken und nicht begreifen, dass sie selber Mitläufer sind.

Die Welt ist nicht einfach, sie ist nicht gerecht, schon gar nicht fair und der Mensch ein nur begrenzt intelligentes Wesen.

Widersprüche aushalten und Zusammenhalten statt Eindeutigkeit und Nationalismus.

Cancel Culture – Die größte Gefahr für die Meinungsfreiheit?

Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU weiß zu berichten, dass aus seiner Sicht die größte Gefahr für die Meinungsfreiheit die sog. CancelCulture sei.
CancelCulture ist ja die Behauptung, dass durch lauten Protest bestimmte Meinungen unterdrückt werden könnten. Man wird aber verlangen können, dass Menschen im Sinne einer Selbstbehauptung standhalten.
Der Subtext lautet: Linke Aktivisten gehen gegen völlig legitime Meinungen vor, so verbreitet es die Zeitung „Die Welt“.

Zunächst mal muss man sortieren. Die Meinungsfreiheit ist kennzeichnend für die Demokratie. Der Meinungsstreit im Sinne eines auch konfrontativen Dafür und Dagegen haltens ist wesentliche Voraussetzung für eine pluralistische Demokratie. Dazu gehören auch Demonstrationen, die eine bestimmte Meinung kritisieren.

Und das was wiederum viele, so auch Merz offenbar verkennen, ist der Umstand das die Meinungsfreiheit ein Abwehrrecht gegen ein Handeln des Staates ist. Zensur, kann daher als solches nur der Staat ausüben. Keine Zensur ist es allerdings, demokratietheoretisch sogar notwendig, dass Meinungen umstritten sind.

Darum geht es allerdings Merz nicht. Er setzt ein Framing ein um Emotionen zu wecken. Die Erzählung ist, dass Linke die Meinungsfreiheit unterdrücken. Das wiederum ist das klassische Narrativ der Neuen Rechten, die noch jeden rassistischen Ausfall damit verteidigen, dass man es wohl noch sagen dürfe und bei jeder Kritik an ihren Positionen sofort Unterdrückung wittern. Es geht dabei nicht mehr um ein Ringen der verschiedenen Positionen sondern um das widerspruchslose aushalten noch jedes irgendwie gearteten diskriminierenden Ausfalles, der wiederum dazu führt, dass sich der Rahmen des Sagbaren verschiedet.

Dies ist wiederum ein Totschlagargument, dass da lautet, wenn du meine Meinung nicht akzeptierst machst du dich der Unterdrückung schuldig. Verkannt wird dabei, dass die Demokratie einen Rahmen hat, dass bestimmte Positionen und Meinungen zwar straflos gesagt werden können und trotzdem den demokratischen Rahmen verlassen. Sexistische und rassistische Äußerungen sind auch vom Recht der Meinungsfreiheit gedeckt verlassen aber regelmäßig den demokratischen Rahmen der durch das Grundgesetz gezogen wird. Sprache beeinflusst Denken. Die Normalisierung von einer diskriminierenden Sprache führt entsprechend auch zur Abwertung von Personen. All das sollte eigentlich bekannt sein.

Es ist auch wichtig immer wieder daran zu erinnern, dass das Grundgesetz eben auch einen Werterahmen setzt.

Merz wiederum setzt dabei 2 Punkte: ersten die „Linken“ unterdrücken uns und gehen gegen „legitime“ Meinungen vor. Was aber ist in diesem Sinne legitim und wer legt fest, ob eine Meinung legitim ist oder nicht?

Die Suggestion ist, dass völlig normale Positionen „unterdrückt“ werden sollen und darauf eine Gefahr für die Demokratie erwachse.

Das Merz selbst dabei wiederum der Spaltung der Gesellschaft Vorschub leistet, dürfte als notwendiger Kollateralschaden eingepreist sein. Die Gefahr für die Demokratie und die Meinungsfreiheit ist auch im Fall der USA nicht etwa eine irgendwie geartete CancelCulture sondern, die Spaltung der Gesellschaft und der Umstand, dass sich bestimmte Teile der Gesellschaft komplett aus dem demokratischen Diskurs verabschiedet haben und sich in ihren Glauben verschanzt haben. Die Folge davon sind gewalttätige und tötliche Dynamiken, wie sie beim Sturm aufs Kapitol deutlich werden.

In Deutschland dürfte die größte Gefahr für die Meinungsfreiheit auch darin zu sehen sein, dass rechte Netzwerke politisch engagierte Menschen, gerade im Osten, aber nicht nur da, aktiv bedrohen und einschüchtern, bis hin zu Angriffen.

Der CDU Politiker W. Lübke wurde für seine Haltung und Äußerungen ermordet. Dieses Fanal blendet Merz freilich komplett aus.

Und disqualifiziert sich letztlich selber.

Landratswahlen in Sachsen und die Gefahr für die Demokratie.

Am kommenden Wochenende ist in Sachsen Landratswahl. Erstmalig könnte dabei die AfD einen oder mehrere Landräte stellen was dramatische Folgen hätte.

Bei der letzten Landratswahl 2015 gingen alle 10 Landkreise an die CDU. In Sachsen mit wenigen Ausnahmen eigentlich seit 1990 Standard. 2015 trat allerdings die AfD noch nicht an. Das tut sie diesmal flächendeckend und zumindest in Mittelsachsen und dem Erzgebirgskreis werden ihr auch Chancen ausgerechnet.

Bei der letzten Bundestagswahl 2021 wurde die AfD in allen Landkreisen, bis auf das Vogtland, stärkste Partei in Sachsen.

Zur letzten Landtagswahl landete die AfD auf dem zweiten Platz knapp hinter der CDU und gewann eine Reihe von Direktmandaten.

Bundesweit ist die AfD zwar in der Krise, offen ist jedoch wie sich das in ihrem Stammland Sachsen auswirkt.

In Mittelsachsen etwa tritt Rolf Weigand für die AfD an. Weigand war stellv. Vorsitzender der rechtsextremen JA und gehört wie nahezu der gesamte Landesverband zum Flügel innerhalb der AfD. Ihm gegenüber stehen der CDU Kandidat Liebhauser und der parteilose Dirk Neubauer, der von SPD Grünen und Linken unterstützt wird.

Sollte es im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit geben wird ein zweiter Wahlgang notwendig bei dem die einfache Mehrheit ausreicht. Hier kommt es dann entscheidend darauf an, wie sich die anderen Parteien positionieren.

Derzeit schwer vorstellbar, dass die CDU zugunsten von anderen Kandidat*innen demokratischer Parteien zurück ziehen könnte. Dies wiederum könnte die AfD für sich nutzen.

Im Erzgebirge tritt neben der AfD auch die rechtsextreme Kleinstpartei „Freie Sachsen“ an, die in anderen Wahlkreise wiederum etwa Landkreis Leipzig direkt zur Wahl der AfD aufruft. Bei der Wahlkampfveranstaltung der AfD in Grimma etwa durfte vor Höcke, dem Apologeten der extrem Rechten in der AfD auch der Bürgermeisterkandidat der Freien Sachsen sprechen. Soviel zum Thema Unvereinbarkeitsbeschluss.

Die CDU stellt wiederum im Landkreis Bautzen mit dem stellvertretenden Landrat Witschas einen Mann auf, der auch für die AfD und Freien Sachsen wählbar ist.
Nachdem es 2016 in Bautzen zu Hetzjagden auf minderjährige Geflüchtete gekommen war, traf sich Witschas mit Vertretern von freien Kameradschaften und NPD. Ein weiterer Skandal war wiederum die Weitergabe von Informationen aus der Ausländerbehörde in ebensolche Kreise. Während der Coronakrise zeigte Witschas Verständnis für die Demonstrationen der Freien Sachsen und von Verschwörungsgläubigen.

Die Folgen:
Landräte haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Sie leiten die Geschäfte der täglichen Verwaltung und zwar alleine. Zudem haben Sie Zugriff auf die Behörden.

Dies wiederum dürfte dazu führen, dass sollte es dazu kommen, dass die AfD einen Landrat stellte, liberale Menschen abwandern. Bereits jetzt ist die Situation so, dass sich in einigen Landkreisen Menschen mit öffentlichen Äußerungen und Engagement zurückhalten, da „man nie weiß, wer als nächstes regiert…“. Dies wiederum hat Folgen für die Demokratie.

Neben den nicht unerheblichen Steuerungsmöglichkeiten die ein Landrat hat, steht daneben auch ein Prestigeerfolg, der den Anspruch der AfD nach Macht untermauert.

Dabei sollte man sich immer vergegenwärtigen, dass die AfD eine im Kern faschistische Partei ist, der es um eine Wiedergeburt des „Nationalen“ geht.

Einmal mehr steht Sachsen am Scheideweg. Auch deswegen heißt es nächsten Sonntag in Sachsen wählen gehen und demokratischen Parteien die Stimme zu geben.

Alle zusammen!- Das Verbot der Versammlung oder die Bankrotterklärung des freiheitlichen Rechtsstaates

Alle zusammen!

Die Stadt Leipzig hat die Versammlungen am kommenden Sonnabend in Leipzig verboten. Drei Versammlungen sollten sich zu einer vereinen und gemeinsam in einem Aufzug laufen.

Das Verbot der Versammlung bei dem die Polizei mit einer vierstelligen Teilnehmerzahl aus der linken Szene bundesweit gerechnet hatte, wird mit der Gefahrenprognose von Polizei und Verfassungsschutz begründet.

Tatsächlich gibt es im Vorfeld der Versammlungen einige Aufrufe in den sozialen Netzwerken, die einen unfriedlichen Verlauf befürchten lassen.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass auch die Versammlung am 18.09.2021 insgesamt nicht die Schwelle zur Unfriedlichkeit überschritten hat. Einzelne Aufrufe rechtfertigen kein Verbot.

Versammlungen und Aufzüge sind die Ausübung eines Grundrechtes und unerlässliche Voraussetzung einer Demokratie, ebenso wie das Recht auf Meinungsfreiheit.

Und zwar unabhängig davon, ob man das Anliegen der Versammlung teilen kann oder meint es sei gut und richtig oder falsch oder sogar gefährlich.
Dies spielt keine Rolle.

Auch unbequeme Meinungen muss die Demokratie aushalten, die ihren Schutz auch ihren Gegnern zur Verfügung stellt.

Versammlungen können aber nach den Umständen zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung von Auflagen abhängig gemacht werden. Im absoluten Ausnahmefall kommt auch ein Verbot in Betracht. Das allerdings nur dann, wenn mildere Mittel also Auflagen nicht durchgreifen.

Es gibt daher auch kaum Versammlungsverbote. Aus gutem Grund.

Wenn nun eine Versammlung verboten wird, wirft dies eine Reihe von Fragen auf und selbst wenn das Verbot gerichtlich halten würden, was bezweifelt werden darf, ist das, auch wenn man dem Anliegen ablehnend gegenübersteht, kein Grund zum Feiern.

Das der Staat, in diesem Fall die Exekutive, die Ausübung eines Grundrechts untersagt, welches für die Demokratie unerlässlich ist, muss jedem Demokraten Kopf zerbrechen bereiten.

Bei den Erkenntnissen vom Verfassungsschutz ist zudem darauf hinzuweisen, dass es sich um eine demokratiefremde Einrichtung handelt. Der Staat, der seine Legitimation durch den Souverän – den Bürger; erhält hat diesen nicht zu überwachen. Insbesondere auch deswegen da der VS eine chronisch unzuverlässig Behörde ist, die eine politische Führung hat.

Das der VS insbesondere in Sachsen immer wieder versucht hat die „linke Szene“ zu kriminalisieren und den Begriff des „Linksextremismus“ exzessiv weit auslegt, dürfte bekannt sein. Bereits die Teilnahme an Klimaprotesten mit der Parole „System change Not climate change“, reicht in Sachsen aus um den Verdacht von „linksextremismus“ ausgesetzt zu sein.

Auch das sich die Polizei, was sie darf, im Vorfeld zur Versammlung äußert und mehr Verbote fordert, kann nicht gefallen.

Egal, wie es am Ende ausgeht. Es ist kein guter Tag für die Grundrechte und den freiheitlichen Rechtsstaat.

Sachsen, am Tag danach.



Wieder einmal Sachsen. Die AfD wird mit deutlichem Abstand stärkste Partei und gewinnt 10 von 16 Direktmandanten. Bedeutet, dass fast der gesamte ländliche Raum in Sachsen, bis auf das Vogtland, an die AfD geht. In Dresden 2 gewinnt der CDU Kandidat nur mit 39 Stimmen Vorsprung gegen den AfD Kandidaten, welcher ein knallharter Nationalsozialist ist.

Da gibt es viel Grund für Bestürzung und Kritik und auch für Sachsen- Bashing. Ein genauerer Blick lohnt jedoch.

Fakt ist, dass bei den Zweitstimmen, also der Parteistimme AfD und CDU verloren haben, sowohl relativ als auch absolut. In Leipzig etwa hat die AfD sogar deutlich verloren.

Parallel dazu haben Grüne und SPD deutlich dazugewonnen, sowohl relativ als auch absolut.

Auch im Vergleich zum Bundestrend hat die CDU in Sachsen überdurchschnittlich viel verloren. Der Kurs der Sachsen CDU, stark konservativ geprägt, verfängt also nicht und die AfD kann davon nicht profitieren.

Ebenso wird deutlich, dass die AfD in Sachsen ein verfestigtes Kernwähler*innenpotential hat. Auch das ist keine neue Erkenntnis.

Fakt ist damit auch, dass die Gewinne bei den Direktmandaten der AfD vor allen Dingen auch durch die Schwäche der CDU zu erklären sind.

Bei Licht und Tag betrachtet gibt es also in diesem Wahlergebnis durchaus Punkte an denen man ansetzen kann und die Hoffnung geben.

Und genau darum geht es: Jetzt erst Recht in Sachsen für Demokratie streiten.

Stuttgart und dann?

Nachdem am Wochenende abermals sog. Querdenker, unter Verstoß gegen die verhängten Auflagen demonstrierten, folgt die unvermeidliche Woge der Aufregung.

Es heißt die Polizei hätte anders agieren müssen. Personelle Konsequenzen werden voreilig gefordert. Getreu dem Motto das ja irgendjemand Schuld sein muss.

Und während von einer konsequenten Ahndung von Verstößen der Maskenverweigerer nicht die Rede sein kann, wird wie gehabt der Gegenprotest geräumt inklusiver der Begleiterscheinungen, die nie fehlen: Angriffe auf Pressevertreter und Handshake von Polizeibeamten mit Querdenkern.

Eine sattsam bekannte Mischung, die sich abermals zeigt und die Erregungskurven ansteigen lässt.

Die Polizei ging im Vorfeld nur von 2500 sog Querdenkern aus. Entsprechend war der Kraefteansatz nicht ansatzweise ausreichend um bei einer vielfachen Anzahl effektiv Auflagen durchzusetzen. In der Folge konzentrierte sich die Polizei auf eine Raumsicherung und auf die Abdraengung des Gegenprotestes um Auseinandersetzungen zu verhindern.
Aus polizeitaktischer Sicht ist es deutlich einfacher eine kleinere Gruppe auch unter dem Einsatz von einfacher körperlicher Gewalt abzudraengen, auch wenn dies im Einzelfall rechtswidrig ist, als die deutlich größere Gruppe zu kontrollieren.

Im Einzelfall orientiert sich polizeiliches Handeln im Einsatz anhand von Zweckmäßigkeit und Effizienz und dann erst nach dem rechtlich Gebotenen. Es gilt die Macht des Faktischen.

Es zeigt sich auch ein systemisches Problem. Wie bei einem Großteil der vorangegangener Demonstrationen ist auch hier die Gefahrenprognose zu hinterfragen und höchst kritikwürdig. Es zeigt sich auch, dass nach wie vor der Bewegung der Querdenker massiv unterschätzt wird, hinsichtlich Mobilisierungsfähigkeit und Aggressionspotential.

Die Diskussion, die sich jetzt in Teilen entspannt, insbesondere zur Verantwortung der Versammlungsbehörde (die Stadt Stuttgart selber) geht in die Irre.

Es ist eine Armutserklärung wenn der zuständige Ordnungsbürgermeister erklärt, dass das Land die Stadt zu einem Verbot hätte anweisen können. Zuständig für Auflagen oder ein Verbot, dass immer die ultima ratio ist, ist die Stadt.

Auf der anderen Seite bringt auch der Austausch einer Person relativ wenig und die immer wieder gestellten Forderungen nach einem Verbot halte ich für gefährlich.

Die Versammlungsfreiheit und damit das Recht der öffentlichen Meinungskundgabe ist konstitutiv für eine Demokratie. Verbote sind immer nur das letzte Mittel und zwar unabhängig der Fragestellung wer mit welchem Anliegen demonstriert. Punkt!

Auch in der aktuellen Situation muss es daher möglich sein, sein Anliegen in kommunikativer Weise nach außen zu tragen.
Dazu sind Versammlungen im Zweifelsfall von Auflagen abhängig zu machen. Für die Umsetzung der Auflagen ist zunächst die Versammlungsleitung zuständig, wozu sie eigene Ordner hat.

Erst dann greift die Polizei ein. Das Versammlungsrecht ist Polizeifest. Bedeutet, dass das Versammlungsrecht lex secialis ist und nicht ohne weiteres Normen der Polizeigesetze der Länder zur Anwendung kommen.

Es wundert auch nicht, dass hinsichtlich der wiederholten Übergriffe auf Pressevertreter die Innenminister schweigen. Der in zwischen übliche Zustand, dass es am Rande solcher Demonstrationen zu Angriffen auf Pressevertreter kommt ist besorgniserregend weil es ein Angriff auf die Pressefreiheit an sich.

Zusammengefasst lässt sich festhalten:

Eine ungenügende Abstimmung zwischen Stadt und Land, eine fehlerhafte Einsatzplanung der Polizei, eine Gefahrenprognose die keine ist, führen im Ergebnis zu einer unsteuerbaren Situation und es wiederholt sich genau das, was sich seit Monaten bundesweit wiederholt.

Genau darin besteht aber die Gefahr. Ein Staat der Regelungen und Konsequenzen ankündigt, dann aber genau das Gegenteil geschehen lässt, wird unglaubwürdig. Die sog Querlenker dürften dies nicht nur als Erfolg sondern auch als Bestätigung sehen.

Und diese Ermunterung darf und muss uns Sorgen bereiten. Die Grundlage der Demokratie ist, dass es ein Versprechen von Sicherheit gibt, dass jeder Mensch frei ist seine Meinung zum Ausdruck zu bringen, im Rahmen der Gesetze, ohne dafür Konsequenzen fürchten zu müssen. Dazu gehört im Einzelfall auch, dass wir uns vereinbart haben uns als Gesellschaft im wesentlichen an die Regelungen zu halten.

Der permanente, meist folgenlose Gesetzesbruch sog Querlenker, verlässt diesen Rahmen. Das wiederholte Nichthandeln von staatlicher Seite wird damit selber zur Gefahr für die Demokratie.

Und das ist nach Leipzig, Dresden, Kassel und Stuttgart der Befund der uns wirklich Sorgen machen sollte.

Ein Rant über die Meinungsfreiheit

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Ich bin es leid, es wieder und wieder zu sagen und zu erklären…

Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, unabdingbar für die Demokratie. Sie findet ihre Grenzen in den allgemeinen Gesetzen, also solchen die keine spezielle Meinung verbieten und zum Schutz eines höherrangigen Rechtsgutes dienen. Weiterlesen „Ein Rant über die Meinungsfreiheit“