Abschied vom Osten.



Die Beschreibung einer Ostidentität war in den letzten Jahren en vogue. Die spezifische Seele galt es zu ergründen. Eine Identitätsdebatte, die vor allen Dingen viel Trennendes offenbarte und nichts löste. Medien und Politik verklärten den Osten, forderten die Integration und man überbot sich gegenseitig mit Texten und Liebesbriefe an den Osten.



Heute wird auf Demonstrationen im Osten, die sich vorgeblich mit Frieden beschäftigen, was sie jedenfalls behaupten, „Ost, Ost, Ostdeutschland“ gegröhlt – irgendwo zwischen Schwerin und Dresden.

Rechtsextreme ziehen seit geraumer Zeit gezielt in den Osten, das weite Land, empfänglicher für Populismus wie es scheint und nicht so „überfremdet“.

Es wundert nicht, dass das Institut für Staatspolitik des Neu Rechten Vordenkers Kubitschek hier ebenso zu Hause ist, wie Höcke hier erfolgreich und Elsässer mit der rechtsextremen Compact Zeitschrift besonders beliebt. 3 Westdeutsche, die den Osten verklären.

Westdeutsche Rechtsextreme nähren das Gefühl der „Ostidentität“ und ausreichend viele, die trotzig „Ostdeutschland“ rufen merken nicht, dass ihre Vordenker „Westdeutsche“ sind.

Man ist stolz darauf anders zu sein, als wäre die Identität oder Abstammung von Bedeutung. Ein spezifischer Lokalpatriotismus ist entstanden, eine Antihaltung gegen „die da oben“, „gegen den Westen“ und gegen alles was irgendwie „links und liberal“ ist. Man ruft „Freiheit“ und sehnt sich nach Autorität.

Und an vielen Stellen, zieht der Staat sich weit zurück, sind demokratische Parteien schwach, die Zivilgesellschaft auch und in der ausgeräumten Landschaft bieten Rechtsextreme Identität und Gemeinsamkeit an und füllen den sinnleeren Echoraum des Gegenwartskapitalismus.

Aus dem ergründen einer Ostidentität ist an vielen Stellen etwas neues entstanden, einer Überbetonung des Ostens, eine grimmige Selbstbehauptung gegen den „Westen“.
Aus dem latenten Gefühl der Unterdrückung, des Zu kurz gekommen Seins, ist die Erzählung des „Widerstand“ erwachsen.

Das Rechtsextremismus hier auf fruchtbareren Boden fällt, dass die AfD hier zum Teil stärkste Partei ist, hat auch mit der nicht aufgearbeiteten DDR Vergangenheit zu tun. Mit dem sich selbst als antifaschistisch deklarierenden Unrechtsstaat, indem gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ebenso zu Hause war, was gerne verschwiegen wird.

Es gibt nicht den Osten und es wird Zeit „den Osten“ zu begraben und endgültig Abschied zu nehmen. Schon in der Beschreibung „des Osten“ liegt der Fehler.

Es gibt „den Osten“ ebenso wenig wie es „den Westen“ gibt.

Die Heimatdebatte ist zur Ostdebatte geworden und wird verklärt.

Ich bin in Sachsen geboren, genau in diesem Sachsen, zähle zur viel beschriebenen dritten Generation Ost und bin fremd in meinem Land, dass mir fremd geworden ist.
Geboren in einem untergegangenen Land, dort eingeschult und im gegenwärtigen erwachsen geworden.

Es sagt nichts über mich aus, wo ich geboren bin. Nichts. Ich fühle mich nicht als Ostler und nicht als Sachse, nicht als Westler.

Meine Heimat ist nicht der Osten. Meine Heimat ist Leipzig, sind die Straßen meiner Jugend, die einstigen Häuserruinen und Hinterhöfe wo wir als Kinder spielten.

Es wird Zeit „den Osten“ zu beerdigen und zu betonen was uns vereint und nicht was uns trennt. Ich fühle mich nicht angesprochen wenn über „den Osten“ gesprochen wird.

Aber das Gefühl des „Ungerecht behandelt worden seins“, wird weitergegeben und pflanzt sich fort. Da fühlen sich Menschen einer Ostidentität zugehörig, die ihren Quell in einem untergegangenen Land hat, indem sie selbst nicht geboren wurden.

20- 30 Jährige bläken ein trotziges „Ost, Ost, Ostdeutschland“ und kennen die Geschichte bestenfalls vom Hören, Sagen.

Es wird Zeit von „dem Osten“ endgültig Abschied zu nehmen.

„Bekommt man im Rest von Deutschland mit, was sich bei uns zusammenbraut?“

diese unbequeme Frage stellt mein Freund Jakob Springfeld in einem Gastbeitrag für den Spiegel und berichtet von der rechten Raumnahme Montagabends in Zwickau.
An vielen Städten und Gemeinden finden Montagabends Demonstrationen statt, die sich aus der Bewegung der Corona Spaziergänger entwickelt haben. An nicht wenigen Orten sind es mehrere tausend, die dort demonstrieren.

Die Bedrohung stellt sich unterschiedlich dar.

Es ist eine heterogene Mischung, die dort demonstriert, die aber keine Angst mit dem Schulterschluß nach ganz rechts außen hat. Rechtsextreme und Reichsbürger mögen nicht die Mehrheit sein auf diesen Demonstrationen aber es stört sich auch offenkundig niemand daran. Angriffe auf Pressevertreter sind dabei eher die Regel als die Ausnahme.

In Leipzig demonstrierten gestern etwa 1200 Menschen. Darunter mehrere Gruppen von gewaltbereiten Rechtsextremen, unter anderem mehrere Personen mit T- Shirts der rechtsextremen Band „Kategorie C“ und der Aufschrift „Deutsche Jungs“. Am Bahnhof kommt es zu einem Übergriff auf Gegendemonstranten. Eine Person wird durch einen Tritt in die Weichteile verletzt und muss danach ins Krankenhaus. Auch an einer weiteren Stelle kommt es zu einem Angriffsversuch.

In der Demonstration neben Gruppen von Rechtsextremen auch ein Block der AfD, direkt daneben Menschen mit Fahnen der rechtsextremen „Freien Sachsen“.

Die Rednerin erklärt, dass 2022 nicht 1989 sei und 2022 an vielen Stellen schlimmer und die Lage katastrophaler sei als 1989. Offenkundig wünscht man sich die DDR zurück und lobpreist den Kapitalismus weil die Wirtschaft unbedingt gestärkt werden soll. Man wähnt sich kurz vor der nächsten „Wende“ und skandiert, dass das System am Ende sei.

Auch danach werden wieder viele Teilnehmer*innen erklären, dass sie selbst keine Rechten seien und auch keine gesehen haben, ergo das nur die böswillige Kampagne von Gegnern und Medien sei.

In Wurzen bei Leipzig demonstrieren mehrere hundert Menschen. Eine Pressevertreterin wird mehrfach attackiert. In Altenburg, Thüringen, demonstrieren etwa 3000 Menschen. In Bautzen, in Ostsachen, spricht auch der CDU Oberbürgermeister auf der rechtsoffenen Demonstration, direkt gefolgt von der AfD.

Auch in Zwickau sind es wieder mehr als 1000.

Eine Abgrenzung nach rechts findet nicht statt. „Faschisten“, dass sind doch die anderen, also die wenigen Gegendemonstranten, die Widerspruch leisten, oder die Medien. Man wähnt sich bereits im Totalitarismus und redet einem neuen nationalen Autoritarismus das Wort. Putin gilt vielen als „Erlöser“. Das Leid der Menschen in der Ukraine wird ausgeblendet. Schuld ist die Nato und zwar alleine. Das es auch in Putins Russland beispielsweise eine deutlich rigorose Coronapolitik gab als in Deutschland, blenden die „Freiheitsfreunde“ gern aus.

Für die Mitlaufenden gibt es diese intellektuellen Widersprüche und Brüche nicht. Der Böse, dass ist die Regierung und zwar unabhängig welche, die Medien, weil die nicht das schreibt was man selber für richtig hält, die Anderen.

Der Verbindungskit ist daher auch nicht die gemeinsame Idee für Morgen sondern die Verklärung der Vergangenheit und die Abgrenzung zu „den Anderen“, zum „Feind“.

Richtig ist auch, dass an vielen Orten Politik und Verwaltung bestenfalls ambivalent reagieren. Statt immer den demokratischen Rahmen zu verteidigen und darauf hinzuweisen, biedert man sich an („Bautzen“) und schafft damit einen Legitimationsraum für das Geschehen.

In der Ahnung, dass man keine Wähler*innen verprellen will, wird kein Rahmen gesetzt sondern an der Etablierung mitgearbeitet. Das wird sich auch nicht ohne weiteres zurückdrehen lassen.

Und fast überall ist der Gegenprotest in der Unterzahl, getragen von wenigen, vor allen jungen Leuten, die auf die Gefahren hinweisen. Auf die Gefahr einer Massenbewegung, die sich willig von Rechtsextremen instrumentalisieren lässt, denen es sich nicht um bezahlbare Energie geht sondern einzig und allein darum die Demokratie zu beseitigen.

Der Osten – ein Trauerspiel.

Zersetzung- ein Bericht aus dem Leipziger Stadtrat.

An mehreren Stellen gestern im Stadtrat Leipzig wurde einmal mehr deutlich, dass es der AfD nicht um konkrete Veränderung geht, schon gar nicht um die Bevölkerung oder Lösungen sondern um Zersetzung. Kein neuer Befund.

Eigene Anträge, dienen stets nur dazu, sich an den anderen Parteien abzuarbeiten. Bei 3 Anträgen anderer Fraktionen, 2 davon aus dem Migrantenbeirat, hielt die AfD vorgefertigte Reden, die mit dem eigentlichen Thema nichts mehr zu tun hatten.

Anders gesagt ging es nicht mehr um den konkreten Antrag sondern der Antrag, unabhängig des Inhalts war nur der Aufhänger, um klar rassistische Schimpftiraden voller Menschenverachtung von sich zu geben.

Konkret ging es um ein Haus der Vielfalt und Teilhabe, wo Migrantenvereine und -organisationen Räumlichkeiten finden. Solch ein Haus hat Vorteile für die notwendige Integration (Vgl. Bericht des Sachverständigenrates für Migration und Integration) und kann bei Vermittlung in den Arbeitsmarkt helfen. Es geht um eine Förderung von 50.000 Euro für das Konzept und 50.000 Euro als Mietzuschuss.

In ihrem Redebeitrag suggerierte die AfD, dass es um Millionen gehen würde, die der „deutschen“ Bevölkerung nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Auseinandersetzung mit dem Thema null.

Es geht den Vertretern der AfD damit nicht um einen demokratischen Streit sondern um die Untergrabung, mithin Zersetzung, durch das Schüren von Ängsten und Hass.

Es wird behauptet und diese Behauptungen, frei jeder Realität, werden an die Zielgruppe weitergegeben.

Dieses Vorgehen setzt sich seit geraumer Zeit fort.

Konkrete politische Lösungen, die ggf. tatsächlich eine Verbesserung darstellen würden, werden keine angeboten. Negativer Höhepunkt war, dass ein AfD Stadtrat dem Vorsitzenden des Migrantenbeirates zuzischte, dass dieser „nach Hause gehen soll“. Mehr Rassismus und Hass geht nicht.

In Zeiten der Krisen, der echten, wie gefühlten, fallen diese Methode der Zersetzung auf einen fruchtbaren Boden. Die eigene Abstiegsangst wird umgeleitet auf einen „Sündenbock“, der die Schuld trägt: „Die Ausländer“, „Die Muslime“, „Die Regierung“, etc.

Das Gefühl der eigenen Ohnmacht wird versucht mit Demonstrationen gegen „die da oben“ zu bekämpfen. Umso schlechter es dem Land geht, umso besser für die Feinde der Demokratie. Die AfD macht daraus keinen Hehl und wird dafür von ihren Anhängern gefeiert.

Sich mit Fakten auseinandersetzen, Quellen zu hinterfragen, Aussagen zu überprüfen kostet Zeit und verlangt eine geistige Auseinandersetzung.

Hass verlangt keine Auseinandersetzung sondern nur ein Objekt/ Subjekt auf das man seine negativen Gefühle transportieren kann.

Das Vertrauen in demokratische Institutionen wird fortlaufend erschüttert, Glaubwürdigkeit untergraben um Stimmung zu machen und so dem Faschismus den Boden zu bereiten.

Man sollte sich dies immer wieder vor Augen führen und in aller Mühseligkeit immer wieder darauf hinweisen.

Demokratie ist anstrengend, mitunter selten zufriedenstellend dafür oft enttäuschend und trotzdem ein Garant für Freiheit und Wohlstand in Europa.

Aus Recht und Gesetz – Soko Linx, die Brandstifer.

Der erste Fahnundserfolg der Soko Linx war ein Desaster….



Im September 2020 verkündete der damalige sächsische Innenminister einen ersten spektakulären Fahndungserfolg, der 2019 ins Leben gerufenen Soko Linx. Die Festnahme eines Tatverdächtigen im Fall der Brandstiftungen auf Baustellen der Firma Hentschke Bau in Rodewisch und Zwickau 2019, die in Zusammenhang mit neuen Gefängnisbauten standen. Für den unter Druck stehenden Innenminister war klar: es sind die Täter.



2019 wurde auf Baustellen in Zwickau und Rodewisch Feuer gelegt. Bis auf einem nicht umgesetzten Brandsatz hatten die Ermittlungsbehörden keine heiße Spur. Auf diese Spur brauchte sie Hentschke Bau selber, die den Ermittlungsbehörden eine Ordner übergaben in dem politische Gegner und ihre negativen Aussagen über Hentschke Bau fein säuberlich aufgelistet waren.



Der Geschäftsführer von Hentschke Bau in Bautzen ist umstritten. 2019 zur Bundestagswahl war er einer der größten Einzelspender der AfD und unterstützt in Bautzen auch Netzwerke der Neuen Rechten inklusive von Zeitschriften mit Inhalten, die auch aus der rechtsextremen bis verschwörungsgläubigen Ecke kommen.

In dem Ordner auch Personen des öffentlichen Lebens, die sich über Hentschke Bau und den Geschäftsführer negativ geäußert hatten.

Die Ermittler wurden bei einem Twitterprofil aufmerksam. Ein Twitterprofil, dass fälschlich meinem Mandanten zugeordnet wurde. und offenbar in das Anforderungsprofil zu passen schien: männlich, aus der Region Bautzen kommend, links.



Es wurde weiter ermittelt und unter dem Vorwand des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Hausdurchsuchung in Dresden durchgeführt. Bis auf „linke“ Aufkleber wurde nichts gefunden. Trotzdem wurde der Tatverdächtige mitgenommen und eine Geruchsprobe genommen. Mit dieser Geruchsprobe wurde ein Spürhund am Tatort eingesetzt, der eine Spur gefunden haben soll.

Für die Ermittler reichte das aus um einen Haftbefehl zu beantragen, der vor dem Amtsgericht Dresden, dass sich nicht einmal mit den logischen Problemen auseinandersetzte, Bestand hatte.

Für den Innenminister ein willkommener Fahndungserfolg. Für den Betroffenen der Beginn eines langen Alptraums. Erst nach Haftprüfung und Beschwerde entschied 2 Monate später das Landgericht, dass kein dringender Tatverdacht vorliege, der diesen Grundrechtseingriff rechtfertige. Allein eine Hundespur, unabhängig von der Plausibilität, reiche nicht aus.

Zwischendurch hatte ein Prof. der Chemie bestätigt, dass die Theorie der Hundespur Unsinn sei. Auch ein Spürhund kann keine Zellen, nach mehr als 1 Woche mehr aufnehmen, da der Zerfallsprozess abgeschlossen ist. Im vorliegenden Fall soll der Hund mehr als 1 Jahr nach der Tat eine Spur gefunden haben.

Gleichwohl wurden die Ermittlungen weitergeführt. Der Verdächtige war nach 2 Monaten Haft zwar wieder frei, für die Ermittlungsbehörden galt er aber immer noch als Hauptverdächtiger.

2 quälende Jahre später hat inzwischen die Generalstaatsanwaltschaft Dresden das Verfahren eingestellt. Ein hinreichender Tatverdacht liegt nicht vor. Der Verdächtige der auch zum Tatzeitraum ein Alibi hatte, ist damit kein Verdächtiger mehr.

Der erste spektakuläre Fahndungserfolg der Soko Linx war ein Desaster.
Einer Ermittlungsbehörde, die auf politisches Wollen hin gegründet wurde und die mehr Ermittler hat als das Abwehrzentrum gegen den restlichen Extremismus, auch den Rechten.

Seit Beginn der Arbeit der Soko Linx hat diese primär Strukturermittlungen betrieben und noch bei der kleinsten Sachbeschädigung, die Ermittlungen an sich gezogen. Im ersten Jahr des Bestehens standen so mehr als 300 „linke“ Ermittlungsfälle, nur rund 3 dutzend rechter Fälle gegenüber.

Für AfD und CO der Beleg dafür, dass die Gefahr in Sachsen von links kommt. Weil man Statistiken weder lesen noch verstehen will.

Für den Betroffenen werden sich die Akten nicht so schnell schließen. Für ihn war es ein Geschehen wie in Kafkas „Der Prozess“, festgenommen werden und erst nach anderthalb Tagen in Haft erfahren, was ihm vorgeworfen wird, 2 Monate Gefängnis und 2 Jahre lang Ermittlungen. Das hinterlässt Spuren.

Man wird es nicht ungeschehen machen können. Aber wir alle sind gut beraten kritisch zu bleiben.

Ein weiterer Montag in Leipzig

Am Rande der rechtsoffenen Montagsdemonstration in Leipzig, auf der wie immer bekannte Rechtsextremisten und Reichsbürger mitliefen, wurden ukrainische Geflüchtete beschimpft.

Die Menschen, die Opfer des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges, werden beschimpft und für die Situation mit verantwortlich gemacht.

Menschen, die gerade alles verloren haben und nichts dafür können.
Hier zeigt sich die ganze rücksichtslose Empathielosigkeit und die tief sitzenden Ressentiments derjenigen, die Frieden, Freiheit rufen und Putin huldigen.

Durchsetzt mit Rechtsextremisten und angefeuert von eben diesen wird die eigene Abstiegsangst umgeleitet in Hass auf Politik, Medien und Geflüchtete.

Und die vorgebliche Mitte der Gesellschaft schweigt uns begreift nicht wie existenziell die Bedrohung für die Demokratie in einigen Teilen des Ostens durch extrem Rechte bereits ist.

Demokratie braucht Haltung und Menschen, die diese Haltung ganz selbstverständlich leben und Widerspruch deutlich machen, wenn die Demokratie und ihre Werte in Abrede gestellt werden und nach unten getreten wird.

Gerade jetzt: zusammenstehen!

Keine Antworten aber Fragen – die Schwierigkeit Widersprüche auszuhalten

Ich habe keine Antworten, ich habe Fragen. Ich habe keine Erklärungen sondern Zweifel.

Und es zerreißt mich hin und wieder.

Vielleicht ist das der größte Unterschied zu all jenen, die immer alles wissen und auf die Straße gehen.

Ich mache mir auch Sorgen wegen der steigenden Preise, viele Menschen sind betroffen.

Aber an der Rezession wird sich nichts ändern, wenn es Neuwahlen gibt oder direkt Frieden mit Russland. Dazu ist die Welt ein wenig zu komplex.

Woher soll der Frieden mit Russland kommen und wie? Da wird dann gesagt man soll verhandeln. Klar aber worüber und mit wem? Ein Land überfällt ein anderes Land, eignet sich völkerrechtswidrig dessen Gebiete an und begeht Kriegsverbrechen und wir verhandeln dann mit einem Land das nicht verhandeln will.

Wie also sieht die Lösung aus, von denen, die einfach so Frieden rufen und ich glaube die wenigsten Menschen wünschen sich Krieg.

Natürlich ist das deutsche Handeln von Hybris geprägt. Weil wir nicht überall auf der Welt die gleichen Maßstäbe anlegen. In dem einen Land kritisieren wir Menschenrechtsverletzungen, an anderer Stelle herrscht Schweigen.

Da wird gesagt wir müssten nur Kohle und Atomkraft länger laufen lassen, dann gehen die Strompreise nach unten. Ach wäre die Welt nur so einfach.

Die Welt ist nicht einfach, die Welt der Menschen ist auch nicht gerecht oder fair und es gibt keine einfachen Antworten auf alle Fragen. Unmöglich.

Menschliche Größe zeigt sich darin Widersprüche auszuhalten und sich Gewissheiten zu verweigern und einen Umgang mit der eigenen Angst und Unsicherheit zu finden. Es geht darum die richtigen Fragen zu stellen und auch mit Antworten, die uns nicht gefallen zu leben.

Ganz viele beziehen sich aufs Grundgesetz und auf Art. 20 Grundgesetz. Da steht alle Macht geht vom Volke aus und auch irgendwas vom Widerstandsrecht.

Man nimmt sich das was man braucht. Weil da steht alle Macht geht vom Volke aus und man ja meint, dass Volk zu sein, meint man auch zu wissen, dass die Regierung nicht rechtmäßig handelt. Das es Gewaltenteilung gibt und wir ein System der repräsentativen Demokratie haben, durch Wahlen zum Beispiel, wird ignoriert. Das Demokratie am Ende meist im Kompromiss endet, der möglichst viele einbindet und eben nicht der reine Sieg der Mehrheit über die Minderheit ist, wird ausgeblendet. Demokratie ist bisweilen mühsam, schön wenn man die eigene Wahrheit hat.

Und bitte zitiert nicht mehr Art. 20 IV GG. Das Widerstandsrecht greift erst dann, wenn jemand die verfassungsmäßige Ordnung beseitigen will und es keine andere Möglichkeit mehr gibt.

Nur weil Medien manchmal nicht das schreiben, was ich für richtig halte, oder die Regierung Fehler macht und es auch justizielle Fehlentscheidungen gibt, ist die verfassungsmäßige Ordnung nicht in Gefahr.

Sie gerät aber in Gefahr durch die, die keine Widersprüche kennen, nur einfache Antworten und Losungen wollen und die meinen, dass wir schon in einer Diktatur sind und fröhlich Widerstand blöken und nicht begreifen, dass sie selber Mitläufer sind.

Die Welt ist nicht einfach, sie ist nicht gerecht, schon gar nicht fair und der Mensch ein nur begrenzt intelligentes Wesen.

Widersprüche aushalten und Zusammenhalten statt Eindeutigkeit und Nationalismus.