„Wer auf einem Stein steht sucht die Auseinandersetzung.“ – über die Merkwürdigkeiten eines versammlungsrechtlichen Prozesses

Ich war gestern am Amtsgericht Berlin im Rahmen einer versammlungsrechtlichen Strafsache als Verteidiger tätig. Den 3 Angeklagten wurde unter anderem versuchte gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, vgl. §223, § 224, §22, §23 StGB. Sie sollen am Rande einer Demonstration versucht haben einen Rechtsextremen zu schlagen, gemeinschaftlich. Der Prozess förderte Merkwürdigkeiten en gros zu Tage und endete mit Freisprüchen nachdem selbst die Staatsanwaltschaft keine konkrete Tathandlung erkennen konnte. Weiterlesen „„Wer auf einem Stein steht sucht die Auseinandersetzung.“ – über die Merkwürdigkeiten eines versammlungsrechtlichen Prozesses“

Über Schienenverkehr in Sachsen.

Ich war am Wochenende in Limbach- Oberfrohna. Limbach- Oberfrohna ist eine große Kreisstadt im Landkreis Zwickau mit ca 24.000 Einwohner. Die Innenstadt ist pitoresk, wenn auch ein wenig verschlafen. Die Stadt lädt zum verweilen ein. Allerdings kam sie auch wegen rechter Umtriebe immer mal wieder in die Schlagzeilen, aber davon soll hier nicht die Rede sein.
Allein ist die Frage, wie man die Stadt erreicht.

Die letzte Eisenbahnlinie wurde 2000 eingestellt. Von Leipzig aus kommend hätte man mit dem ÖPNV/SPNV mehr als 2 Stunden benötigt. Im Bestenfall 2:13 Minunten um die rund 73 Kilometer zurückzulegen. Dabei hätte man auch noch 2 mal umsteigen müssen und für eine Fahrt ohne Bahncard mindestens 15,50 Bahnticket und weitere 5 Euro für den Bus bezahlt.

Wäre ich die Strecke mit dem Auto gefahren hätte ich nur für die Benzinkosten gerechnet bei einem Benzinpreis von 1,30 und einem Verbrauch von 10 l 9,47 € ausgegeben. Zu Recht werden einige anmerken, dass zu den Kosten für das Auto noch die Anschaffungs- und Unterhaltskosten gehören. Diese werden aber regelmäßig in der Betrachtung außen vor gelassen und kaum gegengerechnet. Weiterer Vorteil für das Auto sind außerdem die Bequemlichkeit und Flexibilität. Die Bahnfahrt muss man planen, schon um die ganzen Umsteige- und Anschlussmöglichkeiten nicht außer acht zu lassen mit dem Auto kann man einfach losfahren.

Dazu kommt, dass einige Buslinien am Wochenende äußerst selten verkehren. Nach Schneeberg, im Erzgebirge etwa, wobei man für die 113 km mit dem ÖPNV/ SPNV mehr als 3 Stunden braucht, wird man zwar noch erreichen aber in den Abendstunden nicht mehr verlassen können. Die letzte Möglichkeit Schneeberg, an einem Sonnabend, ohne Auto zu verlassen, Richtung Leipzig, ist 17:55 Uhr.

Im Ergebnis kann man feststellen, dass einige Bereiche von Sachsen schlicht und ergreifend nicht ohne Auto sinnvoll zu erreichen sind. In bestimmten Regionen besteht damit ein Zwang zum Auto.

Dieser Zwang wird unterstützt dadurch, dass einige Linien eingestellt wurden, da die Auslastungszahlen nicht stimmen. Die richtige Antwort wäre gewesen, dass Angebot durch einen integralen Taktfahrplan zu verbessern und dadurch mehr Menschen zu gewinnen. Gehandelt wird gegenteilig mit den erwartbaren Folgen. Diese Abwärtsspirale setzt sich fort und zentrale Bemühungen für eine saubere Luft und zur Reduzierung des Straßenverkehrs werden willentlich sabotiert.

Auch im Fernverkehr ist das Bild nicht besser. Die Strecke Dresden-Leipzig, für einige Pendler nicht uninteressant, wird an einem Wochentag um 19:13 Uhr zuletzt von einem IC angesteuert. Anderthalb Stunden später fährt zumindest noch ein EC und im Übrigen im Stundentakt ein Regionalzug.

Kurz und gut es ist mehr als verständlich, dass unter diesen Voraussetzungen viele Menschen geradezu auf ein Auto angewiesen sind. Wer das ändern will muss das Angebot im Schienenverkehr und ÖPNV deutlich verbessern. Die Regionen anbinden, die Preise bezahlbar gestalten und den Taktfahrplan integral gestalten. Das dies funktionieren kann zeigt etwa das Beispiel Schweiz.

Aber wer das will sollte bei der nächsten Wahl auch entsprechend wählen gehen. Weitere Infos zum Thema Verkehr in Sachsen etwa bei Mobiles Sachsen.

PS: Im Ergebnis bin ich mit dem Zug von Leipzig nach Burgstädt gefahren und von dort aus die letzten 8 km mit dem Rad. Wohldem der ein Rad und zwei gesunde Beine sein eigen nennt und Bundesstraßen nicht scheut.

 

Baumschutz – Make Naturschutz great again

Naturschutz ist nicht hip.

Tierschutz ist hip. Vegan leben geradezu angesagt. Gegen Kohle zu sein ist auch ok weil es Dank Ende Gelände geradezu eine rebellische Attitüde hat und vermittelt das es um das große Ganze geht. Aber Naturschutz? Fehlanzeige.  Bei vielen scheint klassischer Naturschutz also die Auseinandersetzung mit Flora und Fauna zwar wichtig zu sein aber eben irgendwie unspannend.

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Rechtliche Anmerkungen zu Themar

Am Sonnabend den 15.07.2017 fand im südthürinigschen Themar ein Nazifestival unter dem Namen „Rock gegen Überfremdung“ statt bei dem mehr als 6000 Rechtsextreme zusammen kamen. Im Nachgang der Veranstaltung fordern die ersten die Einschränkung des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit, wie Thüringens Ministerpräsident Ramelow. Die Bilder von 6000 Rechtsextremen erscheinen schwer erträglich. Aber es hätte auch andere Möglichkeiten gegeben.

Für das Nazifestival in Thremar wurde das Versammlungsgrundrecht angewandt. Das Festival stand damit unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 I GG. Bedeutet, dass alle entstandenen Kosten für Polizei und Sicherheit von der Allgemeinheit getragen werden.

Dass bedeutet, dass es sich um eine öffentliche Versammlung handeln muss. Das Erheben von Eintrittsgeldern steht der Öffentlichkeit nicht entgegen, vgl VGH Mannheim 1993.

Im Mittelpunkt muss die kommunikative Meinungskundgabe stehen. Das alleinige abspielen von Musik reicht nicht aus. Soweit so klar.

Auf etlichen Bildern ist zu sehen, wie Teilnehmer zum Festival zum Teil vermummt erscheinen. Das ist mit § 17a VersG verboten und wird als Straftat nach § 27 VersG geahndet.

Weiterhin stellt das Zeigen des Hitlergrußes wie auf vielen Bildern zu sehen eine Straftat nach § 86 a, § 86 StGB dar – als verwenden und verbreiten von verfassungsfeindlichen Schriften.

Das Grundgesetz ist in Abkehr zum Nationalsozialismus entstanden, weswegen die positive Bejahung dessen bereits strafbar ist.

Es ist nicht feststellbar, das die Polizei vor Ort versucht hat das Zeigen von Hitlergrüßen zu unterbinden. Auch die Gesamtzahl von 46 Anzeigen sprechen eher nicht dafür.

Viele Fragen sich warum?

Das Konzept der Polizei dürfte auf das Hauptaugenmerk Trennung der Lager und defensiver Raumschutz gelegen haben. Bedeutet, dass die Polizei zwar vorab kontrolliert hat aber der Einsatz zu keinem Zeitpunkt darauf ausgelegt war nötigenfalls die Versammlung aufzulösen und Straftaten zu ahnden.

Spätestens bei dem massenhaften Zeigen des Hitlergrußes wäre dies aber angezeigt gewesen.

In Hinblick auf das vorhandene Gewaltpotential hat man sich offensichtlich dafür entschieden, eine reine Defensivstrategie zu wahren und sehenden Auges Straftaten zu dulden.

Eine Debatte über eine Einschränkung des Versammlungsrechts hätte es nicht bedurft wenn die bestehenden Gesetze vorher angewendet worden wären.

Der Strafrahmen: Verstoß gegen das versammlungsrechtliche Vermummungsverbot: Geldstrafe oder Haft bis zu 1 Jahr.

Verstoß gg. 86, 86 a StGB: Geldstrafe oder bis zu 3 Jahre Haft.

 

Du mein Leipzig – ein Rantpost.

Es ist gar nicht lange her, da wurde Leipzig hochbesungen. Es war das Disneyland des Unperfekten. Ein Versprechen auf eine andere Zukunft, Ort voller Möglichkeiten. Die größte Provinzmetropole der Welt, irgendwo zwischen liebevollen Größenwahn und kleinem Denken- das war Hypezig.
Und diejenigen, die anfingen Werbung damit zu machen haben es nicht verstanden!

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Klarstellung zu #G20 in #Hamburg

Zur Klarstellung in Abstimmung mit dem Landesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen:

1) Die Bilder, die uns am Wochenende aus Hamburg erreichten, haben uns alle schockiert. Wir GRÜNEN lehnen jedwede Gewalt kategorisch ab. Zerstörte Geschäfte, brennende Autos und enthemmte Gewalt sind durch nichts zu rechtfertigen. Unsere Gedanken sind bei den vielen verletzten Menschen, den Polizeibeamt*innen, Demonstrant*innen und bei allen, die
durch die Gewalt betroffen waren. Weiterlesen „Klarstellung zu #G20 in #Hamburg“

Episches aus Recht und Gesetz, diesmal Beleidigung.

Episch. Aus Recht und Gesetz.
„Kasek, du verlauste grüne Wanze bekommst was du verdienst.“
Dies hat eine Bürger auf der Seite des rechtsextremen Netzwerkes „Wir für Leipzig“ gepostet und hat jetzt bekommen was er verdient: 15 Tagessätze a 30 €, inklusive Auslagen, wozu bei mir 2 Stunden Arbeitsausfall gehören und die sind bei Anwälten nicht billig.
Vorab hatte der Angeklagte geäußert, dass er dies nicht für eine Beleidigung halte.
Auf Nachfrage des Staatsanwaltes warum er dies denn glaube hatte er sinngemäß geantwortet. die nennen sich doch alle so. Die sind in diesem Fall die Antifa, die Linken, etc.
Der Staatsanwaltschaft hatte geantwortet, dass er viele Linke kenne und das nicht bestätigen könne, ihn hätte noch nie ein Linker so genannt.
In meiner Aussage hatte ich betont, dass ich das ganze für eine Beleidigung halte und auch darauf abgestellt, dass jeder Friseur bestätigen kann, dass ich gepflegte Haare habe und nicht verlaust bin.
Der Bürger, der sich auch nicht reumütig zeigte, ist nun rechtskräftig nach §185 StGB verurteilt wegen Beleidigung und ich hoffe er lässt es sich eine Lehre sein. Viel Hoffnung habe ich nicht. Aber immerhin.
PS: Er war nicht der Einzige. Er wird nicht der Einzige bleiben. Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenzen im Rahmen der allgemeinen Gesetze, vgl. Art. 5 Abs. 2 GG. Wer andere beleidigt, bedroht oder verleumdet oder NS Propaganda verbreitet ist raus. Basta.

 

#G20 – wie der Rechtsstaat verliert

Schon bevor der G20 Gipfel begonnen hat, ist es zu ersten Scharmützeln gekommen. Betrachtet man die Aussagen des zuständigen Innensenators und des Einsatzleiters der Polizei waren diese Eskalationen absehbar, wenn nicht gar gewollt.

Mit dem Verweis auf Gewalttäter werden per polizeilicher Allgemeinverfügung Camps verboten und es wird selbst gegen Ansammlungen vorgegangen, die sich als bloßes zusammenstellen von mehreren Menschen darstellen (sog. cornern). Ebenso wurde das Hausrecht von Theatern und Kirchen durch die Polizei missachtet und widerrechtlich in Gebäude eingedrungen.

Deswegen sei an dieser Stelle auf Grundprinzipien des Rechtsstaates hingewiesen, die gerade in massiver Art und Weise durch die Hamburger Polizei verletzt werden. Weiterlesen „#G20 – wie der Rechtsstaat verliert“

#G20 – erste Gewalt – ein Kommentar

In der Nacht ist es in Hamburg zu ersten Auseinandersetzungen gekommen. Die Polizei setzte Pfefferspray ein um ein Camp von G20 Gegnern zu räumen.
Der Versuch das Protestcamp zu verhindern obwohl das Komplettverbot aufgehoben wurde ist eine Meuterei der Exekutive gegen die Judikative. Noch letzte Woche hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Protestcamps vorläufig dem Schutz der Versammlungsfreiheit zu unterstellen sind (Beschluss 1 BvR 1387/17).  

Danach hatte die Stadt eine neue Verfügung erlassen und weiterhin versucht die Protestcamps zumindest teilweise zu verbieten. Dazu hatte das Verwaltungsgericht Hamburg Stellung bezogen und die Verfügung teilweise wieder aufgehoben, vgl. VG HH (PDF). In einer neuen Entscheidung des VG HH wurde allerdings der Antrag abgelehnt, vgl. VG HH 02.07.

Zum Hintergrund die Pressemeldung des OVG Hamburg: Presse

Die Bilder der Räumung der gestrigen Nacht, der Eindruck das die Polizei mit allen Mitteln Protest unterbinden will, wird neue Wut entstehen lassen weil auch diejenigen kriminalisiert und getroffen werden, die friedlich protestieren wollten. Getroffen werden damit nicht die Gewalttäter sondern Alle. Weiterlesen „#G20 – erste Gewalt – ein Kommentar“

Über Zivilcourage

Als ich gestern auf dem Heimweg nach der Global Space Odyssey war bin ich in eine Auseinandersetzung geraten. Wahrgenommen habe ich eine aggressive Situation in der 2 männliche Personen eine Radfahrerin bedrängt haben. Eine der männlichen Person hat die Radfahrerin als „Fotze“ bezeichnet, sie angespuckt und versucht gegen sie körperlich vorzugehen.

Daraufhin habe ich mich entschieden nicht weiterzufahren sondern eine weitere Person anzusprechen und dann deeskalierend einzugreifen. Weiterlesen „Über Zivilcourage“