Rechtsstaat am Limit oder wie man politisch motivierter Gewalttäter wird

Wie man in Sachsen als politisch motivierter Gewalttäter gilt.

Es ist Euro2024 und alle freuen sich? Nein, eine Geschichte über den autoritären Staat, Datenschutz und vermeintliche politische Kriminalität in Sachsen.

Eine Person bewirbt sich als Volunteer für die Euro2024 in Leipzig um dort auch für seine Firma arbeiten zu können. Dazu ist eine Personenprüfung vorgeschrieben.

Im Rahmen dieser Personenprüfung die über die Polizeidirektion Leipzig läuft ist als personenbezogenes Merkmal gespeichert, dass die Person als politisch- motivierter Gewalttäter gespeichert ist.

Warum?

Im Januar 2019 nahm die Person an einer nicht verbotenen Versammlung teil. Am Rande kam es zu Straftaten. Zunächst wurde auch gg die Person ermittelt.

Das Verfahren wurde mangels Tatverdacht ein Jahr später, d.h. im Januar 2020 eingestellt.

Andere Ermittlungsverfahren gibt es keine. Aufgrund der Aufnahme von polizeilichen Ermittlungen vor 5 Jahren, die mangels Tatverdacht eingestellt wurden, gilt die Person bis heute als politisch motivierter Gewalttäter im Datensystem der Polizei.

Die logische Konsequenz ist, dass auch alle Personen gegen die jemals in Sachsen in den letzten 5 Jahren wegen Teilnahme an vermeintlichen „linken Versammlungen“ ermittelt wurde und das sind weit über 1000 als politisch motivierte Straftäter gelten auch wenn die Verfahren eingestellt wurden. Was das für die Statistik des Verfassungsschutzes und der politisch motivierten Kriminalität bedeutet, muss man nicht mehr erklären.

Sachsen versucht mit allen Mitteln ein „Linksextremismusproblem“ zu konstruieren um massiv gegen linke Strukturen vorgehen zu können.

Rechtsstaat am Limit.

Grundlagen einer emanzipatorischen Kritik in Bezug auf Täter*innenvorwürfe und der Beginn des Autoritarismus.

Die Verurteilung ist inzwischen Volkssport geworden. Betroffene von Diskriminierung und Sexismus und Co melden sich zu Wort und was folgt ist von vielen Seiten ernsthafte Anteilnahme. Das ist dem Grunde nach auch gut so.

Es gilt, dass Betroffenen Glauben geschenkt werden muss.  Dieser Grundsatz ist richtig. Es kann schließlich niemand beurteilen, was eine betroffene Person schildert außer die direkt beteiligten Personen.

Einen Umgang kann es folglich nur geben, wenn man Betroffene darin stärkt sich mitzuteilen, einen Schutzraum schafft und dann einen Umgang damit ermöglicht. Diese Stärkung gelingt aber nicht, wenn die Äußerungen von Betroffenen zunächst in Zweifel gezogen werden.

Aus diesem Grundsatz werden aber falsche Folgerungen abgeleitet, die für eine freiheitliche Gesellschaft fatal sind. Es gibt einen relevanten Unterschied zwischen „Betroffenen Glauben schenken“ und damit umgehen.

Ein notwendiger gesellschaftlicher Unterschied, der auch Folgen für den Umgang mit dem Geschehen hat und vor Vorverurteilungen schützen soll.

Aus dem Grundsatz das Betroffenen Glauben zu schenken ist, resultiert nämlich eben nicht zwangsläufig, die Verurteilung des Gegenüber. Wäre dem so, bräuchte es keinen Rechtsstaat und rechtsstaatliche Verfahren mehr und wir würden eintreten in eine Ära des Autoritären, in der Aussagen von Opfern, vermeintlichen wie echten, das Verfahren ersetzen würden.

Mit der Äußerung der betroffenen Person, die ein verletzendes Verhalten schildert, wäre nämlich dann das Verfahren beendet. Die betroffene Person schildert ein Verhalten, es ist ihr zu Glauben und weil ihr zu Glauben ist, kann es auch keinen anderen Umgang damit geben.

In der Folge wird behauptet, das was Gewalt oder verletzendes Verhalten ist, ausschließlich durch das Opfer definiert wird und ergo die Deutungshoheit nicht beim Täter liegt und auch nicht bei der Gesellschaft, ergeben sich auch daraus problematische Folgen.

Dieser Kurzschluss führt direkt in einen Autoritarismus, denn postuliert wird häufig vorschnell, dass das Urteil mit der Äußerung feststeht und jeder Zweifel daran, führt zu einer Ächtung.

Damit besteht auch die Gefahr, dass Fragen von Identität oder Religion absolut gesetzt werden und jedes in Frage stellen, Sanktionen nach sich zieht, die klassische darin bestehen, den Personen, die das Verfahren in Frage stellen, Parteinahme für die vermeintlichen wie echten „Täter*innen“ vorzuwerfen.

Der Fall Gil Ofarim.

Ofarim behauptete, dass er in einem Leipziger Hotel antisemitisch beleidigt worden wäre. Diese Aussage wurde aufgenommen und es folgte eine große Anteilnahme verbunden mit einer faktischen Vorverurteilung der vermeintlichen Täter*innenpersonen. Nach einem rechtsstaatlichen Verfahren zeigte sich, die Geschichte war gelogen, was Ofarim selber einräumte. Aus einer empfundenen Kränkung des Umgangs im Hotel resultierte eine Betroffenenerzählung, eine großflächige Anteilnahme, einschließlich Vorverurteilung.

Und auch ich, war damals zu schnell bereit nicht nur den Worten Glauben zu schenken, sondern auch das Urteil vorwegzunehmen. Würde man den oben stehenden Satz, dass ausschließlich das Opfer definiert absolut setzen, was einige fordern, hätte es das Verfahren nicht mehr gegeben.

Sexualisierte Gewalt

Schwieriger werden die Fälle psychischer oder sexualisierter Gewalt, denn hier steht in einem rechtsstaatlichen Verfahren sehr oft Aussage gegen Aussage. Damit ist die juristische Ausdeutung schwierig, denn nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ gilt die Unschuld bis zum Beweis der Schuld als erwiesen.

Da aber häufig Beweise fehlen, werden auch tatsächliche „Täter*innen“ einstweilen frei gesprochen aus Mangel an Beweisen. Das aber ist die notwendige Konsequenz eines rechtsstaatlichen Verfahrens, in einem freiheitlichen Rechtsstaat, auch wenn das im Einzelfall schwer auszuhalten ist.

Es ist daher auch nachvollziehbar, dass postuliert wird, dass ein möglicher Freispruch nichts an den Vorwürfen ändert oder auch dann wenn das kritisierte Verhalten nicht einmal strafrechtlicher Natur ist, man weiterhin davon spricht, dass die Vorwürfe bestehen bleiben. Die Folgen die daraus abgeleitet werden, verraten aber oftmals die autoritäre Natur dahinter. Es geht einigen, dann weniger darum etwas zu ändern als die Deutungshoheit zu behaupten.

In einem Beispielsfall wurde einer Person etwa vorgeworfen, dass er nicht konsensualen Beischlaf mir einer anderen Person hatte. Es bildete sich aufgrund der Vorwürfe eine Unterstützergruppe, die dieser Vorwürfe fortführte.

Im rechtsstaatlichen Verfahren schließlich wurde die beschuldigte Person freigesprochen und zwar weil bereits nach den Schilderungen des „vermeintlichen Opfers“ keinen Raum für problematisches oder strafrechtlich relevantes Verhalten gab. Es standen also keine Aussagen gegenüber sondern das „Opfer“ berichtete von einem Verhalten, dass einer strafrechtlichen Bewertung entzogen war.

Den Unterstützerkreis interessierte das nicht. Es folgte dem Grundsatz, dem Opfer ist Glauben zu schenken, was Gewalt ist definiert allein das Opfer und setzte seine Kritik fort mit dem Verweis darauf fort, dass auch ein rechtsstaatliches Urteil daran nichts ändern wird. Ob auch die betroffene Person dieses Vorgehen wollte war dabei auch nicht mehr relevant.

Mehrere Ebenen wurden miteinander vermischt.

Dieses Vorgehen ändert aber nichts und es löst auch die Frage nach der Eigenverantwortlichkeit höchst einseitig auf.

Umso wichtiger ist es daher, streng zwischen „Betroffenen Glauben schenken“ und „Umgang/Verfahren“ zu trennen.

Es ist nicht emanzipatorisch vorschnell aus einer Betroffenenerzählung zwangsläufig einen „Täter*innenvorwurf“ abzuleiten.

Und auch der Satz, dass was Gewalt ist ausschließlich durch das Opfer definiert wird und damit einer Bewertung entzogen wird, ist nicht aufgeklärt sondern hat ein fast autoritäres Momentun, dass auch jede Eigenverantwortung negiert. Opfer ist demnach wer von sich behauptet Opfer zu sein. Die Folge ist der Eintritt in die dann tatsächlich selbstverschuldete Unmündigkeit.

Beispielsfall:

Zwei Personen gehen zusammen weg, trinken dabei zu viel Alkohol und vollziehen schließlich den Beischlaf. Eine von beiden Personen ärgert sich im Folgenden darüber, denn wenn sie nüchtern geblieben wäre, wäre es nicht dazu gekommen.

Eine Person würde danach sagen, dass die Täter*inperson gewusst habe, dass man keinen Alkohol trinken wolle und daher die Situation ausgenutzt hätte. Sie beschreibt folglich ein Opferverhalten, dass getreu der Behauptung, dass einzig und allein das Opfer die Deutungshoheit hat, zu einer Ächtung führen würde. Eine Eigenverantwortung gibt es nicht mehr. Opfer ist, wer behauptet Opfer zu sein. Diese Fälle gibt es tatsächlich.

Eine andere Person, die sich ebenso darüber ärgern würde, den Beischlag vollzogen zu haben, würde sich ggf. darüber ärgern und beim nächsten mal weniger trinken. Keine Opfererzählung und damit keine Tat und doch beide Situationen identisch, bis auf die Wahrnehmung des vermeintlichen Opfers.

Aus dem Glauben an die Betroffenperspektive muss sich daher ein Verfahren anschließen, dass auch der Person, der fehlerhaftes Verhalten vorgeworfen wird, einen Umgang damit zu finden und eine Auseinandersetzung zu ermöglichen.

Dies wird zum Teil negiert damit, dass es zwar Schilderung von Betroffenen gebe, die man aber aus Gründen des Opferschutzes nicht konkretisieren kann, aber man dem Glauben schenken muss, da man sonst ja dem Grundsatz dem Betroffenen Glauben zu schenken entgegen handeln würde.

Ein in sich geschlossenes System.

Das Opfer wird zum Ankläger und Richter zu gleich, eine Auseinandersetzung gibt es nicht mehr. Das wiederum ist alles aber nicht emanzipatorisch sondern vor allen Dingen Kern eines autoritären Handelns aus identitätspolitischen Gründen.

Emanzipatorisch wäre eine Auseinandersetzung, die auch der Person, der ein Verhalten vorgeworfen wird, einen Umgang ermöglicht und die Strukturen hinterfragt.

Es ist zu konstatieren, dass der Hang zum Autoritären nicht nur auf der rechten Seite stark ausgeprägt ist, sondern auch vermeintlich linke und emanzipatorische Gruppen aus Gründen des vermeintlichen Opferschutzes mehr und mehr in diese Falle tappen.

Die psychischen Folgen für Menschen, denen ein nicht zutreffender Vorwurf gemacht wird, sind darüber hinaus gravierend und können ebenso zu Traumatisierung, Angst, Depression und Scham führen und langanhaltend sein.

Umso mehr beunruhigt wie schnell inzwischen das Wort „Täter*in“ genutzt wird. Aus Gründen des vermeintlichen Opferschutzes und Unterstützung folgt eine Selbstjustiz, die nach dem archaischen „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ handelt, im Glauben auf der richtigen Seite zu stehen.

Die Grundlagen sollten daher sein:

  1. Betroffenen glauben schenken, Betroffenen zuhören und jegliches Handeln muss sich an den Betroffenen und deren Willen orientieren. Es ist nicht emanzipatorisch ohne Rücksicht auf die betroffenen Personen, insbesondere diejenige, die eine Verletzung schildern, selber das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und beweist eher einen patriarchalen, autoritären Zug.
  2. Nicht vorschnell von „Täter*innen und Opfern“ schreiben oder sprechen sondern von Betroffenen und meldenden und gemeldeten Personen um allein durch die Sprache keine weitere Viktimisierung und analog dazu Vorverurteilung vorzunehmen. (Sprache beeinflusst Denken)
  3. Den Kreis der Informierten zunächst gering zu halten um eine Auseinandersetzung zu ermöglichen. Denn ein Outcall hat meist auch für die Personen, die eine Verletzung schildern, gravierende Folgen.
  4. Der Person gegenüber der ein Vorwurf gemacht wird, die Möglichkeit der Auseinandersetzung und Reflektion einräumen, damit diese auch die Möglichkeit bekommt sich selber zu ändern.
  5. Bestehende Strukturen hinterfragen.
  6. Die öffentliche Auseinandersetzung ist das Ende einer Eskalationsspirale und ändert meist weder etwas an dem kritisierten oder täterschaftlichen Verhalten, noch stärkt sie das Opfer. Sie kann daher nicht am Anfang der Auseinandersetzung stehen sondern markiert das Ende als weithin ausgesprochene Warnung.

Hausdurchsuchungen in Leipzig und ominöse Netzwerke…

Hausdurchsuchungen in Leipzig…

Gestern fanden in Leipzig insgesamt 10 Hausdurchsuchungen bei mehr als 1 dutzend Personen statt. Ausgelöst durch die Soko Linx und begleitet von dutzenden Polizeibeamt*innen.

Der Vorwurf lautet auf der einen Seite gefährliche Körperverletzung und gegen andere Beschuldigte eine versuchte Brandstiftung.

Bei der gefährlichen Körperverletzung soll es um einen Zwischenfall am Bahnhof gehen als Pro und Contra Pegida Demonstranten aufeinander trafen.

Das was kolportiert wird ist nun ein neues mysteriöses Netzwerk, dass etwa von Tag24 schon zum „linken Prominetzwerk“ hochgejazzt wird.

Man versucht die Geschichte des bösen Linksextremismus weiter zu spinnen, indem die Geschichte immer mehr Wendungen und falsche Fährten bekommt.

Man könnte was meinen es sei Wahlkampf, dem sich auch die Staatsanwaltschaft Leipzig anschließt und sich offenbar schon darauf vorbereitet, dass möglicherweise bald Rechtsextreme regieren könnten.

Anders ist es nicht zu erklären, dass die rechtsextremen Freien Sachsen schon kurz nach den Hausdurchsuchungen Details der Durchsuchungen inklusive die Namen von einigen der Beschuldigten kennen und verbreiten.

Der Rechtsextremist, der am Bahnhof angegriffen worden sein soll, ist übrigens Kandidat der Freien Sachsen zur kommenden Stadtratswahl.

Ein Schelm wer da Zusammenhänge in irgendeiner Richtung vermutet.

Die Geschichte der Staatsanwaltschaft hat wenig Substanz, Rechtsextreme wissen trotzdem kurz danach alle Namen.

Es ist halt Sachsen und es bleibt Scheiße.

Tag X und kein Ende – was die Polizeiakten verraten

Der sogenannte Tag X, 03.06.2023, in Leipzig bewegt auch weiterhin die Gemüter.

Am Wochenende nach der erstinstanzlichen Urteilsverkündung im Fall Lina E. hatte die linksautonome Szene zu einer Reaktionsdemonstration in Leipzig aufgerufen. Diese Demonstration wurde rechtskräftig verboten. Sowohl das Verwaltungsgericht, als auch das Oberverwaltungsgericht bis hin zum Bundesverwaltungsgericht, dass erst am Ereignistag selber entschied, hatten das Verbot im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bestätigt.

Parallel dazu hatte die Stadt per Allgemeinverfügung alle Demonstrationen im Kontext dieser Demonstration verboten und ein spezifisches Demonstrationsverbot verhängt. Die Polizei hatte beginnend ab Freitagabend bis zum Sonntag hin im kompletten Süden von Leipzig ein Kontrollgebiet eingerichtet.

Aufgrund dieses massiven Eingriffs in die Versammlungsfreiheit und damit den Grundrechten, das einem faktischen Verbot gleichkam hatte der Verein Say it loud e.V., für den Sonnabend ein Demonstration unter dem Motto „die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig“ angemeldet. Diese Demonstration war nicht untersagt.

Als gegen 15 Uhr am Sonnabend das Bundesverfassungsgericht das Verbot der „Tag X“ Demonstration, die auf Höhe der HTWK starten sollte bestätigte, begaben sich auch mögliche Teilnehmer*innen dieser Demonstration zum Alexis Schuhmann Platz, dem Ort der angemeldeten und nicht verbotenen Versammlung für Versammlungsfreiheit.

Was folgte ist bekannt. Die Demonstration durfte nicht loslaufen und endete für 1323 Personen in einem Polizeikessel, der von 18 Uhr – bis gegen 6 Uhr am Folgetag reichte.

Nunmehr hat „Frag den Staat“ über das allgemeine Auskunftsersuchen Einblick in die polizeilichen Protokolle bekommen.

Die Ergebnisse lassen tief blicken. Es wird deutlich, dass es nie die Absicht gab die Demonstration laufen zu lassen. In der Gesamtabwägung war klar, dass sobald eine bestimmte Anzahl an Personen an dieser Demonstration teilnimmt, man diese nicht laufen lassen würde.

Eine politische Entscheidung, die nicht allein die Polizeiführung getroffen hat, sondern die auch durch den Innenminister gedeckt war.

In Erwägung, dass es zu Gewalt kommen könnte wurde durch die Polizei nicht durch die anwesende Polizei- und Versammlungsbehörde aka Stadt Leipzig eine stationäre Versammlung festgelegt zu einem Zeitpunkt als noch Verhandlungen zwischen Versammlungsleiter und Versammlungsbehörde liefen.

Dies geschah zu einem Zeitpunkt als es offenkundig keinen Grund dafür gab. Zu diesem Zeitpunkt war die Versammlung schon weiträumig von Polizeikräften (4000 Beamte) umstellt. Auch das sagen die Protokolle deutlich.

Mit fortlaufender Zeit wurde die Versammlungsmenge, weit über 1000 Personen, unruhiger und es kam zu einem Ausbruchsversuch aus dem zu diesem Zeitpunkt schon vollständigen Umschließung der Demonstration. In der Folge entwickelte es sich ein Krawall, der nach wenigen Minuten allerdings beendet war und sämtliche Personen auf Seiten des Heinrich- Schütz Platzes wurden umstellt.

Ursprünglich ging die Polizei davon aus, dass sie lediglich 200 Personen umstellt hatte. Es waren 1323. Selbst nach Stunden war der Polizei die Zahl nicht klar, die Versorgung unsicher und bis nachts 22 Uhr erst 100 Personen abgearbeitet.

Es ist der Offenbarungseid des Rechtsstaates. Gegen all diese Personen wird nach wie vor ermittelt wegen Verdachts des Landfriedensbruchs. Im Kessel waren auch völlig unbeteiligte Menschen, ein Großteil. Der Vorwurf sie wollten an einer angezeigten und nicht verbotenen Versammlung teilnehmen.

„Frag den Staat“ hat ebenfalls nachgefragt, ob alle Personen nunmehr in der polizeilichen Kriminalstatistik und beim VS als Linksextreme geführt werden und so Eingang finden. Es wäre keine Überraschung und auch die Argumentationsgrundlage für den rechtskonservativen Rand weitere Repressionen gegen vermeintlich linke Gruppen zu fordern.

Ich war der Versammlungsleiter dieser Demonstration, meine Freundin Irena Rudolph-Kokot war die Anmelderin.

Einer Demonstration, die nichts weiter wollte als für Versammlungsfreiheit zu demonstrieren in einem Staat, der im Einzelfall das Interesse an der Unversertheit einer Glasscheibe und Mülltonne höher gewichtet als die Grundrechte.

Wir waren bis in die Nacht vor Ort, haben versucht zu verhandeln, mit Menschen gesprochen, verzweifelte Eltern erlebt und danach mit Menschen getroffen, völlig normalen Menschen mit Familie, bei denen etwas an diesem Tag kaputt gegangen ist.

In uns ist an diesen Tag auch etwas gestorben und es verfolgt uns bis heute.

Auch wir als Versammlungsleiter und Anmelder*in haben Fehler gemacht. Auch das gehört dazu.

Und alles was wir wollen ist Gerechtigkeit für jene, gegen die zu Unrecht ermittelt wird, die zu Unrecht zu Gewalttätern abgestempelt werden und die kriminalisiert wurden.

Wir werden nicht vergessen und wir werden nicht ruhen. Wir kämpfen für Gerechtigkeit, immer noch.

Niemand muss Täter sein? – der Fall Lindemann (Rammstein)

Gestern fand in Leipzig das Auftaktkonzert der Till Lindemann Solotour statt. Mehr als 600 Menschen (nach Polizeiangaben) demonstrierten dagegen.

In der Debatte geht es ein wenig durcheinander. Einige meinen, dass der Protest schlicht unangemessen ist, weil Lindemann doch freigesprochen wurde, andere verteidigen die Kritik umso deutlicher.

Am Rande des Protests kommt es zu erhitzten Wortgefechten und mindestens eine Person deutet auch einen Hitlergruß in Richtung der Demonstrierenden an.

Ein paar Worte dazu.

Recht und Unrecht.
Richtig ist, dass Lindemann nicht verurteilt wurde. Die Staatsanwaltschaft von Berlin hat ermittelt und die Ermittlungen mangels Beweisen eingestellt, auch weil keine der direkt Betroffenen Anzeigen gestellt hat.

Im strafrechtlichen Sinne ist er damit nicht freigesprochen, das würde ein Urteil voraussetzen, sondern gilt als unschuldig.
Das ist eine strafrechtliche Bewertung und keine ethisch- moralische. Die Debatte endet damit aber nicht auch weil selbst gerichtliche Entscheidungen richtig und falsch sein können und ebenfalls Teil eines demokratischen Diskurses sind.

Die Auseinandersetzung damit ist eine gesellschaftliche und Urteile schaffen Rechtsfrieden aber befrieden keine Debatte.

Sexualstraftaten?

Sexualstraftaten sind juristisch oft besonders schwierig zu beurteilen, weil es in vielen Fällen oft auf eine Situation Aussage gegen Aussage hinausläuft. Was ist Konsens und wo endet dieser? Es gibt inzwischen eine Reihe von Fällen, wo dies auch öffentlich diskutiert wurde.
Gerade allerdings weil solche Vorwürfe sehr schwer wiegen, sollte damit sehr vorsichtig umgegangen werden und ja auch die Frage der Eigenverantwortung darf man stellen. Allerdings nicht in dem Sinne, wie das einige Anhänger von Rammstein und Lindemann tun, die meinen, dass wer in der ersten Reihe steht oder zum Backstage eingeladen wird, doch weiß worauf man sich einlässt.

Diese Argumentation läuft im Ergebnis darauf hinaus zu sagen: wer besonders leicht bekleidet irgendwo rumläuft ist doch auch selber schuld.

Hier werden klassisch patriarchale Denkmuster reproduziert. Und das ist übrigens auch das was man Lindemann und Rammstein und vielen anderen vorwerfen kann, jenseits von der Frage nach strafbaren Handlungen: das ausnutzen von patriarchalen Machstrukturen.

Cancel Culture?

Auch das Wort der sogenannten Cancel Culture wird bemüht. Eingeführt als Begriff des Kulturkampfes wird übersehen, dass Konzerte und damit auch Kultur seit jeher Gegenstand des öffentlichen Interesses und Streits ist. Seien es Proteste von Tierschützern gegen die Installationen eines Hermann Nietzsche (orgiastisches Theater), seien es Proteste gegen Metalkonzerte wegen vorgeblich satanistischer Inhalte und Co.

Nein, Streit ist nicht Cancel Culture. Streit ist elementarer Bestandteil einer Demokratie und es fragt sich warum so viele das nicht aushalten können und sich gleich gegängelt fühlen.

Im vorliegenden Fall steht die Frage von sexueller Übergriffigkeit im Raum und die Frage wo Kunstfigur Lindemann (der zu einem Song auch ein pornografisches Video gedreht hat) und Realität ineinander übergehen. Dazu kommen die Texte, die natürlich auf Skandal ausgerichtet sind.

All das kann man hinterfragen und kritisieren und muss die Auseinandersetzung damit aushalten können.

Ich halte es für zwingend notwendig auch das System von patriarchalen Machtstrukturen und das ausnutzen von Macht offen zu diskutieren und in Frage zu stellen. Das ist auch notwendig.

Würde es diese Debatten nicht geben, wäre vielleicht auch die Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar (erst seit 1997 strafbar).

All das sollte man sehen und sich damit auseinandersetzen.

Kleine Anmerkungen zum Thema Fotos von vermeintlichen Tätern zu veröffentlichen.


Gestern war es, dass mal wieder in einer Gruppe ein unverpixeltes Foto einer Person auftauchte zusammen mit einer Beschreibung, was diese Person gemacht haben soll. Im konkreten Fall, soll sich die Person (männlich) öffentlich in der Straßenbahn am Penis herumgespielt haben.

Die Aufregung darüber ist verständlich und nachvollziehbar, genau wie der Aspekt, dass man gerne andere Menschen warnen möchte. Aber das ist nicht unproblematisch.

Grundsätzlich gilt, dass Portraitaufnahmen nur (!) mit Einwilligung der jeweiligen Person veröffentlicht werden dürfen. Das ist Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das auch die eigene Darstellung in der Öffentlichkeit schützt.

Die Ausnahmen davon sind eng begrenzt etwa bei relativen und absoluten Personen der Zeitgeschichte, oder Geschehnissen der Zeitgeschichte oder bei Versammlungen. Aber auch Versammlungen dürfen Personen nur als Teil der Versammlung gezeigt werden.

Weitergehende Einschränkungen bereits für die Aufnahme ergeben sich aus der Datenschutzgrundverordnung, nach der Personen, sofern sie fotografiert werden und seien sie auch nur Teil einer Landschaft aber identifizierbar, vorab gefragt werden müssten.

Wer Bilder von Personen ohne deren Einverständnis veröffentlicht, auch wenn es sich im Einzelfall um Straftäter*innen handelt, macht sich ggf. selber strafbar. Die gut gemeinte Absicht jemand anderen warnen zu wollen, schützt davor nicht und kann nur auf der Ebene der Strafzumessung berücksichtigt werden.

Und es gilt auch hier, dass bis zur Feststellung der Schuld, die durch ein Gericht festgestellt wird, trotzdem die Unschuldsvermutung gilt.

Der richtige Weg wäre daher gewesen, eine allgemeine Warnung der Person abzugeben und ggf mit einem verpixelten Bild und im Übrigen die Polizei zu informieren oder direkt die Staatsanwaltschaft. Ermittlungsbehörde ist die Staatsanwaltschaft und nicht die Polizei, die bei Strafverfolgung nur als Ermittlungsbeamt*innen der Staatsanwaltschaft tätig wird.

In den meisten öffentlichen Verkehrsmitteln werden inzwischen auch Videoaufnahmen gemacht, die allerdings meistens nach einer begrenzten Zeit wieder gelöscht werden. Bedeutet, dass bei Geschehen etwa in der Straßenbahn zeitnah die Polizei oder das Beförderungsunternehmen informiert werden sollte damit die jeweiligen Aufnahmen gesichert werden können.

Und ja ich weiß, dass es Menschen gibt, die aus Gründen bewusst nicht zur Polizei gehen. Dafür kann man die Strafanzeigen auch anonymisiert aufgeben und es gibt eine Reihe von Initiativen, die in solchen Fällen helfen können.

Deswegen Obacht bei der Veröffentlichung von Bildern auch wenn die Absicht eine gut gemeinte ist.

Vermummte Staatsanwälte beim Leipziger Kessel

Warum es problematisch ist, wenn Staatsanwälte sich im Einsatz vermummen und vorher Absprachen mit der Polizei treffen. Ein notwendige Intervention zu #le0306.

Edgar Lopez ist ein freier Journalist, der unter anderem für Die Zeit und den Spiegel schreibt.


Die Staatsanwaltschaft ist die Anklagebehörde und sie ist dem Justizministerium unterstellt. Sie soll belastende und entlastende Beweise zusammentragen.

Wenn die Staatsanwaltschaft bereits im Vorfeld offenbar strafprozessuale Maßnahmen abspricht, geht sie von einer Strafe aus und zwar zu einem Zeitpunkt, wo noch nichts begangen wurde. Damit hebt sie die Unschuldsvermutung aus. Die Vermutung ist, es wird Straftaten geben. Wenn gleichzeitig noch vermummte Beamte der Polizei an der Versammlung teilnehmen, und der Innenminister die Zusammenarbeit der Behörden im Vorfeld lobt dann ist das ein Problem.

Dann wirkt es so, dass sich der Staat die Eingriffsgrundlage vorher selber schafft und an einem Szenario arbeitet, dass man vorher abgesprochen hat. Wenn die Staatsanwaltschaft daran mitwirkt, dann positioniert sie sich.


Wenn ein Großteil der Maßnahmen dann noch rechtswidrig ist, muss man die Arbeit der Staatsanwaltschaft sehr kritisch hinterfragen. Eine StA die einseitig belastende Beweise sichtet, verrät den Rechtsstaat und damit sind wir beim aktuellen Fall.

Staatsanwälte, die sich verkleiden… Wir erinnern daran, kein U-Haft Antrag der StA Leipzig hat vor Gericht gehalten. Keiner.
Einseitiges Handeln? Mit Sicherheit.

Härtere Strafen und härterer Unsinn. – Warum härtere Strafen reiner Populismus sind, der nichts ändert.

Es ist ein beliebtes Stilmittel des Populismus nach härteren Strafen zu rufen. Mit Straftheorien also warum man straft setzt man sich nicht auseinander. Das wäre auch zu viel verlangt und zu aufwendig und weiß, die Mehrheit der Bevölkerung tut das auch nicht.

Härtere Strafen klingen schneidig, klingen nach durchgreifen und Rechtsstaat und mit den Forderungen schafft man regelmäßig Öffentlichkeit.

Sie klingen allerdings auch nach Autoritarismus und sind der intellektuelle Offenbarungseid all jener, die angesichts von Straftaten und Zumutungen stets nur eine Antwort kennen die das Problem nicht analysiert sondern bei den Symptomen herumdoktert.

Silvesterrandale? Härtere Strafen!
Sachbeschädigung? Härtere Strafen!
Aktionen der letzten Generation? Härtere Strafen!

Gerade rechtskonservative Politiker*innen überbieten sich darin auf alle Herausforderungen des Rechtsstaates immer die gleiche Antwort gebetsmühlenartig zu wiederholen: Härtere Strafen.

So lässt sich gerade erst der Polizeigewerkschafter Rainer Wendt zitieren, dass man die Situation mit der „Letzten Generation“ erst in den Griff bekomme wenn es härtere Strafen gebe.

Dahinter steckt die Idee, dass härtere Strafen allein eine Abschreckungswirkung hätten. Das ist wissenschaftlich vielfach überlegt und ziemlich platter Unsinn.

Menschen wie Wendt oder CSU Politiker wicht das freilich nicht an. Es geht nicht um Lösungen sondern um die Debattenhoheit. Differenzierte Antworten stören da nur.

Aber was will man auch von jemanden wie Wendt anderes erwarten. Einer Person, der Nebentätigkeiten nicht angibt, sich vom Staat für eine Beamtentätigkeit bezahlen lässt, die er nicht ausübt und meint, dass Waffen der Polizei wehtun müssen und den Polizeieinsatz bei Stuttgart 21, der im Nachhinhein gerichtlich bestätigt rechtswidrig und unverhältnismäßig war, lobt?

Um der Kriminalität zu begegnen müsste man sich mit dessen Ursachen auseinandersetzen. Müsste verstehen, dass bestimmte Straftaten viel mit sozialer und nicht örtlicher Herkunft etwas zu tun haben und müsste ergo sich mit der sozialen Ungleichheit auseinandersetzen.

Beim handeln der letzten Generation, dass zum Teil nicht mal die Grenze der Strafbarkeit überschreitet und deren handeln man trotzdem kritisieren kann , müsste man sich mit den Ursachen auseinandersetzen. Müsste fragen warum Menschen bereit sind, auch im Angesicht von Polizeieinsätzen und bereits jetzt drakonischen Strafandrohungen, die einem Rechtsstaat nicht zur Ehre gereichen, trotzdem zu handeln.

Aber warum analysieren, warum hinterfragen, wenn man das Bullshitbingo des Populismus spielen kann?

Nein, härtere Strafen sind in einem Rechtsstaat nicht die zulässige Antwort auf Herausforderungen und Straftaten.

Die große „Fahrradlüge“ – eine Posse in Leipzig über das Radfahren auf der Straße.

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Die Stadt will eine neue Fahrradspur auf dem Ring einrichten. Die Diskussion läuft heiß und die Meldungen überschlagen sich. Stadträt*innen der LINKEN bringen das Wort der „Fahrradlüge“ auf, dass dankend von der BILD übernommen wird. Heute kündigt die CDU an eine Klage prüfen zu wollen.

In den Kommentarspalten kochen die Emotionen.

Was ist eigentlich los?

Die Fakten:

Die Leipziger Innenstadt wird umgeben vom sogenannten Promenandenring- einem Straßenband, dass in den inneren und äußeren Ring geteilt ist und das an einigen Stellen jeweils bis zu 4 spurig läuft.

Ursprünglich war dort die Richtgeschwindigkeit Tempo 40 angeordnet, so dass Fahrradfahrer faktisch ausgeschlossen waren. Mit der Novellierung der StVO (2009) dürfen innerorts keine Richtgeschwindigkeitsschilder mehr aufgestellt werden dürfen. Faktisch mussten diese entfernt werden. In der Folge ordnete die Stadt daher an weiten Teilen des Rings die Führung von Fahrrädern auf gemeinsamen Fuß und Radwegen an und untersagte an vielen Stellen ausdrücklich das führen von Fahrrädern auf der Fahrbahn.

Grundsätzlich gilt, dass Fahrräder immer auf der Straße zu führen sind und nur bei dem vorliegen einer besonderen Gefahr ausnahmsweise eine Radwegbenutzungspflicht oder ein Verbot angeordnet werden darf.

Ein Bürger hatte mit Unterstützung des ADFC Leipzig geklagt und 2018 letztlich vor dem OVG Bautzen mit meiner Unterstützung Recht bekommen: Die Anordnungen am Ring waren rechtswidrig.

Entsprechend erklärte die Stadt nunmehr das Urteil beachten zu wollen und umzusetzen. Dies dauerte allerdings.

Dazu kam eine Petition die forderte, dass die Verkehrsführung vor dem Bahnhof neu geordnet werden soll und ggf. eine Fahrradspur auf dem Ring eingefügt werden soll. Diese Petition fand eine Stadtratsmehrheit.

Nunmehr hat die Stadtverwaltung erklärt, dass man 2 der 4 Spuren vor dem Hauptbahnhof Nordseite herausnimmt und dafür eine Fahrradspur dort anlegt. Dies auch um das Urteil umzusetzen, der Petition Rechnung zu tragen und einen Unfallschwerpunkt zu minimieren. Auch die Ampelschaltungen sollten angepasst werden. Die Konfliktlage von Fußgängern und Fahrradfahrern vor dem Hauptbahnhof wird genommen. Fußgänger bekommen mehr Aufstellfläche, Fahrräder werden rechtskonform auf der Straße geführt, die Spurwechselkonflikte durch 4 KfZ Spuren reduziert.

Aufstand der Populisten.

Bei der Wahl der Fortbewegungsmittel werden wir schnell sehr empfindlich und niemand will sich vorschreiben lassen, wie mensch sich zu bewegen hat. Dazu kommt die Ideologiegetriebene Mobilitätsdebatte, die zu einem Verlust an Sachlichkeit führt. Entsprechend wallte die Aufregung hoch. Die LINKE beklagte wortreich nicht informiert zu sein, obwohl sie es war und sprach von der Fahrradlüge. Außerdem grub man die Idee des mittleren Rings wieder aus und damit die Vorstellung außerhalb des Zentrums Tangentialverbindungen herzustellen. Man forderte nicht etwa, dass bevor die Möglichkeit für Autofahrer eingeschränkt werden, andere Mobilitätsformen aufgewertet werden müssen sondern einfach nur eine Ausweichmöglichkeit für Autofahrer. Also die Autospur darf erst dann weg, wenn es irgendwo eine andere Möglichkeit für Autofahrer gibt. So kann man die Verkehrswende auch beerdigen.

Die CDU fantasierte in Verbund mit den Kammern wieder Staus herbei und drohte Klage an. Die Wellen schlagen sehr hoch.

Rechtliche Überlegungen.

Grundsätzlich sind straßenrechtliche Anordnungen Aufgabe der Verwaltung und somit ist der Stadtrat nicht zu beteiligen. Die Einrichtung oder Verbreiterung eines Fahrradwegs setzt keine Teileinziehung der Straße voraus.

In den Grenzen der straßenrechtlichen Widmung gilt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung der Vorrang des Straßenverkehrsrechts (aus Verfassungsblog). Während das Straßenrecht als Teil des öffentlichen Sachenrechts das Straßenland in Form von Widmungen, Entwidmungen und Teileinziehungen aufteilt und dem Gemeingebrauch öffnet bzw. entzieht, regelt und ordnet das Straßenverkehrsrecht als sachlich begrenztes Ordnungsrecht die Ausübung dieses straßenrechtlich festgelegten Gemeingebrauchs innerhalb dessen Grenzen (grundlegend zur Abgrenzung BVerfG, Beschluss vom 9.10.1984 – 2 BvL 10/82). Anders als eine Fahrradstraße schließt ein Fahrradweg keine Benutzungsart vollständig von der (gesamten) Straße aus. Vielmehr wird nur der in den Grenzen des Gemeingebrauchs stattfindende Verkehr neu geregelt, so dass eine straßenrechtliche Teileinziehung nicht erforderlich ist.

Auch auf die normalerweise übliche aufwendige Verkehrsplanung kann im Einzelfall verzichtet werden. Üblicherweise werden mit Anordnungen nach § 45 StVO zwar bereits bestehende formelle oder informelle Planungen umgesetzt. Rechtlich notwendig ist das aber nicht.

Ergo keine Beteiligung. Und auch im Einzelfall kein Klagerecht. Um klagen zu können müsste Klagebefugnis gegeben sein und damit die Möglichkeit im eigenen Recht verletzt worden zu sein. Wo aber soll das herkommen. Die CDU Fraktion war als Teil des Stadtrates nicht zu beteiligen und einen individuellen Anspruch auf fehlerfreies arbeiten der Verwaltung gibt es nicht.

Es reicht aber aus um ordentlich die Backen aufzublasen und Schaum zu schlagen. Es ist halt Vorwahlkampf und DIE LINKE; CDU und AFD werben offenbar um die sich zu kurz gekommen fühlenden Autofahrer.

Ergebnis:

Viel Wind um gar nichts. Die Situation vor dem Hauptbahnhof ist für alle Verkehrsteilnehmer unbefriedigend. Fußgänger haben zu wenig Platz und teilen sich diesen derzeit noch mit Fahrradfahrern. Viele Besucher wissen aber gar nicht, dass auf dem Fußweg auch ein Radweg angeordnet ist, so dass es immer wieder zu Beinaheunfällen kommt. Eine Neuordnung aus diesem Grund ist daher seit langer Zeit dringend notwendig.

Warum überall Autos Vorrang haben sollen erschließt sich auch nicht. Aber um Wahlkampf zu machen, jenseits von Argumenten und Sachlichkeit, reicht es allemal.

Sachsen ist sicher ? – wie man die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik interpretieren kann.

Die aktuelle polizeiliche Kriminalstatistik für Sachsen ist da. Ein kurze Analyse. Die politisch motivierte Kriminalität hat zugenommen ist die Kernaussage. Aber Vorsicht.

Wichtig ist, um die Statistik richtig zu verstehen, dass nur Anzeigen abgebildet werden, ohne Aussage darüber wozu die Verfahren geführt haben.

Aufgrund der PKS alleine kann daher keine zulässige Aussage über die Entwicklung der Kriminalität getroffen werden. Es fehlen Daten darüber wie die Anzeigen zustande kommen, ob etwa die Kontrolldichte zugenommen hat oder sich das Anzeigeverhalten verändert hat. Außerdem müsste man dann auch die Daten der Justiz daneben legen. Auch eine Aussage zur Dunkelziffer gibt es nicht. Allein aufgrund der Daten kann, anders als das Innenministerium suggeriert, keine verifizierbare Aussage zur Kriminalitätsentwicklung gegeben werden.

Ausweislich der Daten hat die Anzahl an aufgenommenen Straftaten zugenommen, ist allerdings unter dem Vor Corona Niveau. Einen deutlichen Anstieg gibt es zum Beispiel bei Straftaten gegen das Versammlungsgesetz.

Auch dazu muss man sich vergegenwärtigen, dass die Polizei zum Beispiel in Leipzig eine Vielzahl an Anzeigen wegen grober Störung einer Versammlung (22 VersG) aufgenommen hat, die großteils danach eingestellt wurden. Und zwar auch deswegen eingestellt, weil sich nach der Anzeige, die oftmals eher dazu dienen soll, eine einschüchternde Wirkung zu erzielen, herausstellt, dass ein dringender Tatverdacht nicht bejaht werden kann.

Auch die Straftaten gegen Vollstreckungsbeamte sollen zugenommen haben, dass kann auch durch ein verändertes Anzeigeverhalten bedingt sein. Einen deutlichen Anstieg gibt es in den Fallzahlen der sog. politisch motivierten Kriminalität. Wobei der größte Ausschlag im Bereich der nicht zuordnenbaren politisch motivierten Kriminalität erfolgt. Dabei handelt es sich mutmaßlich um den Schwerpunkt der Corona Demos. Schwerpunkt, wenig überraschend, sind dabei Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, s.o. .

Auch die sog. Hasskriminalität hat zugenommen. Auch das mag damit zusammenhängen, dass der Verfolgungsdruck hier deutlich zugenommen hat. Und dieser Bereich insgesamt stärker im Fokus steht.

Eine generelle Aussage, dass Sachsen besonders sicher oder unsicher sei ist allein mit der PKS nicht möglich. Schwerpunkt der politischen motivierten Kriminalität bleibt dabei wenig überraschend, trotz einer Zunahme des Verfolgungsdrucks gegen linke Strukturen, Straftaten rechts.