Politik ohne Mitte.

Die immer wiederkehrende Behauptung man müsse sich mehr um die politische Mitte kümmern (auch als Mittel gegen den erstarkenden Rechtspopulismus), ist in ihrer inhaltsfreien Unterkomplexität schon fast rührend.

Zunächst mal ist die „politische Mitte“ ein Konstrukt, das im Höchstmaß diffus ist. Weiterhin ist die politische Mitte kaum geeignet politische Forderungen zu adressieren, da eine zielgenaue Definition kaum möglich ist.

Das Problem besteht darin, dass sich die Parteien zumindest in der Wahrnehmung der Wähler*innen einander angenähert haben. Das Spektrum in dem sich die politischen Parteien bewegen ist also geringer geworden. Umso stärker kommt es daher für die Unterscheidbarkeit auf Personen an (zusammenfassende Interpretation der Zahlen von Infratest Dimap zu politischen Einstellungen in Deutschland).

Chantal Mouffe stellte bereits vor zehn Jahren anhand der Entwicklungen in der Europäischen Union fest: „Da dem Konsens gegenwärtig eine enorme Bedeutung beigemessen wird, ist weder das sinkende Interesse der Menschen an Politik noch die steigende Quote der Nichtwähler überraschend. Mobilisierung erfordert Politisierung, aber Politisierung kann es nicht ohne konfliktvolle Darstellung der Welt mit gegnerischen Lagern geben, mit denen die Menschen sich identifizieren können; einer Darstellung der Welt, die die politische Mobilisierung von Leidenschaft innerhalb des Spektrums des demokratischen Prozesses zulässt.

Nötig ist es also inhaltliche Punkte zu benennen und dort die Unterschiede auch zu politischen Mitbewerbern deutlich herauszuarbeiten. Demokratie braucht an dieser Stelle, dass Verbindende wie das Trennende um ein breites demokratisches Spektrum überhaupt abbilden zu können.

Zum leidenschaftlichen Streit gehört auch die Bereitschaft ein Risiko einzugehen und ggf. auf heftigen Widerspruch zu stoßen. Widerspruch der kennzeichnend ist für die Demokratie. Ein leidenschaftlicher Streit, der aber nach wie vor aus Angst gescheut wird, lieber konzentriert man sich darauf vermeintliche Zielgruppen zu benennen ohne aber die Themen deutlich zu betonen.

Entsprechend lässt sich die These vertreten, dass das Fehlen einer auch emotional vertretenen Debattenkultur in all ihrer Gegensätzlichkeit das Erstarken des Rechtspopulismus erst begünstigt hat.

Schlussfolgernd lässt sich sagen: „Die politische Polarisierung müsste sich wieder zwischen den etablierten Parteien um sachliche Gegensätze kristallisieren.“ (siehe auch Kulturbüro Sachsen)

Gerade in Sachsen, wo es bisweilen um die politische Kultur gruselig bestellt ist, wird es also auch darum gehen müssen, nicht nur diejenigen anzusprechen, die bereits wählen gehen sondern vor allen Dingen um diejenigen zu kämpfen und zu überzeugen, die sich nicht mehr vertreten fühlen.

 

Dazu braucht es eine klare, ehrliche Ansprache, die Bereitschaft unbequeme Positionen einzunehmen und ggf. im Dialog zu scheitern.

 

 

Autor: juergenkasek

Lebe lieber ungewöhnlich. Rechtsanwalt, Politiker, Aktivist, Umweltschützer, Blogger, Sportler

2 Kommentare zu „Politik ohne Mitte.“

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