Im Schatten des Baumes – oder die Probleme einer wachsenden Stadt.

Es gibt eine Brachfläche in der Stadt. Auf dieser steht ein wunderbarer Bergahorn. 20 m groß, 270 Stammumfang und damit geschätzt 155 Jahre alt.

Im Sommer spendet er Schatten und bietet Lebensraum für hunderte Insekten und Vögel. Er prägt die Umgebung und es ist ein ganz wunderbarer Baum. Und er muss weg.

Denn die Brachfläche soll bebaut werden mit einem Mehrfamilienhaus und einer Kita. Der Baum steht eigentlich dahinter an der Grenze und wenn man es genau nimmt, dann wäre er sogar perfekt. Denn er steht dort, wo in den Plänen ohnehin eine Freifläche geplant ist und damit könnte er, der alte Baum, die spielenden Kinder in den heißen Sommern beschützen. In seinem Schatten könnten sie verweilen, während hoch oben in der Krone die Vögel singen und es wäre ein ganz wunderbares Bild.

Aber der Baum hat Wurzeln. Und eine dieser Wurzeln ragt in den Bereich wo der Eigentümer eine Tiefgarage geplant hat. Damit muss die Wurzel an dieser Stelle weichen und damit würde dem Baum eine Lebensader gekappt und damit, so die Einschätzung verliert er die Standsicherheit und dadurch letztlich das Leben und muss weichen.

Der BUND Leipzig hat dazu eine Petition geschrieben. Für den Erhalt. Es sollen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden um Alternativen zu prüfen. Der Verwaltungsstandpunkt zu dieser Petition ist wunderbar trockene Bürokratenprosa, was weniger despektierlich gemeint ist als es klingt.

Ganz nüchtern wird erklärt, dass es keine Möglichkeit gibt den Baum unter Schutz zu stellen oder zu erhalten, da die Baumschutzsatzung zwar Anwendung findet aber Fällungen nicht kategorisch ausschließt und wenn die Stadt nun doch eingreifen würde, man ggf. Schadensersatz an den Eigentümer zahlen müsste.

Man kann es denken und ahnen. Ganz nüchtern, ganz sachlich, wird der rechtliche Rahmen dargelegt und die Mehrheit des Stadtrates wird Morgen genau das beschließen.

Ist ja nur ein Baum.

Ein Baum, in dem Alter, der eine ökosystemische Leistung aufbringt, die auch 10 Jungbäume nicht leisten können.

Im Anthropozän glaubt der Mensch immer noch, dass er bestimmen kann und planen kann und sägt damit im Wortsinn den Ast auf dem er sitzt mit ab.

Nur ein Baum und doch Ausdruck für so vieles. Man könnte auch die Tiefgarage verkleinern und vielleicht statt Einzelparkplätzen lieber die Möglichkeit für Car Sharing schaffen, im Wissen das ein Carsharing Fahrzeug 6 reguläre Autos ersetzen kann. Man könnte Platz sparen und alles dafür tun um den Baum zu erhalten.

Oder man fügt sich und übt Fatalismus. Die Geschichte der Stadt und der Sachen, die nicht gut laufen, man kann sie ganz wunderbar erzählen.

Ich kann Morgen für den Erhalt des Baumes kämpfen aber gewinnen werde ich nicht. Aber meine Stimme wird er bekommen, der Baum. Weil Natur eben doch wichtiger ist als eine Tiefgarage und sich nicht einfach ersetzen lässt.

Autor: juergenkasek

Lebe lieber ungewöhnlich. Rechtsanwalt, Politiker, Aktivist, Umweltschützer, Blogger, Sportler

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