Bauernproteste, Teil 2 – die Lobby, der Bauernverband und die CDU.

Die Bauern protestieren und an vielen Orten angeleitet auch durch die Landesbauernverbände und den Bundebauernverband an deren Spitze vor allen Dingen CDU Politiker stehen.

Es kann daher nicht verwundern, wenn zwar an vielen Stellen betont wird, dass man parteipolitisch neutral sei aber dann primär die CDU hofiert und etwa in Sachsen ausschließlich der CDU Ministerpräsident zusammen mit seinem Parteifreund dem Vorsitzenden des Landesbauernverbandes die Proteste orchestriert, die wenig mit Agrardiesel aber viel mit Wut über die Ampel zu tun haben.

Der Präsident des Bundesbauernverbandes zeigt sich dann gestern auch im Rahmen seines Statements direkt bei der Klausur der CSU.

Wer ernsthaft glaubt, es ginge hier um wirklich bessere Bedingungen für die Bauern der irrt gewaltig.

Das liegt auch daran, dass ein Großteil der Agrarpolitik in Brüssel gemacht wird und die Agrarlobby zu einer der mächtigsten Lobbyverbände überhaupt gehört und die Verflechtung zwischen Agrarlobby, Landwirtschaftsverbänden unglaublich eng sind.

Bereits 2019 hatte der NaBu eine Studie vorgelegt, die feststellt:

„Die Verflechtungen des Bauernverbandes mit Politik und Wirtschaft sind so eng, dass Umwelt und Natur, Tierwohl, Gewässer- und Klimaschutz bei politischen Entscheidungen häufig auf der Strecke bleiben. Das muss sich ändern. Zudem vertritt der Deutsche Bauernverband mit seinem exportorientierten, auf immer mehr Wachstum ausgelegten Kurs nicht die Interessen der meisten deutschen Landwirtinnen und Landwirte, die sich deutlich mehr Förderung für Tierwohl und Umweltschutz wünschen.“

Einer der maßgeblichen Akteure ist der Präsident des Bundesbauernverbandes Rukwied. Insgesamt ist festzuhalten, dass ein sehr dichtes Netz der Verflechtungen besteht.

Folge dieser Verflechtungen sind, dass etwa die Reformempfehlungen der europäischen Ebene im Rahmen des GAP , die ohnehin schon recht schwach waren, in der deutschen Umsetzung komplett aufgeweicht wurden.

Statt Zahlungen etwa an die Umsetzung bestimmter Standards zu koppeln, wurden Zahlungen in Deutschland fast ausschließlich an die Fläche gekoppelt, was dazu führt, dass große Agrarverbände davon profitieren, während viele kleinere Höfe leer ausgehen.

Der Bauernverband ist auch eng mit der Ernährungsindustrie verwoben, die sehr stark die Preise diskutieren.

Seit Jahrzehnten sind Empfehlungen zur Entkopplung dieses Geflechts nicht umgesetzt wurden und viel entscheidender die Agrarpolitik belohnt Export und Expansion, so dass viele kleine Betriebe in den letzten Jahren schließen mussten. Es bilden sich Kartelle. Die Macht liegt in den Händen weniger, die wiederum unglaublich eng mit der CDU verschmolzen sind, die aktuell daher auch nicht über Reformen reden sondern primär darüber, dass die Ampel weg muss. Es geht nicht um die Bauern, es geht nicht um eine Agrarpolitik die allen dient, es geht nur um Macht.

Zur Ehrlichkeit gehört auch dazu, dass der Verbraucher an der Misere einen Anteil hat. Gefordert werden hohe Standards bei Lebensmitteln zu Dumpingpreisen. Dass dies nicht funktionieren kann, liegt auf der Hand.

Landwirtschaftliche Produkte sind mehr wert aber so lange viele Verbraucher mehr Geld für Schönheitsprodukte als für gesunde Ernährung ausgeben liegt einiges im Argen.

Worüber gesprochen werden muss wäre eine komplette Reform der Agrarpolitik, die Umweltschutz und Tierwohl in den Mittelpunk stellt und landwirtschaftliche Produkte zu einem Realpreis anbietet. Daher müssen auch direkte Wertschöpfungsketten und Direktvermarktung gestärkt werden.

Aber für diese Hintergründe interessiert sich kaum jemand. Es reicht aus ein plattes dagegen zu präsentieren, dass wenig mit Agrarpolitik zu tun hat.

Zur Wahrheit gehört auch, dass auch die Ampel bislang dieses Grundproblem nicht ausreichend angegangen ist. Gegen die Übermacht der Bauernverbände und Agrarlobby in Personalunion mit der CDU ist dies allerdings auch schwer.

So lassen sich sowohl kleine Landwirte instrumentalisieren und der Verbraucher täuschen. Am Ende kassieren nämlich vor allen Dingen die großen Agrarbetriebe und die Vielzahl der Familienbetriebe bleibt auf der Strecke.

Deswegen Augen auf und hinterfragen.

Bauernproteste und Co

Bauernproteste?

Das Land so scheint es ist im Aufruhr. Morgen, am 08.01., soll es einen bundesweiten Aktionstag geben, der mit etlichen Blockaden daherkommt. Aber bevor man etwas einseitig verurteilt oder sich aufregt, lohnt es sich genauer hinzuschauen.

Worum geht es?

Auslöser für die massiven Proteste sind die Kürzungen im Bereich des sogenannten Agrardiesels. Derzeit werden pro Liter Diesel 47 Cent an Steuern fällig, von denen die Landwirte 21 Cent zurückbekommen.
Aufgrund des aktuellen Haushaltslochs, sind in vielen Bereichen Kürzungen angesetzt. So auch hier.

Fast alle Agrarökonomen kritisieren diese Art der Subventionen, da sie falsche, nicht nachhaltige, Anreize setzt. Aus ökologischer Sicht wäre also ein Verzicht darauf unbedingt sinnvoll.

Das Problem ist, dass viele Landwirte auf diese Arte der Subventionen angewiesen sind und die Kürzungen Folgen haben. Dies ist auch eine Folge der Fehler der Landwirtschaftspolitik der letzten 30 Jahre, die vor allen Dingen auf das Prinzip mehr und billiger gesetzt hat. Darunter litten insbesondere kleinere Familienbetriebe, die auch jetzt mit am stärksten betroffen werden.

Entsprechend argumentiert die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft damit, dass es darum geht, dass Bauern und Bäuerinnen von ihren Produkten leben müssen. Und hier liegt das Grundproblem. Viele landwirtschaftliche Produkte haben keinen real Preis sondern einen Preis der durch Lebensmittelkonzerne vorgegeben wird.

Generalstreik, rechte Unterwanderung und Co

Wie bereits in der Vergangenheit versuchen rechtsextreme die Proteste für sich zu nutzen und zu vereinnahmen. So war die Attacke auf die Fähre des Bundeswirtschaftsminister vor allen Dingen aus rechten Kreisen gesteuert, auch wenn vor Ort keineswegs nur Rechte waren.

Auch die Bewegung „Land schafft Verbindung“, die sich als Alternative zum Landesbauernverband sieht, weißt deutlich eine rechte Schlagseite auf. Der sächsische Vorstand Paul Kompe etwa läuft in seiner Freizeit offenbar in Shirts der neonazistischen Marke „Ansgar Aryan“ rum.

Auch an anderer Stelle gibt es Überschneidungen. Rechte Bauern in Sachsen sind allerdings auch keine Seltenheit.

Aber die Unzufriedenheit ist auch Einladung an diejenigen, die daraus politisches Kapital schlagen wollen. Die einen, weil sie Umsturzfantasien hegen und nunmehr von einem Generalstreik schwadronieren, die anderen weil sie die Möglichkeit sehen die Ampel anzugreifen.

Zu letzterer Gruppe gehört wenig überraschend die CDU. Viele Bauernverbände sind mehrheitlich konservativ geprägt und werden wenig überraschend von Personen geführt, die gleichzeitig auch noch ein CDU Parteibuch aufweisen. Das ist insofern ein wenig interessant weil es insbesondere die Politik der CDU, der letzten 30 Jahre war, mit freundlicher Hilfe der SPD; die zu dieser Situation maßgeblich beigetragen hat.

Das Problem sind nicht die Agrarsubventionen sondern eine falsche Agrarpolitik, deren Auswirkungen jetzt sichtbar werden.

Aberwitzig wird es, wenn CDU geführte Verbände nunmehr zum Protest aufrufen gegen eine Politik, die vorgeblich von der Ampel kommt aber in einer Situation der Bauern, die maßgeblich durch die CDU erst möglich wurde, nämlich die Abhängigkeit von staatlichen Subventionen.

Es ist daher auch keine besonders kluge Strategie im Umgang mit den berechtigten Anliegen der Bauern, einseitig vor Rechtsextremen zu warnen. Diese gibt es. Von diesen muss man sich abgrenzen, was vielen Verbänden nicht wirklich gelingt aber man sollte die Gefahr nicht größer machen als sie ist.

Politische Kultur

In der teilweise rabiaten Sprache der Proteste zeigt sich allerdings das Gift des Kulturkampfes, dass die Gesellschaft vergiftet und verrohen lässt. Angriffe wie auf die Fähre des Bundeswirtschaftsministers, Galgen oder Aufrufe wie die eines Bauernverbandes, der eine Faust gegen eine Ampel schlagen lässt oder derer der CDU Fraktion Sachsen, die den Bauern gleich mit Mistgabel in der Hand agieren lässt, schaffen eine Grundlage der Verrohung und letztlich auch der Gewalt.

Dass der Präsident des bayrischen Bauernverbandes die körperliche Unversertheit von Politikern faktisch an Bedingungen knüpft ist nur ein weiterer Punkt der Eskalationsspirale und nicht ebenfalls soll unerwähnt bleiben, dass die CDU Fraktion Sachsen den Angriff auf die Fähre rechtfertigt. Dahinter verbirgt sich die Hoffnung, die Ampel los zu werden um selber wieder nach der Macht greifen zu können.

Die strukturellen Probleme der Landwirte werden damit freilich nicht gelöst.

Blockaden und CO.

Auch dieser Punkt verdient Aufmerksamkeit, denn auch hier zeigt sich die Verlogenheit der politische Diskussion. Während temporäre Blockaden von Klimaschützern insbesondere von der CDU als „Terror“ gelabelt werden, gratuliert etwa der sächsische Innenminister den Bauern für ihre tollen Aktionen. Aktionen, die dazu führen, dass morgen in mehreren sächsischen Landkreisen keine Schulen öffnen und kein ÖPNV fährt und wo in einigen Kreisen die Bauern mitteilen, dass sich bitte Krankenhäuser und Pflegedienste darauf einrichten sollen, dass ihre Angestellten morgen ggf. nicht oder später zu Arbeit kommen.

Stellen wir uns eine beliebige andere Demonstration vor und den Aufschrei der Gesellschaft den es geben würde, wenn diese mit Ansage Rettungswagen ausbremst und aufhält.

Auf einmal scheint vieles möglich. Nur ist das alles ziemlich unehrlich und ein Innenminister, der sein Herzen für Blockaden entdeckt, wenn es ins eigene politische Kalkül passt, eigentlich ein Fall für ein Amtsenthebungsverfahren.
Aber dazu wird es nicht kommen.

Und Morgen?
Es ist kein Generalstreik nicht mal ein bisschen. Es ist auch kein rechter Putschversuch oder ähnliches. Es wird zu massiven Behinderungen des öffentlichen Lebens kommen. Trotzdem sollte man nicht die Bauern kritisieren sondern sich mit den strukturellen Problemen der Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte auseinandersetzen. Die Forderung der Bauern, dass diese von ihrer Arbeit Leben wollen ist mehr als gerechtfertigt und vielleicht sollte man doch insgesamt stärker über Umverteilung diskutieren, wenn allein die zehn reichsten Deutschen über soviel Geld verfügen (237 MIa Euro) wie der Rest aller anderen zusammen genommen.