Eine Auslieferung – der Fall Maja

In Ungarn findet regelmäßig der sogenannte „Tag der Ehre“ statt.

Deutsche Waffen-SS, Wehrmacht und ungarische Kollaborateure hatten am 11. Februar 1945 versucht, die Belagerung Budapest durch die Rote Armee zu durchbrechen – erfolglos.

Seit 1997 ist der Tag ein zentraler Gedenktag für europäische Neonazis und Revisionisten, die zum Teil in SS Uniformen in Ungarn Aufstellung nehmen.

2023 wurden mehrere Neonazis am Rande des Marsches angegriffen und verletzt. Eine der Täter*innen soll die nonbinäre Person Maja aus Thüringen gewesen sein. Ungarn hatte die Auslieferung verlangt. Eine weitere tatverdächtige Person stammt aus Italien.

Die italienischen Behörden lehnten die Auslieferung nach Ungarn ab. Insbesondere deswegen, da sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, als auch Amnesty International erkennbare Zweifel an einem rechtsstaatlichen Verfahren in Ungarn und menschenwürdigen Haftbedingungen haben. Ob Ungarn überhaupt noch als Demokratie gewertet werden kann ist auch innerhalb der europäischen Union und des Parlaments umstritten.

Das Kammergericht Berlin hatte gestern nach Antrag der Generalstaatsanwaltschaft überraschend entschieden, dass Maja nach Ungarn ausgeliefert werden kann. Die Umstände der Auslieferung werfen aber Fragen auf.

Maja wurde nachts um 4 Uhr aus der Zelle der JVA Dresden durch das Landeskriminalamt Sachsen und die berüchtigte Soko Linx abgeholt und noch in der Nacht über Österreich nach Ungarn verbracht. Dies in Kenntnis, dass der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht offen ist und eine Beschwerde zu erwarten war.

Diese wurde heute Morgen auch durch die Anwälte der betroffenen Person gestellt und das BVerfG gab der Beschwerde Recht mit der Folge, dass mitgeteilt wurde, dass die Auslieferung nicht durchgeführt werden darf und im Ernstfall die Person mit deutscher Staatsangehörigkeit wieder nach Deutschland zurückgebracht werden muss. Die Auslieferung heute Nacht erfolgte trotz Beschwerde beim BVerfG und ohne Information an die Eltern und Rechtsanwälte der betroffenen Person.

Abermals zeigt die Soko Linx Hand in Hand mit der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, dass ein rechtsstaatliches Verfahren von ihr nicht zu erwarten ist. Das Vorgehen erschüttert das Vertrauen in den Rechtssaat erheblich.

Autor: juergenkasek

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