Ein offener Brief (auch: Offener Brief, früher auch Sendschreiben oder Sendbrief, lateinisch missum) ist ein Schreiben, das als vervielfältigte Handschrift, Flugschrift, in Presse, Radio, Internet oder anderen Medien einer erweiterten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Entscheidend ist dabei, dass sein intendierter Sinn erst durch die Mehrfachadressierung – Öffentlichkeit plus Empfänger – verständlich wird. Durch die Form des offenen Briefs wird oft ein Adressat zu einer öffentlichen Stellungnahme gedrängt oder direkt aufgefordert, in der Regel erfolglos.
Wäre es nicht wahnsinnig schön, wenn wir durch einen offenen Brief einfach so den Frieden erklären könnten? Und sich die ganzen Menschheitsschinder der Übermacht des Wortes, manifestiert in einem offenen Brief, geschlagen geben und aufgeben?
Und ist da nicht auch diese weit verbreitete Hoffnung für Frieden? Eine Hoffnung für Frieden, die sich hier aber vielleicht nur so stark zeigt, weil dieser Krieg anders ist, näher unmittelbarer und unsere Lebenswirklichkeit viel stärker tangiert als all die anderen militärischen Konflikte in fernen Ländern, die wir vergessen, ignorieren können. Wie ehrlich ist dann dieses Schreiben für Frieden und zeigt es vielleicht nur, dass Frieden uns offenbar dann besonders wichtig ist, wenn er uns selbst betrifft?
Menschlich, allzu menschlich aber vielleicht ein Grund der notwendigen Selbstkritik und Eigenreflektion?
Man soll für Verhandlungen eintreten? Ja, unbedingt, soll man das. Aber Verhandlungen haben die Voraussetzungen, dass es Parteien gibt die verhandeln wollen. Und Verhandlungen, die nur dann erfolgreich sein können, wenn beide Seiten zu Konzessionen bereit sind. Aber wie sollen die aussehen? Ein souveränes Land, gibt ein Teil seiner Landesfläche ab und dafür verzichtet das andere Land darauf, dass ganze Land zu zerstören? In welcher Welt ist das ein tragbarer Kompromiss für die Angegriffenen?
Ich tue mich mit Waffenlieferungen schwer. Ein Krieg hat nichts heroisches. Ein Krieg ist immer Vernichtung, Leid, Zerstörung. Und ich kann nichts begeisterndes daran finden.
Die Aufrüstung beunruhigt mich zutiefst und ich bin überzeugt, dass ein Krieg nicht mit mehr Waffen zu beenden ist. Aber was genau ist die Alternative, wenn es keine Verhandlungen gibt weil der Aggressor nicht verhandeln will?
Wir liefern keine Waffen mehr? Und dann? Wenn der Krieg gewonnen ist für eine Seite, weil die andere Seite verloren hat, ist Frieden? Ist das das Ziel? Und ist dann Frieden und ist es dann wirklich das Ende der Konflikte?
Es wäre schön, wenn die Welt so einfach wäre. Wenn wir einfach nur offenen Briefe schreiben müssten und Dinge, die uns missfallen beenden könnten.
Ich fürchte die Welt ist ein wenig komplexer und die Realität eine andere, als das sie sich durch hinreichend bekannte Allgemeinplätze verändern liesse.
Ich bin unbedingt für Frieden. Die Aufrüstung beunruhigt mich. Die Waffenlieferungen bereiten mir Sorge. Aber ich sehe keine anderen Weg, weil vielleicht auch erst die Waffenlieferungen, so unbequem das auch ist, umso mehr Leid es bedeutet, Verhandlungen erst möglich machen.
Ich habe mehr Fragen als Antworten und mehr Sorge als Hoffnung.
Da draußen laufen Menschen, die behaupten für Frieden zu sein und in deren Worten Sorge mitschwingt und wenn man genauer hinhört ist es nicht die Sorge um die Menschen im Krieg sondern um das eigene Selbst, um den eigenen Wohlstand.
Das ist nicht verwerflich aber es ist auch nicht ehrlich.
Und Ehrlichkeit wäre das, was uns allen gut zu Gesicht stehen würde, wenn wir Frieden wollen.