Sergey ist eigentlich ein russischsprachiger Ukrainer. Aufgewachsen in Donetsk und Pastor. Sergey, dass muss man am Anfang sagen, gibt es wirklich und der Fall, den ich schildere ist aktenkundig und ich darf ihn publik machen. Der Fall verdient Aufmerksamkeit.
Bereits 2014 floh Sergej zusammen mit seiner Frau aus der Ukraine nach Deutschland. Die Separatisten hatten Donetsk eingenommen und obwohl Sergej Pastor ist und russischsprachig war er der Feind weil er sich zur Ukraine bekannte.
Gerade in der Ostukraine gibt es viele Menschen, die in der Sowjetunion geboren sind, deren Ethnie durch die Ethnie des Vaters bestimmt wird und die trotzdem Ukrainer sind.
Sergej jedenfalls wurde gefoltert und floh.
Putins Propaganda will uns glauben machen, dass Russland die Interessen, der in der Ukraine lebenden Russen schützen will. Das ist falsch. Viele ethnische Russen sind Ukrainer und bekennen sich zur Ukraine.
Die meisten, übrigens auch wie der Bürgermeister von Kiew Vitali Klitschko, haben Wurzeln in Russland und in der Ukraine. Die meisten von Ihnen haben daher 2 Herzen, so sagen sie, in ihrer Brust- ein ukrainisches und ein russisches. Letzteres ist mit dem Angriffskrieg gestorben und dennoch ist da, so sagt es Klitschko, sagt es auch Sergej, ist da kein Hass.
Sergej lebt inzwischen in Bautzen. In seinem Auto hat er eine Dashcam und eine kleine ukrainische Flagge. Am 02.04. an einer Ampel wird er von einem Wagen vor ihm ausgebremst. Ein Mann springt heraus, rennt zu seinem Kofferraum, nimmt einen Schraubenschlüssel und rennt auf den Wagen von Sergej zu und attackiert ihn. Man sieht wie Sergej aus seinem Wagen steigt und den Mann in dessen Wagen zurückschiebt. Der Angreifer ist, wie später die Polizei feststellt, Russe.
Putins Russland versucht in diesem Krieg zu vermitteln, dass jeder Mensch, der sich zur Ukraine bekennt ein Faschist sei, da, so hat es Putin begründet, die Ukraine kein eigenständiges Land ist sondern über die Kiewer Rus, integraler historischer Bestandteil Russlands. Die Abtrünnigen sind daher nicht die Separatisten sondern die Anderen, die Ukrainer, die „Faschisten“. Wenn Putin also von einer Entnazifizierung redet, meint er nicht etwa „Assow“ und andere neonazistische Gruppen, gemeint sind alle, die sich zur Ukraine bekennen.
Das wird gern ausgeklammert, gerade auch von Nato Kritikern, die meinen den Grund der Auseinandersetzung auf 2014 verlegen zu können und die NATO dafür verantwortlich machen. Geschichte ist komplexer, facettenreicher und länger als nur 8 Jahre.
Zumal die Ukraine kein Nato Beitrittskandidat war und es auch kein Abkommen mit der EU gab, auch keine Aufnahmegespräche.
Auch das wird gern vergessen und ausgeklammert.
Sergej jedenfalls wurde 2014 gefoltert und 2022 in Deutschland angegriffen.
Es wird allenthalben darauf hingewiesen, dass wir differenzieren müssen zwischen Putin und Russland aber auch in Deutschland gibt es ausreichend viele Menschen, die Putin glauben, die den Krieg für gerechtfertigt halten.
Über 140 Verfahren wurden bislang eingeleitet wegen Befürwortung des russischen Angriffskrieges.
Wenn ich in der Vorstellung lebe, dass Russlands „Entnazifizierung“ gerechtfertigt sei, landet man schnell in der Annahme, dass jeder der sich zur Ukraine bekennt ebenso ein „Faschist“ ist und Hass wird irgendwann zur Tat. Es gibt Telegramseiten und Youtube Kanäle von Deutschrussen für Deutschrussen, die vor allen Dingen russische Propaganda verbreiten. Die Kommentare sind weniger besser als das was in Pegida Kanälen zu Flüchtlingen geschrieben wird.
Es gibt keinen gerechten Krieg und es gibt keine Rechtfertigung für Krieg. Nie.
Geschichte ist meist komplexer und vielschichtiger aber die Lernbereitschaft des Menschen offenbar überschätzt.
Stay with Ukraine. Gegen den Krieg, gegen Gewalt, gegen den Hass.