Der Präsident des Verfassungsschutz Sachsen hatte zu einem Pressegespräch geladen. Die Merkwürdigkeiten des Inhalts, die Aussagen und Hintergründe sind für das Verstehen der Behörde lohnend. Der folgende Text stützt sich im wesentlichen auch auf kleine Anfragen des geschätzten Landtagsabgeordneten Valentin Lippmann.
Inhaltlich hat der Präsident des VS Sachsen erzählt, dass die AfD zwar ein Verdachtsfall sei aber Erkenntnisse erst nach der Landtagswahl veröffentlicht werden würden. Weiterhin taucht als neuestes Beobachtungsobjekt die „linksextremistische Musikszene“ mit 11 Gruppen und einem Konzertveranstalter auf.
Das wirft Fragen auf.
Schlagwort: Kunstfreiheit
„Lord of the Toys“ – keine Kritik bitte!
Vielleicht doch noch ein paar Worte zu diesem Film über den am Ende alle diskutieren und man darf annehmen, so wenige gesehen haben.
Der Film begleitet eine Clique von Youtubern in Dresden, die saufen, dümmlichste Sprüche reißen und im Wortsinn „Scheiße bauen“, wobei das Vokabular im wesentlichen aus Beleidigungen besteht, ergänzt durch rassistische, sexistische und antisemitische Sprüche.
Und während sich der Feuilleton darüber freut, dass der Film mit „Zwischentönen“ ein „dystopisches Bild einer Generation“ (Spiegel, MDR, Süddeutsche) zeichnet, wird ein Teil der Kritik allzu schnell damit abgehandelt, dass die Kritik ja unrecht und sogar Boykott gefordert hätte.
Abgesehen davon, dass ich mich besorgt Frage in welchen Bunker man gelebt haben muss, um erst anhand dieses Films wahrzunehmen, was draußen passiert, tun einige Erklärungen not.
Das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz etwa, hatte keineswegs einen Boykott sondern einen kritischen Diskurs und Einordnung gefordert. Dazu muss man auch den Film nicht sehen, eine Auseinandersetzung mit den Figuren des Films reicht völlig aus.
Der Film startet mit einer Szene, die aus einem Video von Herzberg, dem Protagonisten stammt, indem im Original auch Felix Friebel (organisierter Neonazi) auftaucht. Selbiger war ebenso mutmaßlich am Naziangriff auf Connewitz beteiligt wie der im Film gezeigt Patrick Gamel Singh. Beides Umstände, die man im Film ebenso wenig erfährt, wie die Tatsache das Herzberg und Alex „Malenki“ Kleine, Chef der gewaltaffinen Identitären Bewegung in Leipzig sich offenbar bestens kennen und austauschen.
Auf viele dieser Punkte hat die Kritik hingewiesen. Punkte, die geflissentlich ignoriert werden. Ebenso wie der Umstand, dass in der letzten Szene die Akteure die Parkeisenbahn in Dresden nutzen und dabei Kinder als „Schweine“ titulieren, diese dabei abfilmen, ältere Menschen beleidigen und provozieren und eine bedrohliche Aura ausstrahlen.
Nun kann man ja sagen, dass die Kritik doch dem Inhalt und nicht den Überbringern der Botschaft gelten müsste. Auch das. Aber Information entsteht beim Empfänger, weswegen sich die Sender einer Botschaft regelmäßig darüber klar werden sollten, was sie wollen was ankommt außer man setzt auf möglichst große Verstörung und Interpretationsspielraum.
Herzberg und seine Gang feiern die Auszeichnung derweil als eigene. Man merkt der Film hat alles offen gelegt.
Die Regisseure meinen ebenfalls dazu, dass eine politisch gefestigte Meinung in der Gruppe nicht vorhanden sei, man will eben nur provozieren. Dass der Protagonist Herzberg sich damit rausredet, dass sexistische, homophobe Sprüche eben zu seinem Milieu gehören ist selbstbezeichnend.
Dass seine Fans, Antisemitismus bis hin zur Holocaustleugnung lustig finden, ebenso.
Aber dies erfährt man nicht im Film, auch nicht im Feuilleton sondern nur aufgrund einer Kurzdiskussion im Nachgang der Uraufführung, die erst möglich gemacht wurde, nachdem es Kritik gab. Die Kritik hat also die Diskussion erst ermöglicht.
Mir persönlich ist es dabei regelmäßig egal ob jemand sexistisch ist aus Überzeugung oder Dummheit, Sexist bleibt Sexist. Und für die Betroffenen von Diskriminierung, die im Film nicht zur Sprache kommen, wird es vermutlich auch keinen Unterschied machen, ob der Täter es ernst meinte oder „nur spielen“ wollte.
Letztlich noch ein Wort an die Kritiker der Kritiker. Gerne wird dann gesagt es herrsche Kunstfreiheit und eine Zensur fände nicht statt. Was richtig ist.
Allerdings ist die Kunstfreiheit, ebenso wie die Meinungsfreiheit in erster Linie ein Abwehrrecht gegen ein Handeln des Staates. Und mir persönlich wäre völlig neu, dass irgendjemand ein Verbot des Films gefordert hätte. Aber natürlich kann man indem man die Kritik dorthin schiebt, was einige Journalisten offenbar aus intellektueller Faulheit tun, delegitimieren und unter Generalverdacht stellen.
Übrigens hat von denen, die vorab schon Kritik äußerten auch niemand einen Boykott gefordert und selbst wenn dem so wäre, wäre dies völlig legal. Nach dem maßgeblichen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist nämlich auch ein Boykottaufruf eine zulässige Meinungsäußerung (vgl. BVerfG „Jud Süß“).
Aber indem man den Kritikern vorhält diese hätten zum Boykott aufgerufen, werden diese vorab aus dem Diskurs entfernt. So kann man sich dann darüber freuen, dass der Film ein bislang „unbekanntes Milieu“ zeigt.
Das Kunst frei ist heißt nämlich nicht das sie frei von Kritik sein muss. Kunst lädt im besten Fall immer zum Streit, zur Meinungsäußerung ein. Auch das scheinen im vorliegenden Fall einige vergessen zu haben.
So ist diese ganze Debatte um den Film ein wenig verquer was nicht zuletzt an der Rezeption der geäußerten Kritik liegt.
Aber gut, jetzt wissen vielleicht alle, dass es Youtuber gibt, die neonazistische Codizees verbreiten und Cybermobbing betreiben.
Man könnte auch darüber diskutieren wie man eigentlich damit umgehen will. Kann man. Aber dann müsste man ja wirklich, jenseits von Befindlichkeiten, anfangen nachzudenken.
Den Film zu sehen, festzustellen „Alles Schlimm“, sich zurückzulehnen und sich über die Kritik zu erregen ist aber dann doch irgendwie einfacher.
PM GJ Freiberg „Bürgermeister Krüger will Meinungsfreiheit einschränken“
Pressemitteilung der Grünen Jugend Freiberg
„Bürgermeister Krüger will Meinungsfreiheit einschränken“
Freiberg. Bürgermeister Krüger hat Strafanzeige wegen Verächtlichmachung gegen einen Studenten gestellt. Einige Freiberger Studierende hatten mittels eines Plakates ihren Unmut über die Entscheidung des Stadtrates unter Leitung des Bürgermeisters Krüger zum Ausdruck bringen wollen, dass in Freiberg ein Unterbringungsstopp von Geflüchteten beschlossen wurde. Dazu hatte der Student ein Plakat mit einem stilisierten Konterfei gefertigt und dazu eine Aussage des US-Präsidenten Trump adaptiert und geschrieben: „We will build a wall and Merkel will pay for it.“
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