Es sind unruhige Zeiten. Die multiplen Krisen, die sich inzwischen auch ganz unmittelbar auswirken, setzen den Menschen unter Stress.
Dieser Stress führt zu einer erhöhten Anspannung was sich wiederum auf das gesellschaftliche Miteinander auswirkt. In dieser Situation werden Menschen anfälliger für Populismus, für Schuldzuweisungen und die Zustimmung zu autoritären Einstellungsmustern wächst.
Die Krisen sind aber nicht monokausal sondern miteinander verknüpft und daher nicht durch einfachste Antworten zu lösen. Dazu kommt das es Situationen gibt, die sich vielleicht sogar gänzlich einer Antwort oder Lösung entziehen und mit denen wir trotzdem auskommen müssen, was aber wiederum den Stress erhöht. Der Mensch kommt nicht gut mit Unsicherheit aus.
Diese Situation wird zunehmen, wenn sich zusätzlich zu den steigenden Preisen weitere Probleme einstellen, die sich unmittelbar für jeden Menschen auswirken.
Dies wiederum wird sich auf den Umgangston auswirken. Bereits jetzt ist feststellbar, dass Meinungen zunehmend in Absolutheit vorgetragen werden.
Meinungen und persönliche Wahrnehmungen werden zu feststehenden Tatsachen erhoben, was sich wiederum auf die Wahrnehmung einer Situation auswirkt und dazu führt, dass sich der eigenen Horizont verengen mag. Geteilt wird, was als Zustimmung zur eigenen Position empfunden wird. Der gesellschaftlich notwendige Streit, im demokratischen Rahmen, verarmt- die Gesellschaft zerfällt zusehends in Gruppen.
Je nach dem wer etwas sagt und wie unsere Einstellung zur Person ist, werden wir auch das Gesagte unterschiedlich aufnehmen. Harte Kritik von einer Freund*in wird dennoch eher als konstruktiv verstanden, als die gleiche Kritik, die von einem Menschen kommt dem wir ablehnend gegenüberstehen.
Die Situation der zusätzlichen gesellschaftlichen Spannungen führt auch zu Emotionen – negativen Emotionen. Die Wut nimmt zu.
Es ist gänzlich leicht, wegen der ansteigenden Gaspreise, mit der die Bürger Energiekonzerne retten, wütend zu sein. Schuld ist dann die Bundesregierung und zwar die aktuelle, weil Zusammenhänge ausgeklammert werden, und die einfachste aller Lösungen wäre die Öffnung von Nordstream 2.
Komplexen Problem, einfache (Schein)-lösung, plus Schuldzuweisung und Wut macht Menschen für das agitieren von Gegnern der Demokratie, die auch eine Zumutung ist, empfänglich.
Der gesellschaftliche Streit, der Austausch über Lager hinweg ist aber in der Demokratie notwendig, zwingend. Dazu gehört auch die Bereitschaft auch die eigene Meinung in Frage zu stellen, zu reflektieren und Fehler einzugestehen. Das eingestehen von Fehlern ist dabei keine Schwäche sondern ein Zeichen von Größe. Nur der wahrhaft aufgeklärte Mensch, der eigenes Handeln reflektiert, wird in der Lage sein eigene Fehler öffentlich einzuräumen.
Umso wichtiger wird es daher, den eigenen negativen Emotionen zu widerstehen und sich schon gar nicht dem Hass hinzugeben. Ein Hass, der immer nur zerstören kann.
Ich mag mitunter provokant sein aber der Austausch ist mir wichtig weil ich immer wieder neu dazulernen kann und verstehen will. Fehler ärgern mich selbst am allermeisten und ich schätze auch die Hinweise, die ich in den sozialen Netzwerken erhalte.
Die Demokratie braucht das gemeinsame, wie das Trennende. Den Streit, wie das Verbindende. Lasst uns streiten, ohne persönlich zu werden, lasst uns gerade in Zeiten der Unruhe, immer auch das Verbindende und Gemeinsame im Auge behalten.
Wir entscheiden in welcher Gesellschaft wir leben wollen und zwar ganz praktisch auch mit unserem eigenen Handeln, Worten, Auftreten.
Mehr Miteinander und weniger Gegeneinander, gerade jetzt.