Abschied vom Wald- zum Zustand des Leipziger Auwaldes.

Der Leipziger Auwald gilt immer noch als einer der bedeutendsten und zusammenhängensten Auenwälder Europas. Aber der Waldzustandsbericht ist extrem kritisch und mein Eindruck ist, dass viele Menschen sich zwar am Wald, der sich mitten durch die Stadt zieht, erfreuen aber noch nicht verstanden haben wie ernst die Lage ist.

Ein Auenwald ist durch eine natürlichen Auendynamik gekennzeichnet. Dies bezeichnet einen stark schwankenden Grundwasserstand in Abhängigkeit vom Flußwasserstand. Auf der einen Seite Überschwemmungen auf der anderen Seite auch längere Trockenzeiten.

Das Problem ist, dass der Mensch seit dem 19.Jahrhundert und vor allen Dingen seit Anfang des 20. Jahrhunderts begonnen hat den Wald trocken zu legen. Natürliche Flußläufe wurden gekappt und eingedeicht und durch die sog. Neue Luppe, 1934 durch den Reichsarbeitsdienst angelegt, sogar eine Entwässerungsrinne angelegt. Die Sohle der sog. Neuen Luppe liegt unterhalb des Grundwasserspiegels, entzieht dem Wald das Grundwasser. Seit geraumer Zeit wird versucht mit dem Projekt Lebendige Luppe dagegen zu halten und alte Fluß- und Bachläufe wieder zu renaturieren um den Wald wieder an die Fließgewässer anzuschließen. Notwendig wäre dazu vor allen Dingen zeitnah die „Neue Luppe“ entweder aufzustauen oder generell anzuheben.

Die Trockenlegung des Waldes geschah um Bauland zu schaffen. Der Mensch macht sich die Natur Untertan und zerstört sie dabei. Der Wald, der durch Überschwemmungen gekennzeichnet ist wird seit mehr als 80 Jahren drainagiert, also künstlich trocken gelegt.

Das hat Folgen für die Biodiversität. Prägender Baum und für die Biodiversität von entscheidender Bedeutung ist die Stieleiche. Bei dieser fehlt es aber an Naturverjüngung. Schnell wachsende und nicht einheimische Baumarten wie der Bergahorn nehmen der Eiche das Licht.

Der Trick ist, Stieleichen können mit Staunässen aka Überschwemmungen besser umgehen als andere Baumarten. Die früher regelmäßigen Überschwemmungen haben der Eiche geholfen und Platz geschaffen. Das fehlt. Also versucht der Mensch gegenzusteuern und künstlich Platz zu schaffen, was zu den stark diskutierten Femelschlägen führt, also der Abholzung einer Waldfläche um Platz für neue Pflanzen zu schaffen.

Hinzu treten eingeschleppte Pathogene wie die Rußrindenkrankheit und das Eschentriebsterben, die beide durch Pilzbefall ausgelöst werden. Man kennt davon aus, dass ein Großteil der Eschen absterben werden und weniger als 5 % der Bäume eine Resistenz entwickeln.

Die Pilze stehen wenig überraschend in Wechselwirkung zur Trockenheit.

Zur Trockenheit durch die Entwässerung des Waldes tritt die meteorologische Trockenheit. in 4 der letzten 5 Jahren war es deutlich zu trocken. Damit sinkt auch der Grundwasserspiegel. Die Bäume gehen mit der hydrologischen Lage unterschiedlich um. Einige verschließen die Spaltöffnung an der Unterseite der Blätter um dadurch weniger Feuchtigkeit zu verdunsten, was aber dazu führt, dass sie sich selber nicht mehr mit Nährstoffen versorgen. Andere Baumarten halten die Spaltöffnungen offen und verdursten daher.

Vereinfacht gesagt gibt es Bäume, die im Wortsinn verdursten und andere Baumarten, die verhungern.

Auch Schädlinge wie der Borkenkäfer haben sich in den letzten ausgebreitet.

Dem Wald geht es schlecht. Viele Bäume sind in ihrer Vitalität, was man an den Kronen sieht, deutlich geschwächt oder krank. In dieser Situation werden Stürme, deren Wahrscheinlichkeit durch die Veränderung der klimatischen Bedingungen gestiegen ist, relevanter und gefährlicher für den Wald.

Und als ob das nicht reicht, bedroht auch der sog. „false spring“ den Wald, der zu frühe Frühling. Wenn es ähnlich wie jetzt im Januar oder Februar über einen längeren Zeitraum deutlich zu warm ist und viel Sonneneinstrahlung und damit UV Strahlung einfällt erwacht die Natur und zehrt zunächst noch von den angelegten Reserven um sich neu zu entfalten.

Kommt es dann zu einem erneuten Wintereinbruch und länger anhaltenden Frost, setzt das die Natur unter Stress. Triebe gehen verloren und die eingesetzten Reserven fehlen dann. Gerade Forscher sehen diesen sog. „false spring“ daher für die Biodiversität als noch gefährlicher an als die Trockenheit.

Zusammengefasst kann man sagen: Wir sind dabei den Auwald als Auenwald komplett zu verlieren. Umso wichtiger wäre es daher dem Thema die oberste Priorität einzuräumen und alles für den Erhalt zu tun. Gerade erst hat der Stadtrat zusätzlich 12 Stellen für Biotopschutz beschlossen. Darunter ist der allgemeine Baumschutz, Baumpflege als auch Parkanlagen und Wasserbauhof subsumiert. 12 Stellen, die auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein können.

Seit Jahren wird um die Rückverlegung und die Wiedervernässung des Waldes diskutiert und gerungen. Entlang der Neuen Luppe, Westseite am Möckernschen Winkel wurde der Deich etwa ebenso entwidmet, wie entlang des Ratsholzes im Süden. Zusätzlich geht es auch darum den Wald wieder an die Fließgewässer anzuschließen. Und die Zeit dafür läuft ab.

Umso schmerzhafter ist es zu sehen wie achtlos Menschen immer noch mit der Natur umgehen. Es wird Zeit sich klar zu machen, dass die Natur ohne uns Mensch gut leben kann aber wir nicht ohne Natur.

Deswegen sollten auch alle Maßnahmen, die den Auwald zusätzlich belasten durch heranrückende Bebauung oder durch Ausbau der Gewässer für Tourismus hinten angestellt werden. Unsere Aufgabe ist die Rettung des Waldes für die kommenden Generationen und nicht die Kommerzialisierung der Güter, die es noch gibt.

Aber was heißt retten überhaupt in diesem Kontext? Und ist nicht auch die Vorstellung, dass wir, also der Mensch, der die Situation herbeigeführt, etwas retten kann von einer Vorstellung getragen, dass wir es in der Hand haben?

Ist nicht allein das anmaßend? Auch Natur ist veränderlich und klar ist auch, dass es kaum zu kurzfristigen und finanzierbaren Maßnahmen kommen wird. Schon bedingt durch die klimatischen Veränderungen ändern sich die meteorologischen und hydrologischen Ausgangsbedingungen.

Durch Anhebung der Sohle der Neuen Luppe und und Renaturierung bestimmter Flussbereiche kann zumindest in Teilen eine Auendynamik wiederhergestellt werden. Dies gilt auch für den Teil des südlichen Auwalds, wo durch das ziehen des Paußnitz Siels bereits in den letzten Jahren versucht wurde eine Auendynamik wiederherzustellen. Was für Teile gilt ist aber nicht ohne weiteres auf alles übertragbar.

Gleichwohl ist der Auwald in all seinen Teilen kein natürlicher Wald sondern ein überprägter Kulturraum, der im Spannungsfeld der Menschen steht. So notwendig wie es ist, dass Teile des Waldes deutlich stärker vor dem Menschen geschützt werden, so notwendig ist auch die Frage was realistisch ist.
Aus biologischer Sicht wäre die Herstellung einer natürlichen Auendynamik absolut notwendig. Dies könnte aber eben auch zu temporären Überschwemmungen führen. Auch in Leipzig wurde in den Flussauen gebaut und das nicht zu knapp. Zu dieser Bebauung hätte es nie kommen dürfen, ebenso wie zur Begradigung und Einddeichung der Flüssen. Deiche, die den Wald vor Wasser schützen.
Aber bestimmte Prozesse sind nicht reversibel.

Erinnern wir uns an die Diskussionen um Schlobachshof.
Der Hof liegt mitten im Landschaftsschutzgebiet ziemlich genau da wo der Scheitel einer Hochwasserwelle, die wir uns regelmäßig für den Wald wünschen, durchziehen würde. Das Gebiet in weiten Teilen zu renaturieren ist daher sinnvoll. Dennoch muss man akzeptieren, dass es auch Stimmen gibt, die andere Prämissen setzen und aus Denkmalschutzgründen für den Erhalt plädieren.

Wie werden erst die Diskussionen aussehen, wenn die Auenlandschaft wieder soweit hergestellt wird, dass es in auennahen Bereichen zu temporären Hochwasserlage und nassen Kellern führen würde?

Abschied vom Auwald heißt daher auch sich, wie es so schön immer heißt, ehrlich zu machen, zu erkennen, dass sich der Wald verändert durch die klimatischen Bedingungen und die Hydrologie. Dass es daher notwendig ist in bestimmten Bereichen zu versuchen eine Auenlandschaft wiederherzustellen und in anderen Bereichen den Wald Wald sein zu lassen. Ein Wald der dann freilich kein Stieleiche, Heinbuche, Eschen FFH Gebiet mehr wäre.

Aber auch die Vorstellung, diesen Prozess der Veränderung aufhalten zu können, ist größenwahnsinnig. Wir müssen von der Natur lernen und wir müssen uns verändern und gegenüber der Natur vor allen Dingen mehr Demut üben.

Insgesamt muss es darum gehen weitere Bereiche des Waldes zu schützen und damit auch die Naturschutzgebiete im Wald zu vergrößern und damit den Wald vor dem Menschen zu schützen, in Teilen die Auendynamik wiederherstellen, schon um zumindest in Teilbereichen das FFH Gebiet zu erhalten, wozu wir verpflichtet sind.

Die Natur verändert sich und passt sich an die verändernden Bedingungen an. Bestimmte Bäume werden sterben, andere werden kommen. Das hat auch Folgen für die Arten.

Der Mensch glaubte Gott spielen zu können und die Natur zeigt uns die Grenzen. Viel spricht dafür, dass wir dabei sind uns selbst abzuschaffen. Die Natur und die Erde wird es dann immer noch geben und das ist vielleicht nicht die schlechteste Nachricht.

Wie würden Sie entscheiden? Eine Straße durch den Wald.

Am Mittwoch, den 15.03., ist wieder Ratsversammlung in Leipzig. Dabei geht es unter anderem auch um eine Straße, die durch den Leipziger Auwald führt und 2 Stadtteile miteinander verbindet. Diese Straße ist im maßgeblichen Bereich ca 2,5 km lang und sie überquert 4 Brücken, die alle im baufälligen Zustand sind. Auf der Straße verkehren 1 Buslinie und bis zu 22.000 Fahrzeuge am Tag.

Die Brücken müssen saniert werden. Eine Umleitung wäre mehrere Kilometer länger und führt entweder weiter nach Norden und dort durch die Aue 11,5 km oder durch die Innenstadt 7 km. Also entweder knapp 5 km oder 9 km mehr.

Die Straßenverkehrsbehörde argumentiert, dass die Leistungsfähigkeit der Straße erhalten bleiben muss und will daher eine Ersatzbrücke, für die jetzt zu sanierende Brücke ansetzen. Dafür werden 51 Bäume gefällt im Landschaftsschutzgebiet.

Es geht mir nicht in den Kopf warum eine Umleitung, die in ländlichen Regionen normal ist, für Städter nicht zumutbar sein soll. Es geht mir auch nicht in den Kopf, dass wir um die Leistungsfähigkeit einer Straße während einer Baumaßnahmen zu erhalten eine Schneise durch ein Landschaftsschutzgebiet und Vogelschutzgebiet ziehen.

Klar ist, dass sofern es keine Ersatzbrücke in der Größe gibt die Leistungsfähigkeit sinken würde und Rückstaueffekte die Folge wären. Ich halte das für vertretbar. Ich bin allerdings auch kein Autofahrer und nicht auf das Auto angewiesen.

Inzwischen haben sich auch die Umweltverbände zu Wort gemeldet und kritisieren, dass sie nicht beteiligt worden sind. Außerdem wurde nicht eine Straßenbaumaßnahme vorgeschlagen sondern 4 Einzelmaßnahmen was in der Betrachtung der Eingriffe Auswirkungen hat. Hätte man eine Maßnahme mit 4 Bauabschnitten vorgestellt, wäre der dann ungleich größere Eingriff an anderen Voraussetzungen geknüpft. So wirkt es so als wird hier versucht heimlich still und leise Eingriffe zu rechtfertigen, die nicht zu rechtfertigen sind.

Die Umweltverbände empfehlen daher unisono Ablehnung der Vorlage. Bislang hat die Vorlage allerdings alle Ausschüsse problemlos passiert.

Ich kann ihr in dieser Form nicht zustimmen.

Wer nachschauen will : es ist die Gustav Esche Straße in Leipzig.

Wasser für den Wald oder Abschied vom Auenwald.

Dem Leipziger Auwald, immer noch einer der bedeutendsten in der Mitte Europas und seiner Art einmalig geht es schlecht.
Sehr schlecht. Es fehlt das Wasser. Der Auwald, entstanden vor mehr als 7000 Jahren, als am Oberlauf der Flüsse Holz geschlagen wurde und das Wasser der Flüsse die Sedimente mitnahm um sie als Auwald Lehm anzulagern.

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Natur und Mensch – über das Problem in den Städten

Gestern Abend habe ich einen zornigen Beitrag geschrieben. Er handelt von der zunehmenden Zerstörung der Wälder durch den Menschen, durch achtloses Nutzen, durch anlegen von Trampelpfaden, Lagefeuern, Mountainbikestrecken und co. Er zeigt Bilder der Zerstörung, von verdichteten Waldböden auf denen nichts mehr wächst, von heruntergebrannten Wiesenstücken

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Offener Brief an die Menschen, die den Wald nutzen.

Liebe Menschen,die den Leipziger Auwald lieben, schätzen und nutzen oder durchqueren. Diese Worte richte ich an euch. Es sind Worte voller Zorn und Wut.
Ihr zerstört den Wald.

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Der zerstörte Wald.

Willkommen in der Nordwestaue, des Leipziger Auwaldes, entlang des Luppe Dammes. So schön wie das Bild scheint, so trügerisch ist es doch.
Der Auwald Leipzig, eine Hartholzaue, die durch Ablagerung des Auenlehms vor 7000 Jahren entstand ist einer der bedeutendsten Auwälder Europas.
Aber sein Zustand ist schlecht- sehr schlecht.

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