Wie Hetze entsteht – am Beispiel Chemnitz und Köthen.

In Deutschland sind im letzten Jahr 405 Menschen aufgrund eines Mordes ums Leben gekommen und 1858 Menschen aufgrund Totschlags und Tötung auf Verlangen (Quelle Statista). Die Täter sind überwiegend Deutsche.

Die Aufklärungsquote bei Mord beträgt 95 % bei Totschlag etwas weniger.

Mord ist ein Totschlag, der entweder aufgrund besonders verwerflicher Gesinnung oder Begehung mit lebenslanger Haft geahndet wird, vgl. § 211 StGB.

Soweit zu den Fakten.


Für die Aufklärung der Straftaten ist die Staatsanwaltschaft zuständig, die zur Aufklärung auf die Polizei (Ermittlungsgebeamte der Staatsanwaltschaft) zurückgreift. Die Staatsanwaltschaft ist dem Justizministerium unterstellt, während die Richter nur dem Gesetz unterworfen sind (Art. 97 GG).

Mit einem Haftbefehl wird als richterlicher Anordnung die Untersuchungshaft angeordnet wenn Haftgründe vorliegen (vgl. § 112, 114 StPO). Haftgründe sind etwa Flucht- und Verdunkelungsgefahr.

Bei Verbrechen etwa, Mindeststrafe 1 Jahr, wird Untersuchungshaft dann angeordnet wenn zu befürchten ist, dass der Tatverdächtige sich der Verfolgung enziehen könnte (Fluchtgefahr). Notwendig dafür ist der dringende Tatverdacht.

Trotzdem gilt in einem Rechtsstaat auch der Tatverdächtige als unschuldig bis das Gericht ein Urteil gefunden hat.
—————————-

Chemnitz, die Fakten: die Ermittlungen laufen wegen Totschlag. 2 Männergruppen sind in Streit geraten. Die Hintergründe sind bislang weitgehend unbekannt. Zitiert wird eine Freundin eines weiteren Angegriffenen, die davon spricht, dass es bei dem Streit um Zigaretten gegangen wäre. Das Opfer wurde mit 5 Messerstichen tödlich verwundet.

Diese nüchternen Fakten werden bei der folgenden Instrumentalisierung völlig außen vor gelassen.
Es wird von Mord gesprochen und behauptet, dass Opfer habe eine deutsche Frau schützen wollen und wurde deswegen „abgeschlachtet“.
Um diese Behauptungen zu unterlegen wird darauf abgestellt, dass es Zeugen gegeben habe und mindestens 25 Messerstiche. Die Tat sei „bestialisch“.

Diese Erzählung verselbstständigt sich. Die Fakten interessieren nicht, denn für viele Menschen in den sozialen Netzwerken ist die Geschichte klar. Dort der deutsche Mann, der weil er eine deutsche Frau schützen wollte, von „Ausländern“ abgeschlachtet wird. Mit Fakten oder der Wahrheit hat das nichts zu tun, lässt aber die Emotionen hochkochen, in deren Folge sich das Geschehen in Chemnitz entwickelt.
Gezielt werden falsche Fakten eingesetzt, zur Manipulation. Spätere Fakten werden nicht mehr zur Kenntnis genommen oder in Frage gestellt, da man den Behörden vorwirft, dass diese den Fall vertuschen wollen, da nicht sein kann, was nicht sein darf.

————————————-

Köthen, die Fakten: Ein Mann versucht einen Streit zu schlichten und gerät dabei selber mit den Streitenden aneinander. Der Mann, der eine kardiologische Voerkrankung hat, stirbt später am Herzversagen. Ein Zusammenhang zwischen der Auseinandersetzung und dem Tod ist nicht bekannt, ebensowenig wie schwerere Verletzungen. Es gibt eine bislang behauptete Zeugenaussage (Nicht überprüft), nachdem das Opfer gegen den Kopf getreten worden sein soll.

Da die Täter abermals nichtdeutscher Abstammung sind verbreitet sich die Nachricht in Windeseile. Sofort wird wieder mit dem Narrativ Mord gearbeitet. Die Behauptung wird aufgestellt, dass das Opfer gerufen haben soll: „Hört auf, ich bekomme keine Luft mehr.“ Eine seriöse Quelle oder Bestätigung gibt es dafür nicht.

Auch hier wieder ein ähnlicher Ablauf: der deutsche Mann der einen Streit schlichen will (couragiert ) und deswegen von Nichtdeutschen grausam (vielfach beschriebene aber nicht belegte Tritte gegen den Kopf) „ermordet“ wird.

Die vorhandenen Fakten werden auch hier kaum zur Kenntnis genommen. Genauso schnell wie die Obduktion ergibt, dass der Tod nicht mit der vorherigen Auseinandersetzung zusammenhängt, macht die Therorie die Runde, dass es auch hier darum gehe ein „Verbrechen“ zu vertuschen. Schließlich wird als Beleg für die Mordthese der Haftbefehl angeführt.

Diese Erzählungen, auch wenn sie später zurückgenommen werden, wirken fort. Ein Dementi oder Distanzierung ist nie so wirkungsvoll wie die schnelle, dramatisierende auf Emotionen abzielende Erzählung eines vermeintlichen Geschehens.

—————————

Beide Fälle dienen dazu bereits getroffene Vorannahmen zu bestätigen. Die Vorannahme lautet: die Ausländer, die Deutsche ermorden oder jedenfalls eine Gefahr für unsere Sicherheit darstellen. Aufgrund von Einzelfällen wird eine gesamte Gruppe („Die Asylsuchenden“ im Ernstfall alle Menschen mit Migrationshintergrund) in Sippenhaft genommen. Eine Differenzierung findet nicht mehr statt sondern es entsteht eine Projektionsfläche für den eigenen Zorn- auch Sündenbock genannt.

Genau aus diesem Grund ist das falsche Verbreiten von Fakten brandgefährlich, zeigt sich doch immer wieder wie leicht beeinflussbar viele Menschen sind, wenn entweder ausreichend viele Menschen das Gleiche behaupten, unabhängig davon ob es stimmt oder nicht, oder eine Geschichte auftaucht, die die eigenen Annahmen ohnehin bestätigt.

Autor: juergenkasek

Lebe lieber ungewöhnlich. Rechtsanwalt, Politiker, Aktivist, Umweltschützer, Blogger, Sportler

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: