Erneut kam es an neu gebauten Häusern in Leipzig zu Sachbeschädigungen. Dies wurde im Sachsenspiegel in der letzten Woche thematisiert. Verschiedentlich wurde ich darauf angesprochen, da ich im Beitrag gesagt hatte, dass „irgendwann der Kessel explodiert“. Einige verstanden diese Aussage als Rechtfertigung.
Das Problem:
Die neu entstandenen Häuser und damit Wohnungen sind alle im oberen Mietbereich angesiedelt. Dies wiederum hängt mit der Attraktivität der Stadt zusammen einerseits, als auch andererseits mit den bau- und energetischen Anforderungen die an Neubauten gestellt werden. Die neu hinzukommenden Wohnungen führen dazu, dass die ortsübliche Vergleichsmiete ansteigt und sie verändern die Bewohnerschaft. Es ist nicht erstaunlich, dass sich verschiedene kulturelle und soziale Projekte Sorgen machen, dass die neuen Mieter, die Mieten deutlich über der ortsüblichen Vergleichsmiete zahlen können, früher oder später auch Druck auf die Umgebung ausüben hinsichtlich des Ruhebedürfnisses. Als Beispiel darf die Bebauung der unteren Scheffelstr. dienen in der direkt neben dem Werk 2 Mieten in Höhe von 15 € warm aufgerufen werden.
Eine durchgängig sanierte Umgebung ist ein Mietsteigerungsfaktor.
In einer Stadt mit niedrigen Durchschnittseinkommen wie Leipzig nimmt damit der Druck auf die Bewohner, die sich höhere Mieten nicht leisten können weiterhin zu. Diese werden in der Folge in weniger attraktive Lagen, regelmäßig Randlagen verdrängt. Es kommt zu einer sozialen Entmischung der Stadtteile. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die soziale Durchmischung von Stadtteilen in Bezug zur Geschichte der Stadt eine relativ junge Idee aus der Mitte des 20 Jhd. ist. Die soziale Entmischung führt zu höheren Folgekosten. Bereits jetzt ist die Wohnumgebung eines Menschen ein Indikator für dessen sozialen Status und wird etwa von der Schufa berücksichtigt, was Folgen für die Bonität eines Menschen hat und die sozialen Schranken zusätzlich vertieft.
Rechtlich.
Grafitti oder eingeworfene Scheiben sind rechtlich als Sachbeschädigungen zu klassifizieren. Im ersten Fall strafbar aufgrund Veränderung des Erscheinungsbildes gem. § 303 Abs. II StGB und im zweiten Fall als Substanzbeeinträchtigung gem. § 303 Abs. I StGB. Auf Ebene der Strafzumessung wird man darüber hinaus hinsichtlich von eingeworfenen Scheiben auch Fragen können ob die Häuser bewohnt waren oder nicht.
Eine Sachbeschädigung bleibt es.
Medien und Aufmerksamkeit.
Das Problem der steigenden Mieten und Verdrängung ist nicht neu. Regelmäßig wird darüber berichtet. Aber die Aufmerksamkeit fällt gefühlt geringer aus, als bei Sachbeschädigungen. Gewalt gegen Sachen erregt nach wie vor zuverlässig die Gemüter, was sich auch an den Reaktionen zeigt. Die Reaktionen tragen damit dazu bei, dass Gewalt als Mittel funktioniert. Sie dient dazu Aufmerksamkeit herzustellen einerseits und andererseits ist ein Viertel, mit hoher Kriminalitätsbelastuing und Grafitti weniger stark von Mietsteigerungen betroffen. Das ist keine Rechtfertigung für Gewalt sondern eine Darstellung der Problemlage an der jeder Menschen mit seinem eigenen Verhalten mitwirkt.
Politik.
Immer mehr Menschen sind von Mietsteigerungen betroffen und Verdrängungsprozessen in den urbanen Großräumen betroffen. Das Gefälle nimmt zu. Aufgabe von Politik und Gesellschaft ist es Lösungen zu suchen und einen Ausgleich zwischen den Interessen von Vermietern und Mietern herzustellen. Gelingt dies nicht, nimmt der Druck und die Enttäuschung als auch Wut zu in deren Folge Konflikte entstehen.
Diese Prozessentwicklung ist nicht neu. Das Thema bezahlbarer Wohnraum wird für das kommende Jahr zu einem der entscheidenden Themen zumindest für Menschen in den urbanen Großräumen. Damit kommt es maßgelich darauf an, wie es auch den politischen Parteien gelingt hier glaubwürdige Antworten zu vertreten. Und da sehe ich persönlich Nachholebedarf.
Lösungen:
Es gibt nicht die eine, einfache Lösungen sondern eine Vielzahl an unterschiedlichen Instrumenten und Feldern auf denen gehandelt werden muss.
- Stoppt die Zweckentfremdung von Wohnraum. Immer wieder wird Wohnraum zweckentfremdt genutzt um ihn ganzjährig als Ferienwohnung oder AirBnB zu vermieten. Damit wird Wohnraum dem Mietmarkt entzogen, die Situation verschärft sich. Es bedarf eines Wohnraumzweckentfremdungsgesetzes auf Landesebene um den Kommunen Handlungsmöglichkeiten zu geben. .
- Schafft Programme zur Förderung sozialen Wohnungsbaus. Eigentümer begründen die steigenden Mieten mit den Anforderungen an Wohnungsbau. Wenn Mieten billiger sein sollen muss der Staat einen Teil der Kosten übernehmen. Auch hier ist das Land gefordert.
- Entlastet die Städte durch Förderung der Infrastruktur der Umlandgemeinde. Infrastrukturell gut angeschlossene Umlandgemeinden können den Druck auf die Großstädte abfedern. Voraussetzung ist nicht nur eine gute verkehrstechnische Anbindung sondern auch weitere Förderung der Infastruktur. Reine „Schlafstädte“ sind nicht ausreichend attraktiv um eine längere Fahrtzeit in Kauf zu nehmen.
- Schafft schneller Wohnraum. Genehmigungsverfahren beschleunigen. Voraussetzung ist eine effizient arbeitende und personell gut ausgestattete Verwaltung. Hier gibt es Verbesserungsbedarf.
- Kommunal müssen Milieuschutzsatzungen genutzt werden um den Verlust von Wohnraum einerseits und zu drastischen Mietsteigerungen andererseits entgegenzuwirken. Das können Kommunen bereits jetzt schon tun und bestimmte Anforderungen an Sanierungen in Gebieten festlegen.
- Auf Bundesebene muss die Mietpreisbremse endlich wirksam werden.
- Die Spekulation mit Häusern und Immobilien ist immer noch lukrativ. Sie kann abgefangen werden in dem Spekulationen stärker besteuert werden und damit unrentabler werden.
- Schafft ein Immobilienregister. Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben sich zu informieren wer gerade wo baut.