„Freier Meinungsaustausch – auch mit dem politischen Gegner“

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Am Freitagabend fand in der Gedenkstätte im Museum der Runden Ecke eine Podiumsdiskussion zum Thema „Meinungsaustausch – auch mit dem politischen Gegner“ statt.

Auf dem Podium hatten neben mir mit Antje Hermenau, der ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der Grünen im sächsischen Landtag und inzwischen Ex- Grünen, Frank Richter, ehemals Landeszentrale für politische Bildung und Christian Wolff, Pfarrer im Ruhestand, Thomaskirche illustre Gäste teilgenommen.

Das Setting ist schnell erklärt: Damals (89) wurde für die Meinungsfreiheit gekämpft und diese sei nunmehr gefährdet, da:

In der aktuellen Auseinandersetzung finden sich jedoch wieder vermehrt Forderungen über bestimmte Themen und Fakten oder mit bestimmten Menschen und politischen Gruppierungen nicht zu sprechen.

Die Rollenzuschreibung war damit bereits von Anfang an klar. Antje Hermenau hatte eine vielbeachtete Veranstaltung bei der AfD Mittelsachsen abgehalten, für die ich sie hart kritisiert hatte mit den über den Kurznachrichtendienst Twitter verschickten Worten: politische Prostitution bei Demokratiefeinden.

Dazu gesellte sich mit Frank Richter, die Person die für PEGIDA die Türen geöffnet hatte für eine unkommentierte Pressekonferenz und damit eine heftige Kontroverse ausgelöst hatte.

Damit also die beiden Personen, die für den unbedingten Dialog stehen und auf der anderen Seite der Wilde (Ich) und der Pfarrer im Ruhestand Christian Wolff, der sich gegen LEGIDA engagiert und dafür immer wieder auch deutliche Worte findet.

Im Publikum ungefähr 45 Menschen, die zum Teil aus Kirchentagsgängern, einigen Grünen, einigen ’89ern und einen ungefähr 15 Block starken AfD Fanblock bestanden und später immer wieder pöbeln auffielen, insbesondere gegen meine Person.

Freie Rede?

Die Veranstaltung lässt sich Recht gut auf Twitter unter dem Hashtag #le2605 nachvollziehen.

Während Hermenau und Richter auch in der Verteidigung ihrer eigenen Annahmen de facto die Meinung vertraten, dass man mit allen und jedem reden müsse, stellten Wolff und ich darauf ab, dass es dafür aber eine Haltung bedürfe und der Maßstab dafür die Demokratie sei und damit ein demokratischer Rahmen.

Aber über diesen Rahmen und wurde im Ergebnis gar nicht so sehr viel diskutiert sondern über die Fragestellung, wie sich Menschen die zu uns kommen zu verhalten haben. Frau Hermenau, stellte dabei bewusst oder unbewusst immer wieder auf die „Muslime“ ab und bediente sich dabei einer unzulässigen Pauschalisierung bis dahin, dass sie von „Mitte links“ erwarte, dass diese sich vor Synagogen stellen.

Mein Hinweis, dass das alle Menschen betrifft und ich mich selbst vor jedes Gotteshaus in der Verteidigung der Religionsfreiheit stelle, verhallte. Auch Richter, der im Verlauf des Abends, die wenigsten Redebeiträge hatte, wußte nicht viel mehr einzubringen – außer das seine Gesprächsangebote ein nötiger Weg im Umgang mit Pegida gewesen wären und die Politik selber schuld wäre an der Radikalisierung, da man Pegida zur Radikalisierung gedrängt habe. Dahinter verbirgt sich die Vorstellung, dass man offenbar mit allen zu jeder Zeit über alles reden können muss.

Ein runder Tisch? 

Sowohl bei Frau Hermenau als auch Herrn Richter lebt die Vorstellung der runden Tische, an denen sich alle setzen und gemeinsam das weitere aushandeln, bei Frau Hermenau ergänzt um den Wunsch einer neuen Bürgerbewegung.

Ein Punkt, den ich fundamental anders sehe. Die Zeit der Konsensdemokratie ist vorbei. Demokratie lebt von unterschiedlichen Meinungen und vom Meinungsstreit. Die Demokratie findet ihre Vollendung aber nicht in dem die Mehrheit über die Minderheit triumphiert, eine Vorstellung, die aber sehr weit verbreitet ist, sondern im Kompromiss. Dazu ist es freilich nötig, die unterschiedlichen Positionen auszutauschen auf der Suche nach der besten Lösung.

Und der Diskussionsrahmen muss klar sein. Positionen, die der freiheitlich- demokratischen Grundordnung zu widerlaufen und etwa die Grundrechte versuchen abzuschaffen oder durch Drohung und Beleidigungen vorgetragen verlassen diesen Werterahmen.

Ein Werterahmen, der allerdings deutlich zu wenig bekannt ist und durch die elende Diskussion um „Leitkultur“ verdrängt wird. Nötigenfalls ist so oder so ein Neuaufbruch in der politischen Bildung.

Denn Demokratie und die grundlegenden Werte der Demokratie sind kein statischer Monolith sondern dynamisch und werden jeden Tag durch uns mitgestaltet. Auch dies ein Punkt, der gern vergessen wird, wenn man auf die „Politiker“ schimpft. Nein, nicht „die Politiker“ müssen sondern wir alle sind gefordert täglich Respekt und Toleranz zu leben.

Woran es demgegenüber mangelt ist die Fähigkeit Streit auszuhalten. Zu schnell wird die Sachebene des Streites durch die persönliche überlagert. Es geht nicht mehr um den Austausch von Argumenten, auch emotional, es geht darum Recht zu haben und das widerlegen des Argumentes wird gern als persönlicher Angriff gewertet. Und schnell wird im Ringen darum Recht zu haben auf das Argumentum „Ad personam“ zurückgegriffen. So schreibt Schoppenhauer in seinem Standardwerk „Die Kunst Recht zu behalten:“

Wenn man merkt, daß der Gegner überlegen ist und man Unrecht behalten wird, so werde man persönlich, beleidigend, grob. Das Persönlichwerden besteht darin, daß man von dem Gegenstand des Streites (weil man da verlornes Spiel hat) abgeht auf den Streitenden und seine Person irgend wie angreift: man könnte es nennen argumentum ad personam, zum Unterschied vom argumentum ad hominem: dieses geht vom rein objektiven Gegenstand ab, um sich an das zu halten, was der Gegner darüber gesagt oder zugegeben hat. Beim Persönlichwerden aber verläßt man den Gegenstand ganz, und richtet seinen Angriff auf die Person des Gegners: man wird also kränkend, hämisch, beleidigend, grob. Es ist eine Appellation von den Kräften des Geistes an die des Leibes, oder an die Tierheit. Diese Regel ist sehr beliebt, weil jeder zur Ausführung tauglich ist, und wird daher häufig angewandt. Nun frägt sich, welche Gegenregel hiebei für den andern Teil gilt. Denn will er dieselbe gebrauchen, so wirds eine Prügelei oder ein Duell oder ein Injurienprozeß.

Womit wir bei der AfD sind.

Warum ein Diskurs mit der AfD scheitern muss. 

Warum ein Diskurs mit der AfD scheitern muss zeigte sich auch erneut in der Veranstaltung. Abgesehen davon, dass nach dem Diktum des Bundesverfassungsgerichtes zur NPD und den Annahmen warum die NPD verfassungsfeindlich ist, mit Fug und Recht gesagt werden kann, dass die AfD in Teilen verfassungsfeindlich ist und ein Gespräch immer das Problem in sich bürgt, dass verfassungsfeindliche Positionen enttabuisiert werden, ist die AfD schlicht nicht gesprächsbereit.

Mehrfach gab es Zwischenrufe und ich wurde wahlweise als „Lügner“, „Volksverhetzer“, „Schande für meinen Berufsstand“ und ähnlichen attackiert. Dazu kommt das ständige ausspielen von Gruppen gegeneinander. Im Mittelpunkt der AfD steht nicht die Arbeit an der Lösung eines bestimmten Problems sondern in der Dramatisierung eines Problems und der klaren Schuldzuweisung, die dann im Standardfall auf Minderheiten abzielt („die Flüchtlinge“, „die Muslime“, „die Schwulen“, seit neuesten auch „die Christen“) oder eben auf das angenommene „Establishment“.

Damit wiederum ist die AfD die Partei von PEGIDA. Denn auch dort geht es nicht um Lösungen wie Sebastian Hennig in seinem Buch „Spaziergänge über den Horizont“ selber schreibt, Rezension bei Bittner, sondern um das „Dagegensein“ und um die Herausbildung der eigenen Gruppenidentität durch die Abgrenzung nach außen weil das äußere der Feind ist. Damit ist der AfD jeder konstruktive Wille zum gestalten abzusprechen. Die Diskussion über Lösungen würde nämlich dazu führen, dass man dann im konkreten streiten müsste und Lösungen findet, die nicht mehr eine größtmögliche Masse an Unzufriedenen ansprechen.

Autor: juergenkasek

Lebe lieber ungewöhnlich. Rechtsanwalt, Politiker, Aktivist, Umweltschützer, Blogger, Sportler

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